Erst vor kurzem habe ich die ZDF-Dokumentation „Ganz normale Männer“ gesehen. Penibel recherchiert, begleitet sie ein Todeskommando in den deutschen Vernichtungskrieg nach Osteuropa und zu den Massakern in Polen, die Historiker als den „Vergessenen Holocaust“ bezeichnen.<BR /><BR /> Es waren ganz normale Männer – Väter, Polizisten, Handwerker..., die da 1939 einmarschieren. Als mobile Mordeinheiten werden sie die Menschlichkeit zu Grabe tragen und bis Kriegsende rund 2 Millionen Juden erschießen, von Angesicht zu Angesicht, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr – Massenmord im Minutentakt – verübt an Frauen, Kindern, Alten... <BR /><BR />Manche von ihnen sparen Munition und lassen Mütter ihre Säuglinge eng an die Brust gedrückt halten, damit sie „beide mit nur einer Kugel erledigen“, andere unterhalten sich mit ihren Opfern wie mit guten Bekannten, bevor sie den Befehl zum Hinknien geben und abdrücken, und dann sind da noch jene, die Gefallen finden am Fließband-Töten, das lange schon in Gang ist, bevor die „Endlösung“ am 20. Jänner 1942 auf der Wannseekonferenz beschlossen wird.<BR /><BR /> KEINER dieser „ganz normalen Männer“ hätte an den Massakern teilnehmen müssen. Es wurde ihnen freigestellt. Die wenigen, die von diesem Recht Gebrauch machten, galten als „Kameradenschweine“ und mussten Latrinen putzen, aber sie wurden NICHT bestraft. <BR /><BR />Todeslisten der Ermordeten vom „Vergessenen Holocaust“, die der junge, US-amerikanische Jurist Benjamin Ferencz (1920 – 2023) als Chefankläger im Einsatzgruppen-Prozess, einem der 12 Nürnberger-Nachfolgeprozesse nach dem Zweiten Weltkrieg, vorlegt, lesen sich wie perverse Einträge aus einem Haushaltsbuch: 25 Frauen, 12 Kinder, 5 Säuglinge... <BR /><BR />Wie blitzschnell Menschen verrohen, wenn die Umstände passen, ist die erschreckende Erkenntnis des Films. Jetzt wütet die Hamas in Israel, vergewaltigt, foltert, verschleppt, tötet! Denn egal, wo Krieg ist, damals wie heute, ob in der Ukraine oder im Nahen Osten – ALLE begehen Gräueltaten! Nur die Beweggründe dafür sind andere. <BR /><BR />Ich habe keinen Bezug zu Shani Louk, dieser jungen, schönen Frau, die fast nackt, blutend und wohl schon tot auf der Ladefläche eines Pick-ups liegt, ausgestellt wie eine Trophäe von vier johlenden Palästinensern. Unbändiger Hass und flammende Wut steigen in mir hoch bei diesem Horror-Video, das ich nie vergessen werde. Es ist der Hass einer Mutter, der mir zeigt, wie schnell ich morden könnte, „wenn die Umstände passen“. <BR /><BR />Denn der Mensch ist zum Schlimmsten fähig und... zum Besten. Doch WAS wir wählen, bleibt unsere Entscheidung, zu jeder Zeit und unter allen Umständen.<BR />