Vorfreude ist die schönste Freude – aber nicht, wenn es ums Impfen geht: Die Fläschchen mit dem wertvollen Impfstoff lassen auf sich warten. Wann die Südtiroler endlich ihren Piks bekommen, das liegt am Staat: Der verteilt die Mittel und „glänzt nicht immer mit grandiosem Organisationstalent“, wie Gesundheitslandesrat Thomas Widmann formuliert. In Südtirol ist man vorbereitet, sagt er. „Haben wir genügend Impfstoff, brauchen wir wenige Wochen.“ Dann müsse es auch Privilegien für Geimpfte geben, findet er.<BR /><BR /><BR /><i>Von Katrin Niedermair</i><BR /><BR /><BR /><BR /><b>Die Impfung ist da, alles hat darauf gewartet: Nun gibt es aber schon erste Verzögerungen. Ärgerlich, weil die Zeit drängt?</b><BR />Thomas Widmann: Ursprünglich war man davon ausgegangen, dass die Impfstoffe in der letzten Jännerwoche kommen. Nun sind sie viel früher da. Das ist also grundsätzlich positiv. Noch heuer und Anfang des nächsten Jahres sollen 27.521 Impfdosen für Südtirol kommen – aber in Tranchen. Wie groß diese jeweils sind und wann genau sie kommen, ist uns nicht bekannt. Das geht über den zentralen Zivilschutz. Millionen Dosen auszuliefern, ist eine logistische Meisterleistung von Pfizer und Biontech: Wenn dann ein solcher Schneefall dazwischenkommt, kann das schon ein Grund für eine Verzögerung sein. Ich beschwere mich noch nicht. <BR /><BR /><b>Aber?</b><BR />Widmann: Pfizer produziert, was es produziert: Das liegt weder in der Macht des Staates noch der des Landes. Das Problem ist: Der Staat will immer alles zentral regieren. Bei der Schutzausrüstung war es genauso: Der Staat sagte, er wolle alles liefern, war dann aber nicht imstande, das zu tun. Das ist die Katastrophe. Ich hoffe, dass es mit den Impfstoffen besser läuft. Aber ich bin skeptisch. Rom glänzt nicht immer mit grandiosem Organisationstalent.<BR /><BR /><b>Wie geht es jetzt weiter? Wie sieht der Impf-Plan in Südtirol aus?</b><BR />Widmann: Zuerst kommt das Sanitätspersonal dran, Ärzte, Pfleger in den Krankenhäusern; danach die Bewohner und Mitarbeiter der Altersheime und der Sozialeinrichtungen, in denen gepflegt wird. Anschließend folgen die Basismediziner und die Pädiater freier Wahl. Das ist eine Tranche. Dann kommt die nächste: die über 80-Jährigen, dann die 60- bis 79-Jährigen. Als nächstes werden dann die Risikogruppen geimpft.<BR /><BR /><b>Wie ist der Zeitplan?</b><BR />Widmann: Der hängt davon ab, wann der Impfstoff kommt. Wenn morgen 200.000 Impfdosen kommen, dann können wir ab morgen 200.000 Leute impfen. Wenn nur 5000 kommen, nur 5000. Das ist nicht bekannt. <BR /><BR /><b>Müssen erst die Geimpften ihre zweite Dosis bekommen, bevor die nächsten Impfkandidaten an die Reihe kommen?</b><BR />Widmann: Es ist ein Muss, dass 2 Dosen verabreicht sind, bevor die nächste Tranche mit Impfkandidaten drankommt: Haben wir 100 geimpft, müssen diese nach 19 bis 21 Tagen noch einmal geimpft werden. Wir teilen die Dosen so ein, dass wir das Potenzial für die zweite Dosis haben. Das ist unsere Aufgabe. Dass wir logistisch dazu imstande sind, die Impfstoffdosen, die wir erhalten, auch zu verabreichen, das haben wir beim Massentest bewiesen. Haben wir genügend Impfstoff, brauchen wir wenige Wochen, bis alle durchgeimpft sind. Aber wann wir die Impfstoffe bekommen, wissen wir nicht. <BR /><BR /><embed id="dtext86-47212481_quote" /><BR /><BR /><b>Wovon hängt das ab?</b><BR />Widmann: Davon, wie viel Pfizer und Biontech produzieren können, und wie viel uns Rom zuweist. Momentan ist das proportional zur Bevölkerung etwas mehr, weil wir im Verhältnis mehr Sanitätspersonal haben. Wir haben auch mehr ältere Leute in den Seniorenwohnheimen als in anderen vergleichbaren Regionen in Italien.<BR /><BR /><b>Wenn ich zu einer Risikogruppe gehöre: Muss ich mich dann beim Sanitätsbetrieb melden, um vorrangig geimpft zu werden?</b><BR />Widmann: Nein, wir haben alle Risikogruppen erfasst: Es gibt zum Beispiel 20.555 Diabetiker Typ B, 1355 vom Typ A.<BR /><BR /><b>Werde ich gerufen, sobald ich dran bin?</b><BR />Widmann: Ja, natürlich. Wenn Sie informiert werden, dass Sie mit der Impfung an der Reihe sind, werden Sie auch darüber informiert, wohin Sie sich dafür wenden müssen. Je nachdem, wie wir die Impfdosen bekommen, müssen wir uns aufstellen: Es hat ja keinen Sinn, dass wir in jeder Gemeinde eine Impfstraße einrichten, wenn kein Impfstoff da ist. Die erste Tranche zu verabreichen, ist relativ einfach: Die Leute werden in den Krankenhäusern geimpft. Danach wird in den Seniorenwohnheimen geimpft: Wo es eingeschulte Trupps gibt, machen sie es selber; wo es keine gibt, helfen wir mit mobilen Trupps aus.<BR /><BR /><b>In Italien peilt man an, ab März die Über-70-Jährigen zu impfen. Halten Sie das auch in Südtirol für realistisch?</b><BR />Widmann: Ich wünsche es mir, aber ich wäre ein Hellseher, wenn ich Ja oder Nein sagen könnte. Wir haben ungefähr 5000 Geburten pro Jahr. 90-Jährige gibt es in Südtirol natürlich weniger, 80-Jährige und 70-Jährige ebenfalls: Wir rechnen mit 30 Jahrgängen zu durchschnittlich 3000 Menschen – insgesamt also etwa 100.000. Dazu kommen 28.000 Sanitätsbedienstete. Mit 125.000 Impfdosen hätten wir für diese Tranche genug. Zu Ihrer Frage: Wenn wir 150.000 Impfdosen bekommen, dann ja. Wenn wir die nicht bekommen, dann Nein.<BR /><BR /><b>Es gibt unterschiedliche Impfstoffe am Markt: Kann man wählen, welchen man bekommt?</b><BR />Widmann: Nein. Die EU hat das Mittel von Pfizer Biontech angekauft. Italien hat sich diesem Ankauf angeschlossen, was aus meiner Sicht gut war. Momentan gäbe es auch keine andere Möglichkeit. Sobald es weitere zugelassene Impfstoffe gibt, wird es auch andere Protokolle geben. <BR /><BR /><b>Wird registriert, wer geimpft ist?</b><BR />Widmann: Natürlich: Man kommt ins staatliche Impfregister. Man hat die Möglichkeit, über SPID eine elektronische Gesundheitsakte zu erstellen: Dort sind alle Impfungen aufgelistet.<BR /><BR /><embed id="dtext86-47212485_quote" /><BR /><BR /><b>Wenn ich mich nicht impfen lassen will, wird das ebenfalls erfasst?</b><BR />Widmann: Nein, dann scheinen Sie nicht als geimpft auf.<BR /><BR /><b>In Spanien will man alle Impfverweigerer in einem Register führen und dieses den europäischen Partnern zur Verfügung stellen: Gute Idee?</b><BR />Widmann: Wir haben gerade einmal die ersten 145 Impfungen gemacht. Wir wissen noch nicht, ob heute oder morgen der nächste Impfstoff kommt. Dann haben wir gerade einmal 5850 plus 150. Schauen wir einmal, wie viele sich impfen lassen. Wenn sich wenige impfen lassen, finde ich die Richtung von Spanien sinnvoll. Aber ich habe Vertrauen in unsere Bürgerinnen und Bürger. Beim Massenscreening hätte auch niemand gedacht, dass sich so viele testen lassen. Deshalb glaube ich, dass sich so viele impfen lassen werden, dass wir zu einem relativ normalen Leben zurückkommen werden. Wenn das nicht so sein sollte, stellen wir uns die Frage wieder.<BR /><BR /><b>Sollte es für Geimpfte Privilegien geben?</b><BR />Widmann: Ja, ganz sicher: Alles andere würde keinen Sinn machen. Ein Geimpfter muss normal leben dürfen. Es ist das Ziel, dass die Gesellschaft zum normalen Leben zurückkann. Darum impfen wir ja. Das ist unsere große Hoffnung. Ich persönlich finde es unverantwortlich, wenn man sich nicht impfen lässt, gerade, wenn man in Positionen ist, wo man dauernd mit Leuten und Keimen in Kontakt ist – wie in Seniorenwohnheimen, im Pflegebereich oder an Schulen. <BR />