<b>STOL: Seit mehreren Jahren gibt es das Gerücht, dass Sie den „Löwen“ schließen wollen – bloß: Es stimmt nicht.</b><BR />Anna Matscher: Jemand hat das in die Welt gesetzt, jemand anderes noch etwas dazugefügt...und jetzt bekomme ich das von allen Seiten zu hören! Es hat sogar geheißen, es gäbe einen Pächter oder gar Käufer – Leute haben mich darauf angesprochen, dass sie gehört hätten, ein Koch, der hier gearbeitet hat, würde das Lokal übernehmen. Die Leute haben eine Phantasie!<BR /><BR /><b>STOL: Wissen Sie, woher die Gerüchte kommen?</b><BR />Matscher: Nein. Voriges Jahr ist es aufgekommen und wieder versandet. Heuer höre ich es aus jeder Ecke. Sogar Gäste aus Deutschland sprechen mich darauf an, sie hätten von Verwandten gehört, ich würde zusperren. Andere wollen noch schnell ihre Gutscheine einlösen, weil sie auch von der vermeintlichen Schließung gehört haben. Aber da ist einfach nichts dran! Woher es kommt, das weiß ich nicht.<BR /><BR /><embed id="dtext86-57156620_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Sogar in einem deutschen Restaurantführer steht, man solle sich noch beeilen, wenn man Anna Matschers Kreationen noch erleben wollte…</b><BR />Matscher: Ein deutscher Gast hat die entsprechende Seite kopiert und mir geschickt. Da steht: ,Wenn Sie noch zu Frau Matscher gehen wollen, müssen Sie sich beeilen, denn wie in vielen anderen Betrieben wird der Löffel übergeben.‘ Daraus schließen die Leute, dass wir vor der Schließung stehen. Der Verantwortliche des Restaurantführers hat mir letzthin geschrieben, ich solle ihm Bescheid sagen, wenn sich in unserem Betrieb Änderungen ergeben. Dann habe ich ihm geantwortet, wegen seines Schlusssatzes haben die Gerüchte erst so richtig Fahrt aufgenommen! <BR /><BR /><b>STOL: Glauben Sie, die Konkurrenz hat das in die Welt gesetzt?</b><BR />Matscher: Ich kann es mir nicht vorstellen. Aber irgendjemand hat es eben getan – wie es halt mit dem Tratsch geht.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="837260_image" /></div> <BR /><BR /><b>STOL: Jedenfalls stimmt es nicht, dass Sie schließen wollen.</b><BR />Matscher: Im Gegenteil! Und ich hoffe, dass es gelingt, dass mit diesem Interview für ein paar Jahre Ruhe einkehrt: Unsere Tochter hat 2 kleine Kinder. Darum werden wir sicher noch viel länger arbeiten. Ich denke, in den nächsten 10 Jahren wird sich bei uns nicht viel ändern, so Gott will! Mein Mann und ich sind beide über 60, aber die Arbeit macht uns Spaß. Wir halten das Lokal jetzt im Winter mittwochs und donnerstags geschlossen, weil wir Zeit für unsere Enkelkinder haben wollen und mittlerweile auch etwas mehr Zeit brauchen, um uns zu erholen. <BR /><BR /><b>STOL: Gibt es Pläne, dass Ihre Tochter in den Betrieb einsteigen will?</b><BR />Matscher: Elisabeth ist Sommelière und wird sicher einsteigen. Wie sich der Betrieb dann langfristig entwickelt – ob sie ihn irgendwann mehr in Richtung des Themas Wein lenken wird – das wird man sehen. Wir werden sie sicherlich unterstützen, wenn es soweit ist. Unser Schwiegersohn René Weger kann sehr gut kochen. Bloß unterrichtet er am Franziskanergymnasium… Aber wir haben ja auch aus Leidenschaft zum Kochen angefangen. Ich bin ja selbst keine gelernte Köchin.<BR /><BR /><b>STOL: Was haben Sie vorher gemacht?</b><BR />Matscher: Ich war Masseurin. Die Passion hat mich zum Kochen gebracht. In unserer Familie – wir waren 8 Geschwister – haben alle gern gekocht. Das hat uns wohl unsere Mutter vermittelt.<BR /><BR /><b>STOL: Und wie haben Sie aus dieser Leidenschaft einen Beruf gemacht?</b><BR />Matscher: Das war vor mittlerweile 36 Jahren: Wir haben ganz bescheiden begonnen. Ich bin ja ursprünglich aus Vierschach – bei einem Arzt in Lana habe ich als Masseurin gearbeitet und dort meinen späteren Mann Luis kennengelernt. Er hatte dieses alte Gasthaus, das damals geschlossen war. Es hat mich sehr gereizt, das wieder zum Laufen zu bringen. So sind wir gestartet. Im Laufe der Jahre haben wir unser Handwerk verändert und verfeinert. Wir versuchen, das Beste zu geben.<BR /><BR /><embed id="dtext86-57156621_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Zwischen der Leidenschaft fürs Kochen und der Sterneküche, die Sie mittlerweile anbieten, liegen Welten. Wir haben Sie diesen Sprung geschafft?</b><BR />Matscher: Meine Passion hat mich getrieben, mich ständig zu verbessern. Am Anfang hatten wir extreme Schwierigkeiten – auch finanzielle. Wir mussten alles umbauen. Das Handwerk habe ich mir Schritt für Schritt selbst erarbeitet. Meine einzige Ausbildungserfahrung waren 14 Tage im „Tantris“ in München bei Hans Haas. <BR /><BR /><b>STOL: Wie sind Sie dazu gekommen?</b><BR />Matscher: Wir hatten einen Freund, der mehrmals pro Woche zu uns zum Essen kam und ein sehr strenger Kritiker war: Seine konstruktiven Tipps haben mich sehr weitergebracht. Er hatte gute Beziehungen nach München und hat mir das Stage organisiert.<BR /><BR /><b>STOL: Was unterscheidet denn die Sterneküche von der „normalen“ gehobenen Gastronomie?</b><BR />Matscher: Es muss einfach alles stimmen: die Küche, das Ambiente, der Service. Das macht es grundsätzlich aus. Wir waren kürzlich ein paar Tage in Deutschland im Urlaub. Solche Gelegenheiten nutzen wir immer, um in bessere Restaurants zu gehen, als unseres es ist: Mir fällt auf, dass diese Lokale einen exzellenten Service anbieten – Wohlfühlfaktoren sind immens wichtig. Die Frische und Qualität der Produkte ist sowieso eine Voraussetzung; aber das zeichnet nicht nur die Sterneküche aus, sondern ist mittlerweile in praktisch allen Südtiroler Gasthäusern top.<BR /><BR /><embed id="dtext86-57156622_quote" /><BR /><BR /><b>STOL: Sie haben Ihren Stern schon 10 Jahre nach Eröffnung bekommen…</b><BR />Matscher: Wir haben immer gesagt: Das war viel zu früh! Wir waren eigentlich nicht reif dafür. 4 Jahre später haben wir ihn dann auch schon wieder verloren – als wir der Meinung waren, wir hätten ihn verdient. 6 Jahre lang waren wir anschließend ohne Stern. Seit 2007 haben wir ihn wieder – und halten ihn nun seit 15 Jahren.<BR /><BR /><b>STOL: Macht es Sie stolz, die einzige weibliche Köchin mit Stern in Südtirol zu sein?</b><BR />Matscher: Nein, ich bin sehr bodenständig und ich muss sagen: Ich bewundere die Frauen, die jeden Tag kochen. Das wird nicht genug geschätzt. Wenn wir im Lokal etwas Schönes zubereiten, loben uns die Leute – aber eine Frau, die jeden Tag für ihre Familie kocht: Das ist eine Herausforderung!<BR /><BR />Am Sonntag hat die Familie Matscher gemeinsam mit Freunden und Gönnern zu einer Spendenaktion im Restaurant „Zum Löwen“ in Tisens geladen und dabei 10.000 Euro für die Aktion „Südtirol hilft“ gesammelt.<BR />