„Für 3 durch die Impfung verhinderte Todesfälle müssen wir 2 durch die Impfung verursachte Todesfälle in Kauf nehmen“, wird aus der umstrittenen Studie zitiert. Das stimmt natürlich nicht, ein genauerer Blick hinter die „Studie“ lohnt sich also! s+ liefert den Faktencheck. <BR /><BR /><BR /><BR />Die Studie wurde auf der Seite des Multidisciplinary Publishing Institute (MDPI) publiziert. Hinter der behaupteten Publikation von 5 Universitäten stecken in Wirklichkeit nur 3 einzelne Wissenschafter: Harald Walach ist ein deutscher Psychologe und arbeitete als Direktor des Instituts für transkulturelle Gesundheitswissenschaften an der Frankfurter Europa-Universität Viadrina. Er gibt in der Publikation 3 Lehrstühle an, darunter die Medizinische Universität in Posen, die Universität Witten/Heidecke und das Change Health Science Institut in Berlin, ein von Walach selbst gegründetes Institut. In Witten/Heidecke ist Walach laut eigenen Angaben Gastprofessor, in Posen scheint er bei den Professoren auf. Bereits in seiner Tätigkeit in Frankfurt wurde Walach laut Berliner Zeitung aufgrund pseudowissenschaftlicher Ansätze kritisiert.<BR /><BR />Neben Walach ist auch noch ein Physiker von der Radioonkologie des Leopoldina Krankenhauses in Schweinfurt als Mitautor genannt sowie ein unabhängiger Datenwissenschafter, der keinem wissenschaftlichen Institut zugeordnet wird. Von 5 behaupteten Universitäten bleiben somit 2 über, darunter eine Gastprofessur. Virologen, Epidemiologen oder Vakzinologen finden sich unter den Autoren keine.<BR /><BR /><b>Umstrittene Untersuchung</b><BR /><BR />Die Studie ist unter Wissenschaftern umstritten. Das MDPI veröffentlichte bereits eine „Expression of Concern“, eine Art Hinweis für Leserinnen und Leser, dass es Bedenken bezüglich der Publikation gibt. Die „ernsthaften Bedenken“ beträfen vor allem eine Missinterpretation der Daten bzw. der Schlussfolgerung der Autoren. So seien die von den Autoren Impfstoffen zugeordneten Todesfälle inkorrekt und verzerrt.<BR /><BR />Der österreichische Virologe Florian Krammer, ein Mitherausgeber beim MDPI, erklärte als Reaktion auf die Veröffentlichung der Studie sogar den Rücktritt von seiner Rolle beim MDPI. Krammer drückt in seinen Tweets Zustimmung gegenüber Kommentaren aus, die meinen, dass der Artikel falsch sei. Die britische Immunologin Katie Ewers trat ebenfalls aus dem redaktionellen Team aus.<BR /><BR /><b>Verwendete Zahl nicht belastbar</b><BR /><BR />Inhaltlich betrifft die Kritik vor allem die verwendete Zahl vermeintlicher Impftoter. Die Studienautoren greifen hierbei auf die Datenbank der European Medicines Agency (EMA) zurück, bei der Nebenwirkungen nach Impfungen dokumentiert werden können. Allerdings stehen die dort festgehaltenen Todesfälle nur in zeitlicher Nähe zu einer Corona-Impfung und keinesfalls automatisch in einem kausalen Zusammenhang. Die Zahlen der EMA-Datenbank geben also keine verlässliche Auskunft über möglicherweise durch Impfungen verursachte Nebenwirkungen oder Todesfälle.<BR /><BR />Dass die EMA-Datenbank nicht unbedingt belastbar ist, merken die Studienautoren sogar selbst, da sie darauf eingehen, dass es in verschiedenen Ländern zu einer unterschiedlichen Rate an gemeldeten Nebenwirkungen kommt. Daraufhin schränken sie sich auf die Daten aus den Niederlanden ein, wo die meisten Nebenwirkungen gemeldet wurden. In der Studie wird dies als der „gründlichste“ Datensatz bezeichnet. Dadurch kommen sie auf 4 Todesfälle pro 100.000 Einwohnern.<BR /><BR /><b>Die tatsächlichen Zahlen</b><BR /><BR />Für Österreich würde das bedeuten, dass bisher etwa 300 Menschen an Impfungen gestorben seien. Laut dem aktuellsten Bericht des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) wurden in Österreich aber bis Mitte Juni überhaupt nur 132 Todesfälle in zeitlicher Nähe zu einer Impfung gemeldet. Bei 4 davon konnte ein Zusammenhang mit der Impfung ausgeschlossen werden, bei 34 weiteren bestanden vermutlich todesursächliche Nebenerkrankungen, bei 20 Personen fiel die Impfung in die Inkubationszeit einer Covid-Erkrankung, in deren Rahmen sie verstarben. Bei 14 Personen blieb die Schutzwirkung aus. 59 Fälle werden noch überprüft, ein Zusammenhang mit der Impfung wird derzeit nur bei einem Todesfall gesehen.<BR /><BR /><b>Begrenzter Zeitraum, nur eine Impfdosis</b><BR /><BR />Die Autoren versuchen auch einen Wert auszurechnen, wie viele Impfungen nötig sind, um einen Corona-Todesfall zu verhindern. Dazu beziehen sie sich auf eine israelische Impfstudie, die der Corona-Impfung eine hohe Effektivität bescheinigte. Daten zur Verhinderung von Todesfällen finden sich dort allerdings nur für Personen mit einer Impfung.<BR /><BR />Außerdem umfasste die Studie nur rund 40 Tage, die volle Schutzwirkung der zweiten Impfung kann mit diesem Datensatz daher gar nicht eruiert werden. Somit ist die Schlussfolgerung der umstrittenen Publikation, dass die Impfpolitik aufgrund dieser Publikation neu überdacht werden müsse, sehr fragwürdig.