Namen, Daten, Erlebnisse und Randnotizen: Ein Blick in eine Geschichte von mutigen Versuchen, herausragenden alpinistischen Leistungen, tragischem Scheitern und dem hohen Preis für den höchsten der Achttausender. <BR /><BR />Südtirol und der Everest – da fällt sofort der Name <b>Reinhold Messner</b>. Und das zu Recht, denn die Erstbesteigung ohne Atemhilfe aus der Sauerstoffflasche am 8. Mai 1978 ist ein alpinistischer Meilenstein. Zusammen mit dem Zillertaler Peter Habeler trägt sich Messner vor 45 Jahren mit Ausrufezeichen in die Geschichte des höchsten Berges der Welt ein. Nur 2 Jahre später, im Mai 1980, setzt der „König der Achttausender“ noch eins drauf und schafft den Gipfel als erster Mensch im Alleingang. <BR /><BR />Der erste Superstar des Höhenbergsteigens hat damit – so nebenbei – auch einen bleibenden Eintrag in der interessanten Geschichte der Südtiroler am Everest erhalten. Beim sensationellen Unternehmen im Jahr 1978 ist Messner nämlich der allererste aus unserem Land, der es auf den höchsten aller Gipfel schaffte. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="901196_image" /></div> <BR /><BR />Aber der Ausnahme-Bergfex aus Villnöß ist nicht der erste Südtiroler, der in die ebenso gewaltigen wie gefährlichen Fels- und Eisflanken des Everest einsteigt. Im offiziellen Archiv aller Himalaya-Expeditionen, der <a href="https://www.himalayandatabase.com/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Himalayan Database</a>, taucht der Name eines Mannes auf, der in der heimischen Bergszene ein Begriff ist, aber darüber hinaus kaum die gebührende Anerkennung bekommen hat: Es ist der am 14. Juli 2022 in Meran gestorbene Bergführer und Skilehrer <b>Leo Breitenberger</b>. 1945 in Marling geboren, macht sich Breitenberger durch viele Erstbegehungen und schwierige Routen in den Alpen einen Namen, darunter an der Königsspitze und in der Eiger-Nordwand; als erste Südtiroler Seilschaft durschsteigt er zusammen mit Norbert Gasser die Nordwand des Matterhorns. <BR /><BR />Mit solchen und anderen alpinistischen Glanzleistungen erobert Breitenberger im Jahr 1972 einen Platz in der allerersten europäischen Expedition am Mount Everest. Unter der Leitung des deutschen Arztes Karl Herrligkoffer soll zum ersten Mal die direkte Südwestwand des Bergriesen durchstiegen werden. Das Abenteuer steht aber unter keinem guten Stern, der Gipfel wird nicht erreicht, was unter anderem an logistischen Fehlern und internen Reibereien im Team liegt. Laut Eintrag in der Himalayan Database kommt der damals 26 Jahre junge Burggräfler bis auf eine Höhe von 7400 Meter – ohne Sauerstoff. Im Archiv ist vermerkt, dass er an einer Lungenentzündung („pneumonia“) erkrankte. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="901199_image" /></div> <BR /><BR />Bereits ein Jahr später – 1973 – gibt es in der Everest-Geschichte aus Südtiroler Sicht eine Überraschung. Nicht Reinhold Messner, sondern sein Bruder <b>Siegfried Messner</b> hätte durchaus der erste Südtiroler auf dem „Dach der Welt“ sein können. Der damals 22 Jahre junge Messner erreicht aber nicht den Gipfel, nähere Angaben über die Gründe liefert das Archiv nicht. Am 16. Juli 1985 stirbt Siegfried Messner in den Dolomiten – im Seil hängend – durch einen Blitzschlag. Weitere Teilnehmer der Expedition von 1973 ohne Gipfelerfolg sind <b>Heinrich Schnarf</b> (Bozen, 21 Jahre), der ebenso wie <b>Hermann Tauber</b> (Meran, 20 Jahre) auf 6450 Höhenmetern umkehren muss. Im Himalaya-Archiv ist für diese Expedition auch <b>Walter Seeber</b> aus Brixen (21) eingetragen. <BR /><BR />Wenige Jahre später ist Südtirols „goldene Generation“ der Extrembergsteiger in den eisigen Höhen des Everest unterwegs. Nach den historischen Leistungen von Reinhold Messner im Jahr 1978 und 1980 erklimmen der Tauferer <b>Hans Kammerlander</b> und <b>Reinhard Patscheider</b> aus Langtaufers das Gipfelplateau des internationalen Höhenbergsteigens. Zuerst stehen beide am Everest ohne Gipfelglück da: Patscheider, damals 30 Jahre jung, verletzt sich 1987 bei einer Skiabfahrt an der Lhotse-Flanke des Everest, 1989 muss Kammerlander seinen Gipfelversuch auf einer Höhe von 7800 Metern wegen des schlechten Wetters abbrechen. <h3> 2 Vinschger auf dem Gipfel</h3>Noch bitterer fällt für Kammerlander die Bilanz im Jahr 1992 aus, wo er sich bis auf die Höhe von 8100 Metern herankämpft, aber dann umkehren muss. In diesem Jahr steht aber der zweite Südtiroler nach Reinhold Messner auf dem „Dach der Welt“. Es ist der Bergführer <b>Oswald Santin</b>; der gebürtige Sterzinger krönt seine bergsteigerische Laufbahn am 29. September 1992 mit dem Gipfelsieg. <BR /><BR />3 Jahre später rammen gleich 2 Vinschger ihren Pickel in das Ewige Eis am Everest-Gipfel: Reinhard Patscheider und der damals 33 Jahre junge <b>Christian Kuntner</b> aus Prad am Stilfserjoch bewältigen den zermürbenden Aufstieg und den Gang durch die Todeszone – ohne Sauerstoffgeräte; am 14. Mai 1995 stehen sie auf dem höchsten Punkt der Erde. In der Himalaya-Datenbank ist zudem vermerkt, dass Kuntner fast auf den Tag genau 10 Jahre später bei einem Lawinenabgang an der Annapurna sein Leben verliert. Noch schneller schlägt der Bergtod bei Patscheider zu, der Bergführer stirbt 1998 bei einem Höhensturm in der Wand des Grand Combin in der Schweiz (Wallis). <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="901202_image" /></div> <BR /><BR />In der Expeditionsliste des Jahres 1991 ist der Kameramann <b>Wolfgang Tomaseth</b> aus Terlan eingetragen, im Jahr 1996 tauchen wieder 2 Südtiroler auf: <b>Heinrich Gruber</b>, Fotograf aus Bozen, und <b>Albert Gruber</b> aus Bruneck. Beide werden als Expeditionsmitglieder im Basislager vermerkt. Für weltweite Schlagzeilen in diesem Jahr sorgt aber ein anderer Südtiroler. Hans Kammerlander ist in voller Stärke zurück am Everest, er bewältigt den Gipfel mit minimaler Ausrüstung und ohne künstlichen Sauerstoff – und schafft dann Historisches: Am 23. Mai 1995 gelingt dem Ahornacher die erste Ski-Abfahrt vom Everest. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="901205_image" /></div> <BR /><BR />Dann vergeht fast ein Jahrzehnt, bis ein weiterer klingender Name der Südtiroler Bergsteigerszene im (nicht vorhandenen) Gipfelbuch des Himalaya-Riesen eingetragen wird. Am 24. Mai 2004 kämpft sich der Grödner <b>Karl Unterkircher</b> bis auf den höchsten Punkt der Erde – so wie Reinhold Messner und Hans Kammerlander verzichtet auch er auf Atemmaske und Sauerstoffflasche. Teilnehmer dieser Expedition, aber ohne Gipfelglück, sind 2 weitere Grödner, und zwar der Bergführer <b>Hubert Moroder</b> und <b>Adam Holzknecht</b>, beide aus St. Ulrich. Auch Karl Unterkirchers Zeit in der höchsten Liga des Bergsteigens ist leider sehr kurz, nur 4 Jahre nach dem Everest-Erfolg verliert er am 15. Juli 2008 am Nanga Parbat sein Leben. <BR /><BR />Gleich ein ganzes Quartett aus Südtirol umarmt sich im Mai 2011 auf dem Gipfelplateau des Everest. Der Hotelier <b>Stefan Mahlknecht</b> aus Kastelruth, Bergführer <b>Helmut Kritzinger</b> aus Völs, der Hotelier <b>Stefan Rier</b> aus St. Ulrich und <b>Karl Paratscha</b> aus Karneid haben sich ihren bergsteigerischen Lebenstraum erfüllt. Ein Jahr später versuchen die Grödner <b>Helmut Karbon</b> und <b>Hans Peter Karbon</b>, doch sie müssen ihr Abenteuer – laut Himalayan Database – auf einer Höhe von 7150 bzw. 7500 Höhenmetern abbrechen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="901208_image" /></div> <BR /><BR />Der letzte Südtiroler Gipfelsieg am Everest liegt bald 7 Jahre zurück. Am 19. Mai 2016 betritt der Bergführer <b>Toni Stocker</b> aus Prad den höchsten Punkt der Erdkugel auf 8848 Metern über dem Meeresspiegel. Nur etwa 10 bis 15 Minuten lang „genießt“ der Vinschger das eisige Gipfelglück, „das ist einfach kein Ort, an dem sich Menschen länger aufhalten sollten“ erzählt er später. Und Stocker erfährt die Härte des Extrembergsteigens auch am eigenen Leib: Vom Lager 2 muss er mit dem Hubschrauber ins Krankenhaus von Kathmandu geflogen und dort wegen seiner Erfrierungen behandelt werden. <BR />Noch schlimmer ergeht es dem Ultner <b>Nikolaus Gruber</b>, der ebenfalls im Jahr 2016 ohne zusätzlichen Sauerstoff den Everest schaffen will, aber auf der Höhe von 8200 Metern den Versuch abbrechen muss. Laut Himalayan Database leidet er an Erfrierungen, Schneeblindheit und Unterkühlung. <BR /><BR />DIE BILANZ<BR /><BR />Südtiroler, die auf dem Gipfel des Everest standen:<BR /><BR />Reinhold Messner (1978 und 1980)<BR />Oswald Santin (1992)<BR />Reinhard Patscheider (1995)<BR />Christian Kuntner (1995)<BR />Hans Kammerlander (1996)<BR />Karl Unterkircher (2004)<BR />Stefan Rier (2011)<BR />Stefan Mahlknecht (2011)<BR />Karl Pardatscha (2011)<BR />Helmut Kritzinger (2011)<BR />Toni Stocker (2016)<BR /><BR />Südtiroler mit Everest-Erfahrung:<BR /><BR />Leo Breitenberger (1972)<BR />Siegfried Messner (1973)<BR />Heinrich Schnarf (1973)<BR />Walter Seeber (1973)<BR />Hermann Tauber (1973)<BR />Wolfgang Tomaseth (1991)<BR />Albert Gruber (1996)<BR />Heinrich Gruber (1996)<BR />Hubert Moroder (2004)<BR />Adam Holzknecht (2004)<BR />Helmut Karbon (2012)<BR />Hans Peter Karbon (2012)<BR />Nikolaus Gruber (2016)