Freitag, 26. April 2024

Südtiroler Biologen widersprechen Vallazza: „Gülle bedroht die Artenvielfalt“

In einem STOL-Interview hatte der Bauernbundvize Manfred Vallazza behauptet, dass die Gülle-Austragung der Artenvielfalt nicht schade. Die Vereinigung Südtiroler Biologen widerspricht in einer Aussendung entschieden dieser Aussage: Gülle bedrohe sehr wohl die Artenvielfalt.

Auf diesen Armentara-Wiesen wurde Gülle ausgetragen. - Foto: © Vereinigung Südtiroler Biologen

„Bei mir zu Hause wird seit Generationen Gülle ausgebracht und der Beratungsring BRING hat sogar eine höhere Artenvielfalt festgestellt, als auf jenen Flächen, in denen keine Gülle ausgebracht wird“, sagte Vallazza im Interview mit STOL.

Die im Interview getätigten Aussagen seien wissenschaftlich unhaltbar und stünden im Widerspruch zu den Erkenntnissen der Biologie und Ökologie, so die Vereinigung Südtiroler Biologen.

„Bitten um Offenlegung von Ergebnissen“

„In diesem Zusammenhang bitten wir um die Offenlegung der von Herrn Vallazza zitierten Untersuchungsergebnisse des BRING wonach mit Gülle behandelte Wiesen artenreicher seien als solche ohne Güllebehandlung“, schreibt die Vereinigung in einer Aussendung.

Fakt sei: Wo früher Himmelschlüssel, Arnika und Orchideen blühten, gedeihen heute Löwenzahn, Sauerampfer und Fettgräser. Anstelle der einstigen blumenreichen, alpinen Magerwiesen gebe es auf den Almen immer häufiger Fettwiesen, wie sie für die Tallagen typisch seien.

Rückgang der Artenvielfalt

Studien hätten gezeigt, dass zu viel Gülle und vor allem die Art und Weise wie sie ausgebracht werde, zu einem Rückgang der Artenvielfalt und einem Verlust an ökologischer Widerstandskraft führe, so die Vereinigung.

„Die daraus resultierenden Bestände sind zwar individuenreich, aber meist von wenigen Arten geprägt. Dies steht im krassen Gegensatz zu naturnahen Bergwiesen, die durch eine hohe Artenvielfalt gekennzeichnet sind und eine Vielzahl ökologischer Funktionen erfüllen.
Genau diese Verarmung an Arten haben wir bei unseren botanischen Erhebungen auch auf den geschützten Armentara-Wiesen im Gadertal festgestellt“, schreiben die Biologen.

Es sei wichtig, dass man die ökologischen Folgen der landwirtschaftlichen Praktiken genau verstehe und Maßnahmen ergreife, um die Biodiversität zu schützen.

Zukauf von Kraftfutter sei problematisch

Das eigentliche Dilemma der Gülleausbringung, und da habe Dachverbands-Geschäftsführer Hanspeter Staffler absolut Recht, liege darin, dass unsere Berglandwirtschaft aufgrund des hohen Viehbesatzes gezwungen sei, energiereiches Kraftfutter zu zukaufen, weil das eigene Heu und Gras längst nicht mehr ausreiche.


Armentara-Wiesen im Gadertal. - Foto: © Vereinigung Südtiroler Biologen




Mit diesem problematischen Kraftfutterimport aus dem Ausland gelangten jedes Jahr Tonnen an Nährstoffen, schlussendlich in Form von Stickstoff auf die Wiesen und in die Böden. Besonders brisant: Dieser Stickstoffüberschuss gelange langfristig ins Grundwasser und könne Trinkwasserquellen gefährden.

„Einen geschlossenen Kreislauf, wie Herr Vallazza behauptet, gibt es in den intensiv betriebenen Milchbetrieben längst nicht mehr. Diese unselige Praxis des Futterzukaufs ist nicht nachhaltig, macht die Bauern zunehmend abhängig von Futtermittelimporten und erzeugt insgesamt auch mehr Treibhausgasemissionen“, so die Biologen.

Kaum mehr Festmist im Stall

Die Umstellung auf Laufstallhaltung bringe mit sich, dass im Stall kaum mehr Festmist, dafür aber Gülle anfalle. Und hier liege es an den Verantwortlichen im Bauernbund und in der Politik, die Gülleausbringung, bzw. die anderweitige Verwendung derselben endlich in den Griff zu bekommen.

Umso erfreulicher sei es, wenn sich Milch- und Viehbauern für eine möglichst futtermittelunabhängige, nachhaltige und ökologische Betriebsführung entschieden und somit aus der höchst problematischen Stickstoff-Spirale ausstiegen.

„Für Natura 2000-Wiesen muss es Gülle-Verbot geben“

„Wir fordern Politik und Bauernbund auf, endlich dafür sorgen, dass nur ökologisch angemessene Güllemengen auf den Wiesen landen und der überschüssige Stickstoff anderweitig (z.B. im Obst und Weinbau) sinnvoll eingesetzt werden kann. Das erfordert ein gut durchdachtes, praxistaugliches Konzept und ist, zugegeben, aufwendiger und kostenintensiver. Dafür müssen Molkereien und Konsumenten letztendlich aber auch bereit sein, einen angemessenen Milchpreis an die Bauern zu entrichten“, schreibt die Vereinigung.


Artenvielfalt auf einer Armentara-Wiese. - Foto: © Vereinigung Südtiroler Biologen




„Für die sensiblen Natura 2000-Wiesen, wie z.B. den Armentara-Wiesen muss es hingegen ein Gülle-Verbot geben, nachdem Erhebungen dort einen signifikanten Rückgang der ursprünglichen Artenvielfalt festgestellt haben, wie auch Fotos beweisen. Die EU-Gesetzgebung spricht hier klare Worte: Es darf zu keiner ökologischen Verschlechterung auf diesen Flachen kommen“, so die Biologen.

Politik und Behörden müssten hier endlich ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen.

stol

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