Grundlegende Erfindungen für Bau und Sicherheit von Seilbahnen gehen auf einen genialen Südtiroler Pionier zurück. <BR /><BR /> „Der Krieg ist der Vater aller Dinge“, ist eine Erkenntnis des griechischen Philosophen Heraklit (um 520 bis 460 vor Christus). Bei den Seilbahnen liegt der Denker aus der Antike völlig richtig, denn vor allem der Erste Weltkrieg brachte diese Transporttechnik um gewaltige Schritte voran – und zwar in Tirol. <BR />Das lag auch an den enormen Herausforderungen, vor denen die Erbauer der Bahnen standen. Besonders an der Dolomitenfront, aber auch den extremen Höhen des Ortlergebiets und der Adamello-Presanella-Gletscher wurden kühne Seilbahnen gebaut, mit denen die Soldaten an der Front mit Lebensmitteln und Waffen versorgt und im Notfall auch Personen transportiert wurden. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="647339_image" /></div> <BR />Einer dieser Ingenieure im Dienst des Militärs war Luis Zuegg (1876-1955) aus Lana, der beim Bau von Bahnen im Dolomitengebiet geniale Ideen entwickelte, die bis heute zum Standard der modernen Seilbahntechnik gehören und keineswegs überholt sind. <BR /> Zuegg, 1876 in Mitterlana geboren, besuchte die Technische Hochschule in Graz und setzte ab 1903 in seiner Heimat erste Projekte um. Gemeinsam mit seinem Bruder Josef wurde er als Landsturm-Ingenieur zum Militär einberufen, beide hatten nach dem Kriegseintritt Italiens im Mai 1915 den Auftrag, an der Südfront Seilbahnen zu bauen. <BR /><BR />Dabei sammelten die Brüder viele Erfahrungen und vor allem Luis Zuegg hatte Ideen, mit denen er die Seilbahntechnik revolutionierte. Dazu gehört etwa die Erfindung des Telefons, das über Trag- und Zugseil funktioniert. Dafür wurde Zuegg von Kaiser Franz Joseph mit dem Goldenen Verdienstkreuz am Band ausgezeichnet.<BR /><BR />Geradezu revolutionär war eine andere Entdeckung des genialen Ingenieurs aus Lana. Durch viele Versuche fand er heraus, dass ein straffer gespanntes Tragseil weniger Stützen braucht, zudem die Lebensdauer des Seils erhöht und die Bahn schneller fahren kann. Diese Erkenntnis sorgte für einen enormen Fortschritt im Seilbahnbau. So waren für die 1912 errichtete Anlage von Lana auf das Vigiljoch noch 42 Stützen notwendig, Zuegg baute die Bahn um konnte die verwendete Stützenanzahl auf 4 reduzieren. <BR /><BR /><b>Bis heute technischer Standard</b><BR /><BR />Eine weitere technische Meisterleistung von Luis Zuegg spielt beim tragischen Seilbahnunglück am Lago Maggiore eine entscheidende Rolle – und es hätte die 14 Menschenleben retten können, wenn die Anlage nicht bewusst ausgeschaltet worden wäre: die Tragseilbremse. „Dieses System ist bis heute der bewährte Stand der Technik“, sagt Markus Pitscheider, langjähriger Leiter des Landesamtes für Seilbahnen. Inzwischen lasse eine EU-Norm zwar auch den Bau von Seilbahnen mit anderen Sicherheitssystemen zu, „im klassischen Seilbahnbau wird diese Tragseilbremse aber weiterhin verwendet.“<BR /><BR />Das über der Gondel angebrachte System funktioniert ähnlich wie eine Mausefalle, erklärt der frühere Amtsleiter. Wenn das Zugseil reißt, sorgt eine Feder dafür, dass 2 Bremsbacken auf das Tragseil drücken und die Gondel sofort stoppt. <BR /><BR />Seine gesamten Erkenntnisse konnte Ingenieur Zuegg nach dem Ersten Weltkrieg zum ersten Mal beim Bau der Bahn von Meran nach Hafling anwenden, die am 1. September 1923 in Betrieb ging. Die Leipziger Firma Bleichert war von Zueggs System begeistert und schloss mit ihm einen Lizenzvertrag. Nach dem System Bleichert-Zuegg<BR />wurden daraufhin in ganz Europa Seilbahnen gebaut. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="647342_image" /></div> <BR /><BR /><b>Buchtipp</b>: <BR />Spannende Einblicke in die technischen Meisterleistungen von Ingenieur Luis Zuegg und anderer Seilbahn-Pioniere wie Karl Hölzl, Hans Trojer, Kurt und Ernst Leitner, Arthur Doppelmayr, Erich Kostner und Erich Kastlunger gibt das Buch „Immer auf Draht. Seilbahnen vernetzen“ von Wittfrida Mitterer (352 Seiten, Verlag Athesia-Tappeiner, 2019, ca. 36 Euro). Über 40 ausgewählte Seilbahnprojekte, vom Wassertonnenaufzug in Ridnaun bis zu den modernen Stadtseilbahnen in Europa und Südamerika, im Zeitfenster von 1870 bis heute, geben Einblick in diese Transporttechnologie. <BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />