Und spricht sich für eine Impfpflicht aus, „weil das mit der Eigenverantwortung nicht klappt“.<BR /><BR /><b>Alle reden davon, dass mit Omikron endlich das Ende der Pandemie naht. Wie sehen Sie das?</b><BR />Dr. Thomas Völkl: Die Pandemie hört auf, wo die Endemie beginnt – und ich glaube, dass wir doch noch einiges an Weg vor uns haben. Mit Omikron ist ein neuer Virustyp unterwegs, mit dem man sich sogar als Geimpfter oder Geboosterter infizieren kann. Wir werden lernen müssen, mit diesem Virus zu leben. Insgesamt wird es mit dem Aufbau einer Bevölkerungs-Immunität zunehmend erträglicher und leichter werden.<BR /><BR /><b>Durch Omikron hat das Virus inzwischen bei vielen seinen Schrecken verloren ...</b><BR />Dr. Völkl: Omikron hat zwar weniger schwere Verläufe und Hospitalisierungen zur Folge als vorhergehende Varianten. Trotzdem bleibt es ein Virus, das die Lunge befällt, schwere Erkrankungen zur Folge haben und im ganzen Körper Entzündungen hervorrufen kann. Bis es wärmer wird, werden sich viele Menschen weiterhin ein- oder zweimal infizieren. In Großbritannien z.B. hat man schon 10 Prozent Zweitinfektionen. Wer mit Delta infiziert war, ist vor Omikron nicht geschützt. All die Ungeimpften, die sich jetzt infizieren, erhalten zwar den Green Pass, sind gegen Delta aber völlig schutzlos. Sie wiegen sich in falscher Sicherheit. Das Virus wird zwar immer erträglicher werden. Es wird aber immer bleiben und mit ihm die Gefahr. Auch Malaria oder Tuberkulose sind in vielen Ländern der Welt endemisch, und trotzdem wollen wir weder am einen noch am anderen erkranken. Es ist die Impfung, die den Unterschied gemacht hat und macht. In diesem Punkt sind wir in Südtirol noch nicht da, wo wir sein sollten.<BR /><BR /><b>Trotzdem werden Maßnahmen zurückgestuft?</b><BR />Dr. Völkl: Der Hauptgrund, warum Isolationszeiten verkürzt werden, ist nicht, weil Omikron etwa weniger ansteckend wäre. Dass man sich jetzt nach 7 Tagen frei testen kann, ist gesellschaftlich und wirtschaftlich sinnvoll. Studien belegen aber, dass auch nach 7 Tagen knapp jeder Fünfte noch ansteckend ist, selbst als Omikron-Infizierter. Ich würde nach einem negativen Antigentest nach 7 Tagen nicht gleich meine Eltern besuchen. Wenn man Infizierte so früh aus der Isolation entlässt, sollten diese wissen, dass sie noch ansteckend sein könnten. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-52747714_quote" /><BR /><BR /><b><BR /><BR />Ist das Virus intelligenter als wir Menschen?</b><BR />Dr. Völkl: Nein, SARS CoV2 ist als Virus nicht mal ein Lebewesen und hat somit keine Intelligenz. Trotzdem ist Corona ein kollektiver Intelligenztest. Inzwischen weiß man extrem viel über das Virus und eigentlich wäre es nicht so schwer, die Situation zu kontrollieren. Abstand halten und FFP2-Maske, die gut sitzt, bei Symptomen daheim bleiben, bis klar ist, dass ich nicht infiziert bin – die Regeln, die einzuhalten wären, kennen wir, sind sie doch dieselben wie bei der Spanischen Grippe vor über 100 Jahren. Aber leider glänzen wir bei diesem Intelligenztest nicht wirklich. So wissen z.B. nach wie vor nur wenige, dass ein Antigen-Schnelltest, egal ob vom Nasenflügel oder vom Rachen gewonnen, oft erst 2 bis 3 Tage nach Symptom-Beginn positiv wird.<BR /><BR /><b>Und dann wäre da noch das Thema Impfen ...</b><BR />Dr. Völkl: Man hat gesehen, dass die Menschen mit 2 Sachen nicht zurecht kommen: mit Unsicherheit und mit sich wandelndem Wissen. Letzteres hat beim Impfen für Unsicherheit gesorgt. Man merkt bei sehr vielen Leuten, die sich nicht impfen lassen, dass sie völlig unbegründete Ängste haben. Wenn man auf sie eingeht, lassen sie sich oft überzeugen. <BR /><BR /><b>Sie sind also kein Freund einer möglichen Impfpflicht?</b><BR />Dr. Völkl: Ich befürworte die Impfpflicht – aber nur aus der Notwenigkeit heraus, dass zu wenige geimpft sind. Bei den Kindern versucht man ja auch, die Eigenverantwortung zu fördern, aber wenn man sieht, dass man damit nicht weiterkommt, braucht es Regeln. Es gibt ja auch andere gesellschaftliche Regeln. Und eine Gesellschaft funktioniert nur durch gemeinsame Regeln, an die man sich auch hält. <BR /><BR /><b>Sind wir für den kommenden Winter so weit, Abstand und Maske wegzulassen?</b><BR />Dr. Völkl: Das hängt ganz stark davon ab, wie viele Leute geimpft sind und wie viele Varianten zirkulieren. Auch Omikron ist sehr überraschend gekommen und hoffentlich die letzte Variante. Auch bei der Grippeimpfung muss der Impfstoff immer wieder angepasst werden, weil das Virus mutiert. So wird es auch bei Corona sein. Die Lösung ist sicher nicht, dass man sich alle 6 Monate impfen lassen muss. Es ist eine Frage der Zeit. Und wir können das mit den Impfungen beschleunigen.