Kein fließendes Wasser, ein Plumpsklo aus dem Jahr 1894, Minusgrade und eine 400 Meter senkrecht abfallende Felswand: Die Arbeit auf der höchsten Baustelle Südtirols, dem Becherhaus in Ridnaun, ist beschwerlich, macht die Arbeiter aber auch besonders glücklich. „Das ist die schönste Aufgabe in meinem ganzen Leben“, schwärmt Projektleiter Peter Trenkwalder.<BR /><BR /><i><BR />von Margit Fuchs</i><BR /><BR />„Das Becherhaus zu renovieren, ist wie einen Oldtimer herzurichten“, sagt Peter Trenkwalder, der das Projekt zur Generalsanierung der höchsten Schutzhütte Südtirols auf 3195 Metern Meereshöhe leitet. Nach Abschluss der Arbeiten soll das Gesamtbild wieder so hergestellt sein, dass das Haus aus dem Jahr 1894 gleich aussieht wie vorher.<BR /><BR />Erneuert werden Fassade und Dach sowie alles, was mit Wasser- und Energieversorgung zu tun hat. Die derzeitige Stube wird durch einen Zubau vergrößert, ebenso die Terrasse. Hauptauftragnehmer ist die Firma Mader, für sie arbeitet Trenkwalder mit seinem Team von Trenkwalder & Partner und Mader auf dem Becherhaus. <BR /><BR /><b>Leben und arbeiten fernab von jedem Komfort</b><BR /><BR />Am 25. August haben die Arbeiten auf der Hütte begonnen. Die Arbeiter leben und arbeiten auf dem Schutzhaus fernab vom gewohnten Komfort. „Jeder hat sein eigenes Zimmer. Sie sind halt eiskalt, und man muss sich entsprechend warm anziehen. Wasser gibt es keines, dafür müssen wir Schnee schmelzen. Und wir benutzen das alte Plumpsklo von 1894. Aber wir können damit ganz gut leben: Eigentlich braucht man nicht mehr“, erzählt Trenkwalder. <BR /><BR />„Wir sind zu viert oben am Becherhaus. Eine größere Zahl geht nicht, wenn man sich selbst versorgen muss“, sagt Trenkwalder. Außerdem seien wegen der extremen Kälte nicht alle Zimmer benutzbar. Wenn man auf einer solchen Baustelle miteinander lebt und arbeitet, müsse auch das Menschliche passen, man müsse sich mögen und gut verstehen. „Auf jeden Fall braucht man Nerven aus Stahl, und auch körperlich zehrt das Arbeiten auf über 3000 Metern“, gibt Trenkwalder zu bedenken. Man lebe in einer eigenen Welt, in einer Art „Mini-Universum, zum Teil wie in der Wildnis“. <BR /><BR /><b>Kaffee „aus den Bettflaschen“</b><BR /><BR />Der Tag beginnt auf dem Becherhaus frühmorgens. Zunächst einmal wird mit dem Wasser aus den Bettflaschen – es darf ja nichts verschwendet werden – Kaffee gekocht. Dann fängt man mit der Arbeit an. Bislang wurden Fundamente, Wasserfassung und Betonarbeiten gemacht, dann die zu kleine Terrasse erweitert. „Anschließend wurde der Zubau der Stube auf der Ostseite gemacht, was sicherlich die schwierigste Aufgabe war und noch sein wird“. <BR /><BR />Unterstützung kommt dabei von einem, der das Becherhaus kennt wie seine Westentasche: Erich Pichler, der das Becherhaus nach 20 Jahren als Hüttenwirt heuer zum letzten Mal bewirtschaftet hat. „Er ist die Schlüsselfigur, denn mit ihm und seinem Wissen steht und fällt das ganze Projekt. Wenn er uns nicht instruieren und begleiten würde, wäre so ein Unterfangen gar nicht möglich“, sagt Trenkwalder. Aber auch der künftige Hüttenwirt Lukas Lantschner „hilft, denkt und arbeitet mit“.<BR /><BR /><b>Am Berg wäre jeder Fehler fatal</b><BR /><BR />„Wir müssen jeden Montageschritt schon im Tal durchgehen und jegliche Fehlerquelle ausmerzen. Auf dem Berg können wir uns Fehler nicht leisten, denn da geht es 400 Meter kerzengerade hinunter“, betont Trenkwalder. Auch eine perfekte Abstimmung mit der Hubschrauber-Crew des Air Service Center Sterzing sei unverzichtbar. <BR />Alles ist bis ins Detail geplant. Denn die Arbeit auf dem Becher ist nicht nur schwierig, sondern auch gefährlich. „Wir haben den Sicherheitsaspekt stets im Auge, haben auch spezielle Schulungen dazu gemacht. Wenn dir da oben etwas passiert und es ist Schlechtwetter, dann ist eine Rettung schwierig, dessen sind wir uns immer bewusst“, meint er. Und deshalb haben sich die Arbeiter auch schon in der Kapelle des Becherhauses versammelt, um „ein G'satzl zu beten“. <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-47006149_quote" /><BR /><BR /><BR />Dennoch mache die Arbeit Spaß, denn es sei ein ständiger Lernprozess „und für mich meine Lebensaufgabe“, sagt Trenkwalder. Er habe sich schon immer gewünscht, mit seinem Team das Becherhaus sanieren zu können, sagt Trenkwalder. Er kenne da oben jedes Eck, jede Schraube. „Ich weiß nicht, warum, aber der Becher verbindet. In diesem Projekt stecke sein ganzes Herz: „Ich lebe für die Berge und für die Hütten, aber das ist die schönste Aufgabe, die ich in meinem ganzen Leben bekommen habe. Hier oben findest du zu dir, du wirst aufs Menschsein reduziert und merkst, wie wenig du eigentlich brauchst. Es ist sehr eigen, aber sehr schön, und ich möchte mit niemandem auf der Welt tauschen“. <BR /><BR />Bei der Arbeit am Berg orientiere man sich nicht an Tagen oder Wochen, sondern am Wetter und an den verschiedenen Arbeitsschritten. „Wir bleiben oben, solange wir müssen oder können, dann kommen wir für ein paar Tage ins Tal“. <BR /><BR />Derzeit wird das Becherhaus im Inneren saniert. Nach der Schlechtwetterfront am Wochenende soll noch etwa bis Weihnachten am Berg gearbeitet werden. Im Frühjahr stehen noch die Erneuerung von Dach und Fassade an. „Mein persönliches Ziel ist, dass die Hütte dann sobald wie möglich aufsperren kann“, sagt Trenkwalder.<BR /><BR /><embed id="dtext86-47007675_gallery" /><BR />