Im Haus Margaret in Bozen bietet sie Frauen ab 18 Jahren ein Obdach, Betreuung und Begleitung an. Die insgesamt 18 Plätze im Haus sind stets voll belegt. Die Nachfrage übersteigt die vorhandenen Kapazitäten. Allein im vergangenen Jahr 2010 baten 178 Frauen im Haus Margaret um Aufnahme. 88 von ihnen bekamen einen Platz. Viele von ihnen haben schwierige Kindheits- und Lebensgeschichten, leiden an psychischen Problemen und Persönlichkeitsstörungen oder haben ihr soziales Netz verloren. Die Frauen können im Haus Margaret frühstücken, zu Mittag und zu Abend essen, duschen und ihre persönliche Wäsche waschen. „Wenn die elementarsten Grundbedürfnisse befriedigt sind und die Frauen langsam aufatmen, versuchen wir zu verstehen, was sie brauchen oder möchten“, beschreibt die Leiterin von Haus Margaret, Giulia Frasca die Arbeit mit den obdachlosen Frauen. Die Bedürfnisse der Frauen sind so unterschiedlich wie die Gründe für ihr Abdriften in die Obdachlosigkeit. Im Haus leben Frauen, die ihren Arbeitsplatz als Haushaltshilfe und damit auch ihr Heim verloren haben. Frauen, die aus schwierigen Familienverhältnissen stammen; aber auch immer mehr Hausfrauen und Witwen, die nach dem Tod des Ehemannes oder nach einer Scheidung die Miete nicht mehr bezahlen können. Immer mehr Frauen mit Persönlichkeitsstörungen werden aufgenommen Eine besondere Herausforderung für die sieben Sozialassistentinnen im Haus ist die steigende Anzahl von Frauen, die an Persönlichkeitsstörungen, allen voran an dem so genannten Borderline-Syndrom (Persönlichkeitsstörung, die durch Impulsivität und Instabilität in zwischenmenschlichen Beziehungen gekennzeichnet ist) leiden. Allein im vergangenen Monat sind drei Frauen mit diesem Krankheitsbild im hellblauen Haus in der Bozner Kapuzinergasse aufgenommen worden. „Borderline-Patientinnen brauchen besondere Aufmerksamkeit. Sie sehnen sich nach Zuneigung und Nähe. Doch die Krankheit macht es ihnen fast unmöglich, längere Beziehungen aufzubauen oder Stabilität in ihr Leben zu bringen. Dementsprechend schwierig sind ihre Lebensgeschichten. Auch wenn viele von ihnen noch jung sind, haben sie viele Enttäuschungen erlebt. Das Vertrauen in sich selbst und in andere ist oft auf dem Nullpunkt“, erklärt die Leiterin von Haus Margaret.Die MitarbeiterInnen im Haus Margaret stehen den Frauen im Haus zur Seite. „Wollen den Frauen ihre Würde zurückgeben“ „Wir wollen den Frauen ihr Selbstvertrauen und die oft verloren geglaubte Würde zurückgeben. Wichtig ist dabei, dass wir gemeinsam mit ihnen vergessene Ressourcen finden und bewusst machen. Damit zeigen wir ihnen, dass sie es schaffen können“. Besonders schwierig sei dies bei Frauen, die unter Persönlichkeitsstörungen leiden. „Die Dienste, mit denen wir eng zusammen arbeiten, sind spezialisiert auf Drogenprobleme oder Alkoholabhängigkeit, auf psychiatrische Krankheiten oder psychische Probleme. Da Borderline-Patientinnen oft mehrere dieser Problematiken aufweisen, werden sie oft zwischen den Diensten hin und her geschoben“, bedauert Giulia Frasca.Mit viel Achtsamkeit und Respekt seitens der Mitarbeiter des Hauses und anderer Fachdienste ist es dennoch mehrfach gelungen, Frauen wieder in die Gesellschaft zu integrieren. Voraussetzung dafür ist eine finanzielle Basis - ein geregeltes Einkommen, mit dem sie über die Runden kommen. Schwierige Situation für ältere Frauen „Viele Frauen schaffen es, auch mit wenigen finanziellen Mitteln autonom zu leben“, berichtet die Leiterin des Obdachlosenhauses aus langjähriger Erfahrung. Allerdings gestalte sich die Suche nach Arbeit mit zunehmendem Alter immer schwieriger.„Es ist eine Tatsache, dass ältere Frauen trotz Berufsbildung und Praktika keine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben“. Laut Frasca könne hier nur eine gelingende Zusammenarbeit zwischen allen SozialpartnerInnen Lösungen bringen. Resozialisierung nach Gefängnisaufenthalt Seit heuer werden im Haus Margaret auch Frauen aufgenommen, die nach einem Gefängnisaufenthalt alternative Haftstrafen verbüßen. „Wir sind sehr froh, dass dieses Abkommen mit dem UEPE (Ufficio esecuzione penale esterna) zustande gekommen ist und wir die Frauen beim Wiedereinstieg in die Arbeitswelt und Gesellschaft unterstützen können.“ Die Erfahrung habe gezeigt, dass nur 26 Prozent der Menschen, die alternative Strafen verbüßten, wieder straffällig geworden sind, während jene, die ihre gesamte Strafe im Gefängnis absitzen, zu 66 Prozent wieder in Kriminalität zurückfallen. „Bisher hat es die Möglichkeit zu alternativen Haftstrafen in sozialen Einrichtungen in Südtirol nur für Männer gegeben“, so Frasca. Zum Tag der Frau plädiert Giulia Frasca für mehr Aufmerksamkeit und Verständnis gegenüber obdachlosen Frauen.