Mahsa Naraghi, die derzeit in einer Kunstgalerie in Mailand arbeitet, über den Krieg in ihrer Heimat und von der „großen Angst vor dem, was kommt.“<BR /><BR /><b>Frau Naraghi, wie geht es Ihren Verwandten in Teheran?</b><BR />Mahsa Naraghi: Sie sind sehr besorgt, denn dieser Krieg kam völlig unerwartet. Ich persönlich bin sehr besorgt um die Kinder, die traumatisiert werden könnten.<BR /><BR /><b>Sind Ihre Verwandten und Freunde noch in Teheran?</b><BR />Naraghi: Eine Familie hat ein Haus auf dem Land, in das sie sonst nur im Sommer fährt. Und wenn Trump sagt, die Menschen sollten Teheran verlassen, dann muss man wissen, dass das 15 Millionen Leute sind – das sind so viele wie die Bewohner von New York City und London zusammen. Wo sollen die alle hin und mit welchem Benzin? Viele Autos sind schon ohne Treibstoff.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1181007_image" /></div> <BR /><BR /><b>Das heißt, viele Verwandte und Freunde sind in Teheran?</b><BR />Naraghi: Ja, die wollen nicht weg. Eine Freundin schreibt gerade ihre Diplomarbeit. Sie wissen auch nicht wohin. Sie hoffen einfach, dass ihnen nichts passiert.<BR /><BR /><b>Wie ist der Alltag?</b><BR />Naraghi: Die Straßen sind leer aus Angst vor Bombardements, die Leute fahren nicht zur Arbeit und Kinder gehen nicht zur Schule. Wasser und Strom gibt es noch. Die Hoffnung ist, dass sich die Angriffe auf die militärischen Einrichtungen beschränken. Daher ist die zivile Infrastruktur noch intakt. Aber man kann ja nie sicher sein, ob einen nicht doch eine Bombe trifft. Das ist eben die große Sorge der Menschen, dass die Angriffe auf zivile Einrichtungen ausgedehnt werden.<BR /><BR /><b>Wie stehen Sie in Kontakt?</b><BR />Naraghi: Beispielsweise über Whatsapp. Wir schreiben uns Nachrichten. Seit heute (vorgestern, Anm. d. Red.) 19.30 Uhr hat das Mullah-Regime das Internet abschaltet wie schon in der Vergangenheit. Wir sind mit der Propaganda des Regimes aufgewachsen, indem Israel, die USA und der Westen verteufelt wurden, aber das hat in all den Jahren nicht funktioniert. Es gibt nicht einen Iraner, der dem Glauben geschenkt hat. <BR /><BR /><b>Ist etwas zu spüren, dass das Regime stürzen könnte?</b><BR />Naraghi: Die Iraner wären sehr glücklich, wenn das Regime stürzen würde. Ich kenne keinen Iraner, der auf der Seite der Mullahs steht. Aber man ist doch immer skeptisch, wenn es heißt, dass Israel unser Land befreien will. Meist steckt ein handfestes Interesse dahinter wie etwa das Erdöl. Zudem sind die Menschen auch besorgt, dass die Oligarchen, die sich früher schamlos am Volk bereichert haben und dann ins Ausland sind, in den Iran zurückkehren, um sich erneut die Taschen zu füllen.