„Im Moment ist dieser Hype. Ich habe das Gefühl, dass man dieses System kaum kritisch reflektiert“, so Ruth Stock-Homburg, Gründerin des Forschungslabors „Leap in Time Lab“ und BWL-Professorin an der Technischen Uni Darmstadt.<BR /><BR />ChatGPT hat einen sehr breiten Anwendungsbereich. In einem Chatfeld kann man u.a. Fragen stellen und bekommt Antworten. Auch Arbeitsanweisungen sind möglich – z.B. auf Basis grundlegender Infos einen Brief oder einen Aufsatz zu schreiben. In einem Projekt hat das „Leap in Time Lab“ nun über 7 Wochen Tausende von Anfragen ohne persönliche Daten ans System gestellt, um Schwachstellen zu finden.<BR /><BR /> „Man kann diese Systeme manipulieren“, betont Stock-Homburg. Sven Schultze, Experte für Sprach-KI, zeigt in einer Präsentation die Schwachstellen von ChatGPT. Neben antisemitischen und rassistischen Äußerungen sind Quellenangaben schlicht falsch oder laufen ins Leere. Bei einer Frage nach dem Klimawandel führt ein angegebener Link auf eine Internetseite zu Diabeteserkrankungen. „In der Regel ist es der Fall, dass die Quellen oder auch wissenschaftliche Arbeiten gar nicht existieren“, sagt Schultze. Und: Die Software basiere auf Daten aus dem Jahr 2021. <h3> Anleitung für Wohnungseinbruch</h3>Bei direkten Fragen z.B. mit kriminellen Inhalten gebe es zwar Sicherheitshinweise und -mechanismen. „Man kann aber mit Tricks die KI und die Sicherheitshinweise umgehen“, sagt Schultze. Mit einem anderen Vorgehen zeigt die Software einem, wie man eine betrügerische Mail generiert oder wirft auch gleich 3 Varianten aus, wie Trickbetrüger beim Enkeltrick vorgehen können. Auch eine Anleitung für einen Wohnungseinbruch liefert GPT. Falls man auf Bewohner treffe, könne man auch Waffen oder physische Gewalt einsetzen. <BR /><BR />Ute Schmid, die den Lehrstuhl für Kognitive Systeme an der Otto-Friedrich-Uni in Bamberg innehat, sieht es aber vor allem als eine Herausforderung an, dass man nicht erfahren kann, wie der Text-Roboter zu seinen Angaben gelangt ist. „Ein tieferes Problem (...) besteht darin, dass es nicht möglich ist, nachzuvollziehen, welche Quellen wann und wie in die jeweiligen Aussagen eingegangen sind.“<BR /><BR /><embed id="dtext86-58052405_quote" /><BR /><BR /> Schmid spricht sich aber trotz dieses gravierenden Mangels dafür aus, nicht nur auf Fehler oder auf einen möglichen Missbrauch der neuen Technik zu schauen, wenn z.B. Studenten ihre Hausarbeiten oder Klausuren von der Software schreiben lassen. „Ich denke eher, wir sollten uns fragen, was für eine Chance haben wir durch solche KI-Systeme?“ Forschende träten doch im Allgemeinen dafür an, dass KI unsere Kompetenzen erweitere, vielleicht sogar noch fördere, aber nicht einschränke – auch im Bildungsbereich.<BR /><BR />Trotzdem bleiben Bedenken zur Datensicherheit und dem Datenschutz. „Was man sagen kann ist, dass ChatGPT vielfältige Daten vom Nutzer aufnimmt, speichert und verarbeitet, um dann zum gegebenen Zeitpunkt dieses Modell entsprechend zu trainieren“, sagt der Datenschutzfachmann Christian Holthaus. Es gebe das Problem, dass alle Server in den USA stehen. Das sei die eigentliche Problematik, wenn man es nicht schaffe, die Technologie in Europa zu etablieren oder eine eigene zu haben.<h3> Das Problem mit dem Datenschutz</h3> Auf absehbare Zeit werde es keine datenschutzkonforme Lösung geben. ChatGPT wurde von einer der führenden KI-Firmen in den USA, OpenAI, entwickelt. Microsoft investiert Milliarden ins Unternehmen und will ChatGPT bald für Kunden verfügbar machen. Derzeit sei ChatGPT eher ein Spielerei für das Private, sagt Stock-Homburg. „Wir haben keine Vorstellung darüber, wie wir mit dem noch unausgereiften System umgehen sollen.“ <BR /><BR />Oliver Brock, Professor am „Robotics and Biology Laboratory“ an der Technischen Uni Berlin, sieht in ChatGPT keinen „Durchbruch“ in der Forschung zur künstlichen Intelligenz. Zum einen sei die Entwicklung in diesem Bereich nicht sprunghaft, sondern kontinuierlich. Zum anderen bilde das Projekt nur einen kleinen Teilbereich der KI-Forschung ab. <BR /><BR /> ChatGPT könne allerdings in einem anderen Gebiet als Durchbruch gewertet werden, nämlich der Schnittstelle zwischen Mensch und Internet. „Wie hier diese riesigen Datenmengen aus dem Internet mit einem großen Rechenaufwand intuitiv und in natürlicher Sprache einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, kann man schon als Durchbruch bezeichnen“, meint Brock. <BR /><BR /><BR />