Vor 20 Jahren, am 23. Mai 1992, wurde der sizilianische Mafia-Jäger Giovanni Falcone durch Killer der Cosa Nostra ermordet. Falcone, seine Frau Francesca Morvillo und drei seiner Leibwächter wurden bei einem Attentat auf der Autobahn bei Capaci nahe Palermo in die Luft gesprengt. Zwei Monate später, am 19. Juli 1992, wurde auch Falcones engster Freund und Mitarbeiter, Paolo Borsellino, bei einem ähnlichen Anschlag auf Palermo ermordet. Noch nie zuvor hatte die Mafia eine derart aggressive Offensive gegen Staatsdiener gewagt.In Erinnerung an Falcone, der in Italien zu einem Symbol eines hartnäckigen Kriegs gegen die „Krake“ der Mafia geworden ist, finden diese Woche in ganz Italien zahlreiche Gedenkfeiern statt. Zu Ehren des Mafia-Jägers werden in Palermo am Mittwoch zahlreiche Spitzenpolitiker, darunter Premier Mario Monti und Staatspräsidenten Giorgio Napolitano, erwartet. Falcone, der 53-jährig starb, hatte sich stets bemüht, die internationalen Verbindungen der Cosa Nostra aufzudecken. Eine entscheidende Rolle spielte er beim Aufbau des sogenannten Anti-Mafia-Pools, einer Gruppe von Staatsanwälten, die Mitte der 80er Jahre große Erfolge im Kampf gegen das organisierte Verbrechen verbuchen konnte.Die Ermordung Falcones und seines Mitarbeiters Borsellino markierte in Italien einen Wendepunkt in der Haltung der Bevölkerung zum organisierten Verbrechen. Hunderttausende demonstrierten unmittelbar nach Falcones Tod auf den Straßen Palermos. Viele Sizilianer brachen ihr Schweigen und bekannten sich offen gegen die Mafia. Erpresste Geschäftsleute wehrten sich zunehmend, Zwangsgelder an die Organisation zu zahlen. Einige von ihnen mussten dies mit ihrem Leben bezahlen.Kurz nach Falcones Mord wurde eine neue Anti-Mafia-Gesetzgebung verabschiedet, die abtrünnigen Mafiosi beträchtliche Strafmilderungen garantierte. Dank der Kooperation der reuigen Kronzeugen konnten die italienischen Behörden in den Jahren nach dem Tod des Staatsanwalts wichtige Erfolge im Kampf gegen die Cosa Nostra verbuchen. Entscheidend erwies sich im Jänner 1993 die Verhaftung von Toto Riina, der Nummer eins der sizilianischen Mafia, der wegen Falcones Mord zu lebenslänglicher Haft verurteilt wurde. Lebenslänglich hinter Gittern sitzt auch der Mafia-Boss Giovanni Brusca. Er hatte den Auslöser der Bombe gedrückt, der in Capaci den Mafiajäger ermordete.29 Mafia-Bosse wurden insgesamt wegen Beteiligung an der Ermordung Falcones zu lebenslanger Haft verurteilt. Sechs hochrangige Mafiosi, die dank ihrer Zusammenarbeit mit den Justizbehörden nur zu 15 Jahren Haft verurteilt worden waren, sind bereits wegen guter Führung und einer Reihe von Strafmilderungen wieder auf freiem Fuß, was helle Empörung in Italien auslöste. Familienangehörige der Mafia-Opfer warfen dem Staat vor, im Einsatz gegen das organisierte Verbrechen nachgelassen zu haben. Im vergangenen Jahr hatte die Staatsanwaltschaft von Palermo neue Ermittlungen um die Ermordung des sizilianischen Mafia-Jägers aufgenommen. Sie wurden aufgrund der Aussagen des abtrünnigen Mafiosos Gaspare Spatuzza in die Wege geleitet, der mit den Staatsanwälten zusammenarbeitet. Bei den Ermittlungen geht es um die Herkunft des Sprengstoffes, mit dem Falcone getötet wurde.Die Angst vor Mafia-Anschlägen ist in Italien weiterhin groß. So wurde befürchtet, dass der Bombenanschlag auf eine Berufsschule in der süditalienischen Stadt Brindisi, bei dem am Samstag eine 16-jährige Schülerin ermordet worden war, auf die Mafia zurückzuführen sei. Die Schule ist Francesca Morvillo, der Ehefrau Falcones gewidmet. Zudem war in Brindisi am Samstag ein Protestmarsch gegen die Mafia geplant. Für die Mafia-Theorie wurden jedoch keine Beweise gefunden. Ermittler betonten jedoch, es sei unwahrscheinlich, dass die in der Region um Brindisi aktive Mafia-Organisation Sacra Corona Unita auf ihrem eigenen Territorium Minderjährige töte. apa