Es sei jedenfalls „Notwehr gewesen“, argumentierte auch der 46-Jährige selbst bei seiner Einvernahme vor Richterin Andrea Wegscheider und den Geschworenen. Sein späteres Opfer habe er nur „flüchtig gekannt“, dieses sei vor allem ein guter Bekannter seiner damaligen Lebensgefährtin gewesen. „Der 30. Oktober 2023 ist ein schwarzer Tag in meinem Leben“, berichtete der Beschuldigte: „Wie diese Tragödie zustande kam, ist mir nach wie vor unbegreiflich.“<BR /><BR />In seiner Wohnung sei es im Zuge eines heftigen Streits, der sich unter anderem um Beziehungsdinge drehte und unter Einfluss von Kokain und Medikamenten stattfand, aber um nicht weniger als um Leben und Tod gegangen. „Ich wurde nach ein paar Stunden Schlaf nach unserem Drogenrausch unvermittelt von ihm, als ich auf der Couch schlief, angegriffen und gewürgt“, gab der 46-Jährige zu Protokoll: „Mit einem Verteidigungsgriff und Nasenbissen konnte ich mich aber schließlich befreien.“ Danach sei es zu einer Rauferei gekommen und in der Nähe ein Messer von einem Tisch gefallen, schilderte der Tiroler. Beide hätten im Anschluss zum Messer gegriffen. „Ich war aber schneller“, führte der Angeklagte aus. Danach habe er das Messer „mit voller Wucht irgendwohin gestochen“: „Es war eine rein intuitive und instinktive Handlung.“<BR /><BR />Gerichtspsychiaterin Adelheid Kastner attestierte ihm jedenfalls „Zurechnungsfähigkeit“. „Es gibt absolut keinen Hinweis auf eine tiefgreifende Bewusstseinsstörung oder eine psychische Erkrankung“, referierte sie ihr Gutachten. Zudem handelte der Mann „blitzschnell und gerichtet und war orientiert“, was eine Unzurechnungsfähigkeit und auch eine Einschränkung der Zurechnungsfähigkeit faktisch ausschließe. Beleg dafür sei auch die Art und Weise, wie er die Vorfälle schildere: „Er hat im Wesentlichen alles seit jeher chronologisch richtig schildern können.“<BR /><BR />Die Gerichtsmedizinerin Elke Doberentz, die ein von Walter Rabl erstelltes Gutachten vortrug, gab ausgehend von der Obduktion der Leiche Einblicke in das mögliche Tatgeschehen. „Es hat zweifellos eine sehr starke Gewalteinwirkung gegeben“, sagte sie. Der 54-jährige Mann sei aufgrund einer tiefen Einstichverletzung und seines anschließenden Verblutens verstorben. Dass der Angeklagte sein Opfer gewürgt habe, sei zudem unstrittig. „Es waren wohl so 20 bis 30 Sekunden“, erklärte sie. Man könne jedoch nicht zweifelsfrei auf eine Bewusstlosigkeit des Mannes schließen, bevor es zum tödlichen Stich kam. „Normalerweise tritt eine Bewusstlosigkeit erst nach einer bis zwei Minuten ein“, hielt die Expertin fest.<BR /><BR />Zuvor hatte Staatsanwalt Hannes Wandl die Umstände, die aus Sicht der Anklagebehörde schließlich zur Tötung des 54-jährigen Mannes führten, geschildert. Angeklagter und Opfer hätten zuerst gemeinsam mehrere Tage im Tiroler Zillertal „Kokain und Medikamente“ konsumiert, ehe man gemeinsam mit dem Auto in die Wohnung des Angeklagten gefahren sei. Dort „konsumierten sie weiter“, führte der Ankläger außerdem aus. Dann sei es wohl nach einer Auseinandersetzung zunächst zu einem Würgen bis zur Bewusstlosigkeit und schließlich zum „tödlichen Stich in die rechte Halsseite“ gekommen, sagte er.<BR /><BR />Der Verteidiger des beschuldigten Unternehmers, Franz Essl, schilderte die Situation und die Umstände anders. „Mein Mandant hat eine Attacke von seinem mutmaßlichen Opfer abgewehrt und hatte Todesangst“, führte der Anwalt aus. Er habe sich beispielsweise mit einer E-Zigarette „vehement gewehrt“, was körperlich beim Leichnam auch sichtbar sei. „Man begeht in der eigenen Wohnung einfach kein Tötungsdelikt“, argumentierte der Verteidiger und bezeichnete den Getöteten unter anderem als „Zuhälter und Drogenhändler“, der mit der Lebensgefährtin des Angeklagten unter einer Decke gesteckt habe. „Seine Lebensgefährtin wollte meinem Mandanten gemeinsam mit ihm noch mehr Geld herauspressen“, meinte der Rechtsanwalt und spielte damit auf den vermeintlichen Kontext an, der zum Streit der beiden Männer geführt habe.<BR /><BR />Im Vorfeld der Verhandlung war das Motiv unbekannt geblieben. Die polizeiliche Einvernahme war nach der Festnahme des Verdächtigen abgebrochen worden. Ende Oktober 2023 war der 54-Jährige in der Wohnung des Angeklagten mit Stichverletzungen am Hals aufgefunden worden. Zur Tat soll es im Zuge eines Streits mit einem Küchenmesser gekommen sein, die beiden Männer kannten einander. Der 46-Jährige stand laut Polizei unter dem Einfluss von Rauschmitteln. Mutmaßlich wollte das spätere Opfer zwischen dem Beschuldigten und seiner Lebensgefährtin in einer Beziehungskrise „vermitteln“, damit es im Beziehungsstreit zu einer „außergerichtlichen Einigung“ kommen könne. Im Falle einer Verurteilung drohte dem Angeklagten eine bis zu lebenslange Haft.