Der Mann mit dem Traumberuf Astronaut ist den Sternen (vielleicht) ein bisschen näher als der Rest der Welt. <BR /><BR />Es war ein Bilderbuchstart – wieder einmal. Am 27. April startete – mit Hilfe einer SpaceX-Rakete – eine „Crew Dragon“-Kapsel von Florida aus in Richtung ISS. An Bord: die „Crew-4“, das sind die NASA-Astronauten Kjell Lindgren (49), Robert Hines (47) und Jessica Watkins (33) sowie die italienische ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti (45). Die in Malè (Sulzberg, Trentino) aufgewachsene Kampfpilotin, die Mittelschule und Oberschule in Bozen besucht hat, leitet in den kommenden 5 Monaten das Weltraumlabor. <BR /><BR />Die Zahl solcher Flüge in den Orbit nimmt zu, denn neben der ISS wurde gerade eine neue Raumstation aus China in Betrieb genommen. Außerdem bieten die Milliardäre Richard Branson (71, Virgin Galactic), Jeff Bezos (58, Blue Origin ) und Elon Musk (50, SpaceX) touristische Flüge ins All an, für die Fachpersonal gesucht wird.<BR /><BR /><b>ESA sucht „Karriere-“ und „Reserveastronauten“<BR /></b><BR />Die ESA sucht nun – zum ersten Mal seit 2008 – nach neuen Astronautinnen und Astronauten. Derzeit umfasst das ESA-Astronautenkorps 7 aktive Astronautinnen und Astronauten: die Italiener Samantha Cristoforetti und Luca Parmitano (45) aus Kalabrien, die Deutschen Alexander Gerst (45) und Matthias Maurer (52), den Dänen Andreas Mogensen (45), den Briten Timothy Peake (50) und den Franzosen Thomas Pesquet (44). Am Ende des Auswahlverfahrens soll diese Liste um 4 bis 6 Namen erweitert werden, die sozusagen die nächste ESA-Astronauten-Generation bilden. Zusätzlich zu diesen „Karriereastronauten“ werden bis zu 20 „Reserveastronauten“ gesucht, die bei ihrem jetzigen Arbeitgeber beschäftigt bleiben und von der ESA vorübergehend für einzelne Missionen angefragt werden.<BR /><BR />Als die ESA den Wettbewerb für die Stellen ausgeschrieben hat, gingen exakt 23.307 Bewerbungen aus ganz Europa ein. Unter diesen befand sich auch jene von Daniel Siegel (34) aus Meran. Daniel hat 2008 mit seinem Bruder Stefan (42) die erfolgreiche Onlineplattform „Not just a Label“ (NJAL) initiiert, studierte Informatik und arbeitet seit 2015 als Digitalstratege in München. Der sportliche Südtiroler besitzt darüber hinaus einen Tauchschein, einen Flugschein und den 2. Dan (Schwarzgurt) im Taekwondo.<BR /><BR /><b>Auswahlverfahren dauert über Monate<BR /></b><BR />Wie aber sieht eine Stellenanzeige für Astronauten aus? „Die Bewerber sollten einen Masterabschluss in Naturwissenschaften, Ingenieurwesen, Medizin, Mathematik oder Informatik und – unter anderem – mindestens 3 Jahre Berufserfahrung haben, Englisch auf hohem Niveau sprechen und bestimmte physische Voraussetzungen besitzen wie etwa körperliche Fitness, gutes Seh- und Hörvermögen sowie einen normalen BMI“, erklärt Daniel Siegel. Hat man Expeditionen begleitet, kann mehrere Sprachen sprechen, besitzt Flug- oder Tauchlizenz, ist dies von Vorteil. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="767177_image" /></div> <BR /><BR />„Das Auswahlverfahren dauert mehrere Monate und umfasst im Optimalfall 6 Stufen“, so Siegel weiter. „Es kommen immer nur die Kandidaten in die nächste Runde, die in jeder Stufe am besten abgeschnitten haben. Getestet werden unter anderem die körperliche und mentale Fitness, kognitive Fähigkeiten – also Aufmerksamkeit und Konzentrationsfähigkeit – sowie das psychologische Profil. Astronauten müssen mental sehr stabil, sehr resilient sein. In einer Raumstation wird man über längere Zeit auf engstem Raum mit anderen Menschen zusammenleben müssen. Das können sehr stressige Situationen sein.“ Zu den weiteren Skills gehören Abenteurerlust, grenzenlose Faszination für das Weltall, Multitasking und die Bereitschaft, auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance zu verzichten.<BR /><BR />Von den im Mai 2021 ursprünglich über 23.000 Bewerberinnen und Bewerbern sind aktuell, nach Tests in Hamburg und Köln, noch 400 im Rennen. Der Südtiroler ist – nach Runde 3 – weiterhin mit dabei. „Bisher hat man jedes Detail meines Curriculum vitae überprüft und mich in verschiedenen Stresssituationen getestet. In der nächste Runde erfolgt der medizinische Test, wir werden eine Woche lang – buchstäblich – auf Herz und Nieren geprüft.“<BR /><BR /><BR /><b><embed id="dtext86-54207907_quote" /><BR /></b><BR /> Warum ausgerechnet er weiter ist? „Vermutlich passe ich gut in das gesuchte Profil eines ESA-Astronauten. Von den verbleibenden 400 Anwärterinnen und Anwärtern würde es sich nun jeder verdienen, in den Weltraum zu fliegen, für mich ist es ein ,Wahnsinnsgefühl' dazu zu gehören; wir haben bei den Tests alles gegeben, jetzt geht es nur noch um Nuancen. Mir ist bewusst, dass der Weg für mich jederzeit zu Ende sein könnte“, so der Kampfsportler. <BR /><BR />Das komplette Auswahlverfahren läuft noch einige Monate. Am Ende dieser anspruchsvollen Zeit steht das eigentliche „Vorstellungsgespräch“ beim Chef. Genauer gesagt bei Josef Aschbacher (59). Der gebürtige Nordtiroler ist seit 1. März 2021 Generaldirektor der Europäischen Weltraumorganisation. <BR /><BR />Für jene Handvoll Bewerber, die es als Raumfahrer ins ESA-Korps schaffen, beginnt dann eine Zeit des Trainings und der Ausbildung. Apropos Ausbildung. Samantha Cristoforetti ist ehemalige Kampfpilotin der italienischen Luftwaffe, Alexander Gerst Geophysiker und Vulkanologe und Matthias Maurer, der soeben erst aus dem All zurückgekehrt ist, Werkstoffkundler. Aber, bitte, was macht ein Digitalstratege im Weltraum? „Ich bin zwar ausgebildeter Informatiker, aber die ESA ist von Natur aus interdisziplinär, und man arbeitet eng mit Menschen aus unterschiedlichsten Bereichen in herausfordernden Situationen zusammen. Dabei ist Wissen und Erfahrung wichtig, aber eben nicht nur das einzige Kriterium. Des weiteren durchläuft ein Astronaut ohnehin ein umfangreiches Ausbildungsprogramm, in dem man alles über die Raumfahrt, die ISS, die Maschinen und Instrumente, die möglichen Experimente im All und vieles, vieles mehr lernt. Auch die aktuellen Astronauten mussten vieles erst erlernen, bevor sie in den Weltraum geflogen sind. Sollte ich für Außeneinsätze vorgesehen sein, bedeutet dies weitere Ausbildungsmonate.“<BR /><BR /><b>Den künftigen Astronauten winken Mars und Mond<BR /></b><BR /> Die künftigen Astronauten sollen unterschiedliche Destinationen bereisen. Zunächst stehen in den nächsten 5 bis 10 Jahren Reisen zur ISS auf dem Programm. Weiters sollen im Rahmen des Gateway-Programms Langstreckenweltraumflüge, die weiter als die Reise zum Mond sind, unternommen werden. <BR /><BR />In der „missionslosen“ Zeit sind die Astronauten als „Botschafter für die bemannte Raumfahrt“ weltweit unterwegs. Wann sie welcher Mission zugeteilt werden, ist noch nicht klar. Aber bislang ist noch jeder ESA-Astronaut in den Weltraum geflogen.<BR /><BR />Zuletzt noch die Gretchenfrage: Warum? Warum nicht einfach den Traum vom Weltall weiterträumen? Auf der Erde. Daniel Siegel: „Ich bin seit meiner Kindheit begeistert von Flugzeugen und vom Fliegen, und wurde von meinem Vater Tom, selbst begeisterter Hobbyflieger, darin unterstützt. Ich liebe es, meine Grenzen auszuloten und Orte zu erkunden, an denen der Mensch eigentlich nicht sein sollte – außer eben mit einem ,Hilfsmittel', das ihn dorthin bringt. Wenn mich eine Rakete ins All bringen würde, wäre dies überwältigend.“ <BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-54208333_gallery" />