Raubverbrechen – im Wesentlichen Diebstähle – sind die im Eisacktal am weiteres verbreiteten Verbrechen. Zuletzt kam es aber auch zu Gewalt unter Jugendlichen im Raum Brixen, auch häusliche Gewalt ist weiter ein Thema. Der Brixner Carabinieri-Hauptmann spricht unter anderen darüber im Interview. <BR /><BR /><b>Herr Hauptmann Tosoni, Sie kommen aus Modena und waren in Ihrer Laufbahn in ganz Italien. Welchen Eindruck haben Sie seit Oktober 2020 im Eisacktal gewonnen?</b><BR />Hauptmann Ottavio Tosoni: Ich hatte sofort einen großartigen Eindruck. Die Schönheit der Landschaft spiegelt die Wärme und den Geist der Bewohner wider. Das tiefe Gemeinschaftsgefühl und Interesse für das Gemeinwohl haben mich sehr erstaunt. Ich bin davon überzeugt, dass diese vorbildlichen Charakterzüge den einzigartigen Wert dieses Landes steigern und aufrechterhalten.<BR /><BR /><b>Zu welchen Verbrechen werden die Carabinieri im Eisacktal am häufigsten gerufen?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Das Eisacktal ist im Vergleich zu anderen Regionen des Landes ein Gebiet mit einer relativ niedrigen Kriminalitätsrate. Diese günstige Situation zwingt die Carabinieri jedoch zu einer noch größeren Anstrengung, gerade weil – um eine Metapher zu gebrauchen – der kleinste Fleck umso deutlicher und lästiger wird, je weißer eine Leinwand ist. Davon ausgehend können wir sagen, dass Raubverbrechen, im wesentlichen Diebstähle, die am weitesten verbreiteten Verbrechen im Eisacktal sind. In letzter Zeit haben wir jedoch auch mehrfach gegen „geschlechtsspezifische“ Straftaten und mehr oder weniger schwere Gewaltakte sowohl gegen Einzelpersonen als auch gegen Strafverfolgungsbehörden interveniert.<BR /><BR /><BR /><b>In Italien gab es im vergangenen Jahr 116 Femizide. Wie oft müssen die Carabinieri Brixen wegen häuslicher Gewalt einschreiten?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Glücklicherweise liegen die jüngsten Fälle von Frauenmorden in Brixen mehr als 4 Jahre zurück. Es waren 2. In beiden Fällen haben die Carabinieri ermittelt und die Verantwortlichen festgenommen. Aber auch hier haben wir in den vergangenen Jahren einen Anstieg der Straftaten gegen die schwächsten Gruppen, Frauen und Kinder, erlebt. Die Verbrechen werden in den meisten Fällen innerhalb der eigenen 4 Wände verübt. Die Opfer scheuen aus Scham oder Angst vor Vergeltung davor zurück, Anzeige zu erstatten. <BR /><BR /><embed id="dtext86-57005763_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was können Sie als Carabinieri gegen häusliche Gewalt tun?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Als Carabinieri haben wir eine starke und unmittelbare Macht einzugreifen. Wir achten dabei genauestens auf die Sicherheit und Unversehrtheit der Opfer. Die Verfolgung solcher Straftaten erfordert hohe Professionalität, Vorbereitung und Sensibilität. Wir unternehmen enorme Anstrengungen, um den Opfern zu helfen und die Täter zu stoppen. Wir werden dabei durch eine sehr strenge Gesetzgebung und Justiz unterstützt.<BR /><BR /><BR /><b>Was raten Sie betroffenen Frauen?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Ich fordere alle Frauen auf, tiefen Respekt vor sich selbst zu haben, keine Form von Gewalt, Bedrohung oder Nötigung zu akzeptieren, immer den Mut zu haben, Unterdrückung nicht zu verschweigen. Sie sollten den Ordnungskräften und Institutionen vertrauen. Wir haben die Möglichkeit und die Mittel, ihnen zuzuhören, sie zu verstehen, ihnen zu helfen und sie zu beschützen. Wir handeln und arbeiten mit höchster Diskretion und wahren deren Sicherheit.<BR /><BR /><b><BR />Gewalt unter Jugendlichen verunsichert immer wieder in Brixen. Wie haben Sie als Carabinieri darauf reagiert?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Auch wenn die Jugendgewalt hier in Südtirol nicht so gravierend ist wie in einigen europäischen Metropolen ist sie ein besorgniserregendes Phänomen, das die Kompaniekommando-Stellen in Brixen und in unserem ganzen Land mit größter Aufmerksamkeit verfolgen. Das Problem ist sicherlich auf eine Form des Unbehagens der Jugendlichen zurückzuführen, die es wert wäre, in den zuständigen Ämtern weiter zu vertiefen. Ich darf jedoch mit Zufriedenheit und auch mit ein wenig Stolz sagen, dass die Carabinieri es in unserer Stadt geschafft haben, das Phänomen schnell, entschlossen, energisch und effektiv zu bekämpfen. In allen Fällen, in denen wir tätig geworden sind, konnten wir fast augenblicklich die Verantwortlichen und Beteiligten ermitteln und sie an die Justizbehörde weiterleiten. Auf jeden Fall steht, wie gesagt, das Problem der Jugendgewalt für uns und die anderen Polizeikräfte immer auf der Tagesordnung, und als solches wird es genauestens beobachtet.<h3> Der Wunsch an die Bevölkerung</h3><BR /><b>Durch die Ermittlungen der Carabinieri konnten die Täter auf den Gewalt-Videos identifiziert werden. Wie kann sich ein Laie die Ermittlungen vorstellen?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Wie bei jeder Arbeit sind Engagement, Leidenschaft, Opferbereitschaft, Weitsicht und vor allem in unserem speziellen Bereich auch viel Vorbereitung und Scharfsinn die Grundlage des Erfolgs. Wir müssen ökologische und soziale Abläufe, das Gebiet und die Menschen kennen. So können wir Daten und Hinweise aufnehmen, sammeln, speichern und analysieren. Dabei ist es für die Carabinieri wichtig, den Bürgern zuzuhören, ihre Bedürfnisse und Anliegen zu kennen. In diesen speziellen Fällen konnten die Carabinieri die Täter jedes einzelnen Vorfalles identifizieren, weil wir das Gebiet und die Beteiligten bereits gut kennen.<BR /><BR /><BR /><b>Was wünschen Sie sich von der Bevölkerung?</b><BR />Hauptmann Tosoni: Ich möchte dabei nochmals auf die Einbrüche zurückkommen, um etwas ganz Wichtiges für uns zu betonen. Unsere größten Verbündeten im Kampf gegen das Verbrechen sind die Bürger selbst. Für uns Carabinieri ist es sehr wichtig, dass wir bei allen Verbrechen, vor allem aber bei Einbrüchen in Wohnungen oder anderen Einrichtungen, möglichst viele Beweise haben, um ermitteln zu können. Ich fordere die Bevölkerung auf, die Verbrechensprävention und -bekämpfung zu unterstützen und verdächtige Situationen, Subjekte oder Fahrzeuge sofort zu melden. Vor allem in den kleineren Weilern und Dörfern ist das gegenseitige Kennen aller Einwohner ein Überlegenheitsfaktor gegenüber möglichen Bösewichten. Eine echte soziale Kontrolle, die mit den Ordnungskräften geteilt wird, ist ein hervorragendes Mittel um Verbrechen vorzubeugen und zu bekämpfen.<BR />