Keine Nachbarn, keine Straße. So einsam wie die Edelrauthütte in den Zillertaler Alpen liegt, so paradox scheint es, dass im Sommer 2012 ganz Südtirol über ihr Schicksal mitreden wollte. Zusammen mit Schwarzensteinhütte und Weißkugelhütte gehört das Schutzhaus zu jenen drei Hütten, die das Land 1999 vom Staat übernommen hat und neu errichten will. Als die Neubau-Projekte vor drei Jahren vorlagen, schrie Südtirol auf. Zu modern für den Berg!Beinahe unbeachtet zieht die Moderne nun ein. Seit 11. Juni laufen an der Edelrauthütte die Bauarbeiten. Innerhalb eines Sommers soll die neue Hütte errichtet, die alte abgerissen werden. Zeit bleibt bis Ende Oktober. „Da oben kommt der Schnee“, erklärt Hans-Peter Santer, stellvertretender Direktor des Amtes für Hochbau Ost, den straffen Zeitplan. „Und wenn du Pech hast, kommt er sogar früher.“ Seit 42 Jahren am EisbruggjochMuch Weissteiner erwartet am Ende „a recht a pärige Hitte“. Seit 42 Jahren verbringt der gebürtige Vintler jeden Sommer auf 2545 Metern Meereshöhe. Früher, als Vater und „Mamme“ das Schutzhaus führten, als Bub. Seit 16 Jahren nun als Chef.„Wir wussten von Anfang an, dass wir heuer nicht so arbeiten können, wie wir’s gewöhnt sind“, sagt er. In Hoch-Zeiten werden rund 20 Arbeiter in die Edelrauthütte einziehen. Die Männer der Gsieser Baufirma Burgerbau und von Messner&Oberlechner aus Rasen/Antholz beginnen am Montag, 7 Uhr und beenden ihre Arbeitswoche Samstagmittag. „Die erste Ausschreibung der Bauarbeiten ging leer aus“, erinnert sich Santer. „Da hat sich keine Firma gefunden, die sich traut, so was zu machen.“ Denn eine Schutzhütte bauen, das sei schon etwas anderes als ein Neubau im Tal. Über Fundamentales muss plötzlich länger nachgedacht werden. Wie schaffe ich die Baustelleneinrichtung ins Gelände, so ganz ohne Zufahrtswege?Eine Seilbahn für einen SommerDa Fliegen mit dem Helikopter laut Santer nicht nur arg wetterabhängig, sondern zudem „sauteuer“ ist (25 Euro pro Flugminute), errichtete die Passeirer Firma Moosmair kurzerhand eine Materialseilbahn vom Neves-Stausee bis aufs Eisbruggjoch. Seit einigen Tagen läuft die Bahn: zuerst kam ein Kran, dann die Maltamaschine, dann Werkzeug. Im Oktober wird die Bahn wieder abgebaut. Die braucht dann niemand mehr. „Wir bauen die neue Hütte rund um die alte, praktisch in einer L-Form“, erklärt der Direktor. So sei es möglich, dass die Edelrauthütte auch heuer, als wichtige Raststation auf dem Pfunderer Höhenweg, für Tagestouristen offen bleibt. „Die Hauptaufgabe, des Wirts ist es heuer, die Mannschaft zu versorgen.“Denn: Zu den physischen Anstrengungen am Berg kommen, laut Santer, zudem psychische: Bauarbeiten auf 2545 Metern Meereshöhe müsse man erst mal aushalten können, sagt er. „Die Arbeiter kommen die gesamte Woche nicht ins Tal, sehen weder Frau noch Kinder.“„Den meisten Gästen absagen“Weissteiner bietet deshalb Übernachtung mit Vollpension. „Wir müssen den meisten Gästen absagen“, erklärt er. „Die Hütte hat 48 Schlafplätze. 20 Plätze brauchen unsere Arbeiter, ein Zimmer mit acht Plätzen ist mit Werkzeug belegt.“Die Geburt einer kuriosen Wohngemeinschaft: der Wirt und sein Bruder aus der Küche, zwei Frauen vom Service und die Arbeiter vom Bau. Einen gesamten Sommer zusammen allein im hochalpinen Gelände – „da sollte man sich schon verstehen“, sagt Weissteiner. Das sei aber kein Problem: „Das sind ganz lustige Leute. Wichtig ist nur, dass die Männer schnell was zu essen bekommen“, lacht er. „Am Abend reden sie dann über die Arbeit. Und wir reden ein bisschen blöd mit.“Hütte wird ausgeschrieben: „Blicken nicht durch“Gefertigt aus Beton, verkleidet mit Holz und insgesamt mit rund 20 Schlafplätzen mehr soll die neue Edelrauthütte dann im Sommer 2016 öffnen. Aus alt mach neu: So soll die neue Edelrauthütte aussehen. Ob Weissteiner sie dann noch leiten wird, steht heute nicht fest. Die Führung der Edelrauthütte wird im Herbst nach neuen Kriterien ausgeschrieben. Wie genau die aussehen, weiß bisher niemand so genau.„Wir blicken nicht so ganz durch“, sagt Weissteiner deshalb. „Solange die Ausschreibungskriterien nicht feststehen, könnte ich mich weder ärgern noch freuen. Wenn man wüsste, dass man am Ende die Hütte nicht mehr bekommt, würde man sich schon überlegen, ob man sich das Alles überhaupt antut.“ Die neue Hütte von der Weißzintseite gesehen - Foto: Screenshot/Facebook Die neue Hütte von Lappach aus gesehen - Foto: Screenshot/Facebook Die neue Hütte von der Pfunderer Seite aus gesehen - Foto: Screenshot/Facebookpg