<BR />Vergangene Woche saßen rund 60 Zuschauerinnen und Zuschauer aus Nordtirol auf der vollbesetzten Tribüne – ein deutliches Zeichen dafür, wie sehr das Stück über regionale Grenzen hinaus Anklang findet. Auch für die kommenden Vorstellungen haben sich zahlreiche Besucher aus Nord- und Osttirol angemeldet.<BR /><BR />Das Schauspiel „Der große Aufbruch“, das heuer auf der Freilichtbühne der Meraner Festspiele gezeigt wird, ist bereits die achte Uraufführung in Folge. Das gibt es bei keinem anderen Freilichttheater in der gesamten Europaregion Tirol und wahrscheinlich auch weit darüber hinaus. Dieses Alleinstellungsmerkmal der Meraner Festspiele scheint einen Nerv zu treffen, anders ist das Interesse der Menschen in Nord-, Ost- und Südtiroler nicht zu erklären.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1189575_image" /></div> <BR />In diesen Stücken geht es um historische Authentizität, politische Aktualität und künstlerischer Kraft, die in den Schauspielen der Meraner Festspiele jedes Jahr ganz unmittelbar sichtbar werden. Das 18-köpfige Ensemble mit Schauspieler aus Süd-, Nord- und Osttirol zeigt uns die Geschichte von Michael Gaismair aus dem Jahr 1525 so, dass sie uns heute berührt und aufrüttelt.<h3> Theater das Menschen bewegt und begeistert</h3>Ein besonders berührender Moment ist das Schlussbild, wenn der gesamte Weinberg hinter der Bühne zu leuchten beginnt und dem Publikum mit Fackeln und Rufen aus der Ferne der Eindruck vermittelt wird, als zöge Michael Gaismair mit seinen Getreuen über die Berge nach Salzburg, um den dortigen Bauern zu helfen, wie das im Jahr 1525 tatsächlich geschah. Das ist ein Bild, das nirgends sonst in einer Freilichtaufführung zu sehen ist und sehr viele im Publikum geradezu mit einer Gänsehaut zurücklässt.<BR /><BR />Mit diesem Gesamtkunstwerk haben die Meraner Festspiele erneut bewiesen, dass mutiges, ehrliches Theater nicht nur möglich ist, sondern auch Menschen bewegt und begeistert – und das nicht nur in unserem Land, sondern weit über Südtirol hinaus.<h3> „Wir leben wieder in einer Zeit des Umbruchs“</h3>Regisseur Pepi Pittl und der bekannte Tiroler Dramatiker Luis Zagler über die Uraufführung des Schauspiels.<BR /><BR /><b>Herr Pittl, Sie haben bereits bei vielen Freilichttheatern in Nordtirol inszeniert. Was reizt Sie an dieser Freilichtproduktion in Meran?</b><BR />Pepi Pittl: Vor allem die Aktualität des Stoffs. Luis Zagler erzählt nicht bloß Historie, sondern durchleuchtet gesellschaftliche Mechanismen. „Bauern, die gezwungen sind, ihren Grund zu verkaufen, während die industrielle Lebensmittelproduktion immer weiter voranschreitet“ – das ist nur einer der Bezüge zu unserer Gegenwart in diesem Stück. Was mich fasziniert, ist dieser Brückenschlag zwischen Vergangenheit und Gegenwart.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1189578_image" /></div> <BR /><b><BR />Und für Sie, Herr Zagler – was war der Ausgangspunkt für dieses Stück?</b><BR />Luis Zagler: Als ich begonnen habe, mich in die Geschichte einzulesen, habe ich sofort gemerkt, was für ein großartiger Stoff für die Bühne darin steckt. Ich hab gewusst: Das ist mein Thema. Die Personen, allen voran Michael Gaismair, haben mich regelrecht „gefunden“. Das ist vielleicht tatsächlich so, wie Friedrich Schiller sagt: „Nicht der Autor sucht das Thema, sondern das Thema sucht den Autor.“<BR /><BR /><b><BR />Es geht um aufständische Bauern und um Verfolgung von anders Denkenden – wie viel davon ist Fiktion, wie viel historische Wahrheit?</b><BR />Luis Zagler: Ich wollte zeigen, „was wirklich geschehen ist, jenseits der überlieferten Versionen“, wie Pepi Pittl es einmal sehr treffend formuliert hat. Es geht um die Täuferbewegung, um Frauen wie Katharina Hutter und es geht um Szenen, die mich bereits beim Schreiben selbst tief berührt haben.<BR /><BR />Pepi Pittl: Diese Wahrhaftigkeit des Textes hat auch mich sofort gepackt. Luis Zagler schreibt mit einer erzählerischen Kraft, die ich sonst nur von Felix Mitterer kenne – und ich habe mit beiden gearbeitet. Es ist mir wichtig, diese Tiefe in der Inszenierung spürbar zu machen.<BR /><BR /><b>Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit zwischen Ihnen beiden?</b><BR />Pepi Pittl: Eng und intensiv. Wir stehen praktisch täglich im Austausch. Es ist selten, dass ein Autor so offen für Rückkopplung ist, ohne dabei seine Vision aus den Augen zu verlieren.<BR /><BR />Luis Zagler: Das funktioniert nur, weil wir uns in vielen Dingen sehr ähnlich sind. Pepi bringt ein großes Gespür für die gesellschaftliche Relevanz mit, ohne die künstlerische Dimension zu vernachlässigen. Wir wollen beide ein Theater, das bewegt, das die Menschen aufrüttelt und nachdenklich macht.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1189581_image" /></div> <BR /><BR /><b>Das klingt nach mehr als einem historischen Drama?</b><BR />Luis Zagler: Ist es auch. „Wir leben in einer Zeit des Umbruchs“ – das war zurzeit von Michael Gaismair nicht anders. Damals waren es die Reformation, die Erfindung des Buchdrucks und die große Armut der Bevölkerung; heute sind es KI, Globalisierung, soziale Spaltungen und vieles andere. Hinzu kommt: ich bin meiner Zeit oft tatsächlich weit voraus. Deshalb sind viele meiner Stücke heute aktueller als zu der Zeit, als sie entstanden sind.<BR /><BR />Pepi Pittl: Genau darum geht es auch auf der Bühne. Theater muss „Bezüge zur Gegenwart herstellen“. Das sehe ich genauso. Die Frage ist: Wohin steuert unsere Gesellschaft? Wenn das Publikum diese Frage nach der Vorstellung mitnimmt, haben wir viel erreicht.<BR /><BR /><BR /><b>Das Stück ist Teil der „Initiative für Ur- und Erstaufführungen“. Was bedeutet das für Sie?</b><BR />Pepi Pittl: Für mich ist es ein Glücksfall. Eine Uraufführung bedeutet Verantwortung – aber auch Freiheit. Ich darf einer Geschichte zum ersten Mal eine Bühne geben. Das ist selten. Ich komme aus einfachen Verhältnissen, und ich habe nie vergessen, was es heißt, Teil einer bedeutenden Produktion zu sein. Die Meraner Festspiele sind mittlerweile ein Ort solcher Produktionen geworden.<BR /><BR />Luis Zagler: Als 2017 die Uraufführung des Schauspiels „Die Verfolgten“ mit großem Erfolg über die Bühne ging, hatte ich wirklich nicht damit gerechnet, dass dieser Uraufführung durch die Gründung der Meraner Festspiele weitere 8 Uraufführungen folgen werden. Tatsächlich ist das heurige Schauspiel aber die 8. Uraufführung in Folge, die bei den Meraner Festspielen von mir gezeigt wird. Das gibt es auf keiner anderen Freilichtbühne in unserem Land und wahrscheinlich auch weit darüber hinaus. Dass alle diese Uraufführungen ein großer Erfolg geworden ist, ist fast schon nicht zu glauben.<BR /><BR /><b>Musik spielt in Ihren Stücken immer eine große Rolle, auch diesmal?<BR /></b>Luis Zagler: Musik ist in allen meinen Stücken ein ganz wesentlicher Teil der Aufführungen. Im Grunde sollte jede Aufführung eine Art von Gesamtkunstwerk sein, indem Schauspiel, Musik, Kostüme und Maske zu einem Gesamterlebnis werden. Musik spielt hierbei eine ganz besondere Rolle. Die ist im Text auch bereits zwingend vorgegeben. Das hängt auch damit zusammen, dass ich habe mich viele Jahre mit Shakespeare auseinandergesetzt und über ihn auch meine Dissertation geschrieben habe. Musik spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle. <BR /><BR /><b>Abschließend: Was wünschen Sie sich für den Sommer 2025?</b><BR />Pepi Pittl: Ausverkaufte Vorstellungen und keinen Regen.<BR /><BR />Luis Zagler: Ich wünsche mir ein Publikum aus Nord-, Ost- und Südtirol, das mit großer Begeisterung und Freude beginnt, die Zusammenhänge zu erkennen zwischen dem, was wir aus unserer Geschichte kennen, und dem, was wir heute erleben.<h3>Aufführungen bis 22. Juli</h3>Gespielt wird noch bis einschließlich 22. Juli 2025 auf dem Festspielareal oberhalb der Gärten von Schloss Trauttmansdorff. Platzreservierungen entweder telefonisch über 0473 428 388, per E-Mail info@meranerfestspiele.com oder direkt über die Webseite <a href="https://www.meranerfestspiele.com/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.meranerfestspiele.com.</a>