<b> Herr Fiung, viele freuen sich auf die Ferien – aber nicht alle erleben diese Zeit als erholsam. Warum kann gerade die Urlaubszeit für Paare auch herausfordernd sein?</b><BR />Toni Fiung: Im Alltag hat jeder seine festen Abläufe – Arbeit, Kinder, Haushalt. Wenn das wegfällt, wie in den Ferien, sind wir plötzlich viel mehr aufeinander zurückgeworfen. Das kann schön sein – aber es bringt auch Spannungen zutage. Man ist rund um die Uhr beisammen, ohne „Fluchtmöglichkeiten“. Wer dann nicht bewusst auf Nähe und Austausch achtet, landet schnell im Nebeneinander statt im Miteinander.<BR /><BR /><b>Klingt ernüchternd. Ist Urlaub also gar nicht so romantisch, wie sich das viele vorstellen?</b><BR />Fiung: Doch, das kann er schon sein – aber Romantik kommt nicht von allein. Urlaub ist keine Garantie für Harmonie. Er ist vielmehr eine Einladung: sich füreinander Zeit zu nehmen und einander neu zu begegnen. Wer sich darauf einlässt, kann die Beziehung vertiefen. Aber das braucht Bewusstheit. Sonst stehen sich zwei gestresste Menschen gegenüber, die plötzlich auch noch ihre unterschiedlichen Vorstellungen von Entspannung aushandeln müssen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-70352799_quote" /><BR /><b><BR />Was hilft Paaren dabei, Ferienzeit wirklich auch als Paarzeit zu erleben?</b><BR />Fiung: Erstens: Reden. Klingt banal, ist aber entscheidend. Vor dem Urlaub sollte man sich ehrlich austauschen – über Wünsche, Erwartungen, Bedürfnisse. Die eine will ausschlafen, der andere wandern. Wenn das unausgesprochen bleibt, sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Zweitens: Freiräume zulassen. Man muss nicht alles gemeinsam machen. Auch im Urlaub darf jede und jeder mal etwas für sich tun. Und drittens: bewusste Gemeinsamkeit schaffen. Abendessen zu zweit, ein Spaziergang, ein gutes Gespräch, gemeinsame Erlebnisse – das sind die kleinen Dinge, die verbinden und guttun können.<BR /><BR /><b> Gibt es Ihrer Erfahrung nach für Paare typische Streitpunkte im Urlaub?</b><BR />Fiung: Ja, ganz klassisch: unterschiedliche Erwartungen, das Gefühl von Ungerechtigkeit bei der Kinderbetreuung, Stress durch zu viele Aktivitäten oder auch zu hohe Erwartungen an die gemeinsame Zeit. Viele hoffen, dass im Urlaub alles wieder gut wird – aber ungelöste Themen aus dem Alltag verschwinden nicht mit dem Koffer. Im Gegenteil, sie kommen oft erst dann richtig zum Vorschein.<BR /><BR /><BR /><b>Und was raten Sie Paaren, bei denen die Spannung im Urlaub eher steigt als sinkt?</b><BR />Fiung: Wichtig ist, rechtzeitig die Situation oder die Stimmung anzusprechen. Manchmal hilft es schon, kurz Abstand zu nehmen und zu sagen: „Ich glaube, wir verrennen uns gerade. Wollen wir mal kurz durchatmen?“ Und wenn es im Urlaub gar nicht gelingt, dann sollte man sich nachher Zeit nehmen, anzusprechen: Was war los? Was hat uns gefehlt? Was hat funktioniert? Beziehung heißt ja nicht, dass immer alles perfekt ist. Aber dass man im Gespräch bleibt – auch wenn’s mal kracht.<BR /><BR /><b>Gibt es eine Übung, die Sie Paaren für die Urlaubszeit empfehlen?</b><BR /> Fiung: Ja – eine ganz einfache: Jeder schreibt vor dem Urlaub auf, was er oder sie sich wünscht. Danach tauscht man sich aus. Schon das kann Aha-Momente bringen. Und dann gemeinsam überlegen: Wie schaffen wir es, dass beide zu ihrer Kost kommen – als Einzelne und als Paar? Das stärkt nicht nur die Ferien, sondern auch die Beziehung darüber hinaus.<BR /><BR /><b>Haben Sie einen ganz persönlichen Tipp für gelungene Paarzeit im Urlaub?</b><BR /> Fiung: Ja. Weniger planen, mehr da sein. Die schönsten Momente entstehen oft nicht im perfekten Programm, sondern im Unerwarteten: beim gemeinsamen Staunen, Lachen, Loslassen. Und vielleicht auch einfach mal zu sagen: „Ich bin froh, dass es dich gibt.“ Das tut gut – im Alltag und im Urlaub.