„Nichts ist schlimmer als die Ungewissheit. Nichts erschreckender. Nichts unerträglicher“, schreibt Irina Lino.<BR /><BR />Es gibt Geschichten, die das Leben schreibt. Geschichten, die so traurig sind, dass man ihnen nicht einmal in Gedanken nahe kommen möchte. Geschichten, die jene Ängste nähren, die man nicht zu Ende denken kann, die man nicht zu Ende denken will. <BR /><BR />Das ist so eine Geschichte. Das Mädchen… Eine 19-jährige Studentin aus Lana mit wilder, schulterlanger Mähne und einem fein geschnittenen Gesicht. 32 Jahre lang war sie verschollen. Jetzt hat sich der Kreis geschlossen und einen (angeblichen) Selbstmord in Spanien mit der italienischen Vermisstenanzeige von damals in Verbindung gebracht.<BR /><BR /> Am 3. September 1990 hat Evi Rauter die Studentenwohnung ihrer Schwester in Florenz verlassen, einen Tag später wird eine junge Frau erhängt in der katalanischen Grenzstadt Portbou gefunden – ohne Vergangenheit, ohne Namen, ohne Papiere. Begraben und vergessen, weil sie dort niemand kennt. „Für uns ist es 100-prozentig Evi“, sagt Schwester Christine beim „Dolomiten“-Interview. <BR /><BR />Ich wünsche allen, die seit 32 Jahren beten, hoffen, verzweifeln, am Boden liegen und irgendwie wieder aufstehen, dass es so ist! Wie lebt man, wie leben diese armen, armen Eltern ein Leben in der Ungewissheit, WAS mit dem geliebten Kind passiert ist? Wie bringt man diese quälenden Gedanken zum Stillstand, wie die fürchterlichen Bilder aus dem Kopf? Die Qualen, die diese Familie durchlitten hat… <BR /><BR />Es muss die Hölle sein auf Erden! WARUM – hämmernd im Rhythmus des Herzschlags wie ein flehendes Gebet ohne Widerhall. Nichts ist schlimmer als die Ungewissheit. Nichts erschreckender. Nichts unerträglicher. <BR /><BR />Bald werden Forensiker Gewissheit schaffen. Mögen alle, die Evi Rauter geliebt haben, mit ihrem bestätigten Tod ein klein wenig Ruhe finden – um Abschied zu nehmen, um zu trauern und… um vielleicht irgendwann den dumpfen Schmerz in kostbare Erinnerung zu verwandeln.<BR />