„Es geht uns darum, anzuregen, über Sprache nachzudenken. Das ist uns glaube ich gelungen“, so Monika Obrist von der Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut.Vorwiegend per Mail, aber auch mittel eigens verteilte Kärtchen wurden in den vergangenen Wochen rund 500 Vorschläge in Deutsch, Italienisch und Ladinisch eingesendet. Aus allen vorgeschlagenen Wörtern und Unwörtern des Jahres hat eine Fachjury die markantesten Begriffe des Jahres 2009 in Südtirol ausgewählt. Das Wort des Jahres 2009 ist „Volksabstimmung". „Hier haben wir uns ziemlich stark nach der Häufigkeit der eingesendeten Wörter gerichtet“, erklärte Christoph Nickenig vom Sprachzentrum der Universität Bozen. Außerdem seien zahlreiche ähnliche Wörter eingesendet worden, wie etwa „Quorum“, „direkte Demokratie“ oder der Ausspruch „Ich geh nicht hin“.Zum deutschen Unwort des Jahres wurde „“scudo fiscale / Steuerschutzschild“ gekürt. „Es ist eine typische Erscheinung: ein Euphemismus“, so Nickenig. Das Wort sei beschönigend und verschleiernd. Ins Deutsche sei der „scudo“ etwas unbeholfen übersetzt worden und genauso beschönigend, bedenke man, was es mit diesem Schutzschild wirklich auf sich habe. Im Italienischen fiel die Entscheidung für das Wort des Jahres auf „badante“. Natascia Ralli vom EURAC-Instituts für Fachkommunikation und Mehrsprachigkeit sprach von einem „Schlüsselwort“, das im vergangenen Jahr die öffentliche Diskussion geprägt habe.Unwort des Jahres 2009 ist „killeraggio“. „Es ist eine unglückliche Mischung aus dem englischen ‚killer‘ und der italienischen Endung ‚-aggio‘“. Das Wort sei Ausdruck der verbalen Härte in der italienischen Politik und den Medien, der etwa Benigni oder Berlusconi zum Opfer gefallen seien.Bei den Ladinern stand 2009 das Dolomiten-Weltnaturerbe im Mittelpunkt. So wurde auch das Wort „arpejon dl' umanité" (Weltnaturerbe) zum Wort des Jahres gewählt. „Es lenkt die Aufmerksamkeit nicht nur auf das Territorium – die Dolomiten, sondern auch auf die Sprache, die in diesem Territorium gesprochen wird“, betonte Paul Videsott, von der ladinischen Abteilung der Universität Bozen.Die „senta a rotazion" (rotierender Sitz) wurde das ladinische Unwort 2009. „Die Bezeichnung verschleiernd, dass der Sitz der Stiftung um Ladinien herumkreist anstatt in Ladinien zu sein“, so Videsott.Neu ab 2010: Der Ausspruch des JahresZum 5. Geburtstag blickten die Organisatoren – über Wort/Unwort entscheiden die Freie Universität Bozen, die Europäische Akademie, die Sprachstelle im Südtiroler Kulturinstitut und die Landesbibliothek Dr. Friedrich Teßmann – auch ein wenig in die Vergangenheit.Noch vor fünf Jahren habe es viel Skepsis gegenüber dem Projekt gegeben, so Obrist. „Wir merken aber einen kontinuierlichen Zuspruch der Bevölkerung“.Für 2010 ist gar eine Neuerung geplant: Gesucht wird neben dem Wort und Unwort auch der „Ausspruch des Jahres“. Hier sind wohl vor allem Politiker gefragt, wenn es darum geht, markante Zitate zu liefern.Einsendungen größtenteils in Deutsch Die Wörter- und Unwörter des Jahres wurden seit Herbst 2009 gesammelt. Dabei gingen – wie auch in den vergangenen Jahren – die meisten Sendungen für die deutsche Sprachgruppe ein. Weniger gab es in italienischer, am wenigsten, nämlich rund 30, in ladinischer Sprache.„Das liegt daran, dass das Konzept des Wort und Unwortes vor allem im italienischen Sprachraum immer noch sehr unbekannt ist“, erklärte Monika Obrist. Allerdings würden immer mehr italienische Bürger mitmachen.Als Wörter des Jahres kommen Begriffe in Betracht, welche die öffentliche Diskussion, aber auch die Stammtischgespräche im Lande im Jahr 2009 geprägt haben. Manchmal sind es sogar Begriffe, die neu geschaffen wurden oder erst heuer in den allgemeinen Sprachschatz übergegangen sind. Unwörter des Jahres hingegen sind sprachliche Missgriffe, Wörter, die sich als unangemessen, beschönigend, verschleiernd oder gar menschenverachtend herausgestellt haben. Barbara Raich