Es war genau an seinem 26. Geburtstag. Hier die Chronologie und ein Interview mit jenem Mann, der Bergamos letztes Opfer blutüberströmt auf der Straße liegend fand.<BR /><BR /><b>Mit 18 der erste Mord an jungem Mädchen</b><BR /><BR />Am 3. Jänner 1985 lernt der damals 18-Jährige die 15-jährige Marcella Casagrande kennen. Sie sind Nachbarn. Er folgt ihr nach Hause. Dort tötet er sie, dann schneidet er ihr die Kehle durch. Danach geht er zum Nachmittagskaffee mit seinen Eltern – wie jeden Tag. <BR /><BR />Marcella Casagrande wohnte im Bozner Mariaheimweg 30, ihr Mörder Marco Bergamo im Mariaheimweg 72. <BR /><BR />Der Mordfall hatte 1985 Bozen erschüttert: Das Mädchen wurde innerhalb einer halben Stunde ermordet. Um 15.30 Uhr hatte Casagrande noch mit ihrer besten Freundin Katia telefoniert. Dann klingelte es an der Tür – es war der Mörder. Ihr zerschundener Körper wurde von ihrer Mutter, einer Kindergärtnerin, aufgefunden. Die Untersuchungen liefen jahrelang in die falsche Richtung. Der Freundes- und Bekanntenkreis wurde befragt: Marcella hätte einem Fremden nie die Tür geöffnet. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796175_image" /></div> <BR /><BR />Doch es ergab sich ein anders Bild: Der unbekannte Mörder hatte das Mädchen auf dem Nachhauseweg verfolgt. Sie hatte bei ihren Großeltern zu Mittag gegessen. Dann klingelte er unverfroren und erstach sie mit 21 Messerstichen im Flur der eigenen Wohnung. Auch 7 Jahre danach hatten Familie und Polizei die Hoffnung auf Gerechtigkeit nicht aufgegeben. Der Fall wurde wegen seiner Ähnlichkeiten zu den 3 Morden von 1992 wieder aufgenommen.<BR /><BR /><b>Annamaria Cipolletti ist Bergamos 2. Opfer</b><BR /><BR />Am 26. Juni 1985 finden Polizeibeamte die Leiche der pensionierten Lehrerin und Prostituierten Annamaria Cipolletti. Auch sie wurde erstochen. Die 42-Jährige wurde von ihren Freiern Mirella genannt. Ermordet wurde sie in ihrer Wohnung in der Brennerstraße 28 E.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796178_image" /></div> <BR /><BR />Die nackte, verkehrt auf dem Bett liegende Leiche fand ihr Sohn 2 Tage später. Auch sie wurde erstochen: 12 bewusste, gleichmäßig tiefe Stiche mit einem 8 Zentimeter langen, gezackten Messer. 11 Stiche im Brustbereich, einer von hinten in den Rücken. Da steckte Absicht dahinter. <BR /><BR />Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass der Mörder ein altbekannter Freier gewesen sei. Das Vorgehen ähnelte in weiten Teilen dem Casagrande-Mord, doch Opfer und Umfeld hätten unterschiedlicher nicht sein können. Die Polizei suchte nach Schnittpunkten, fand aber keine. Die Polizei vernahm Freunde, Familie und regelmäßige Freier. Einzige Spur des Mörders war ein blutbeschmiertes Handtuch in der Wohnung des Opfers: Er hatte sich nach der Tat die Hände gewaschen.<BR /><BR />Wenige Tage nach diesem zweiten Mord muss Bergamo zum Wehrdienst. In den Folgejahren ist er auch im Ausland: Bergamo wird später mit Mordvorwürfen konfrontiert, aber bewiesen werden kann nichts.<BR /><BR /><b>3. Opfer ist Renate Rauch</b><BR /><BR />Zur nächsten Bluttat kommt es am 7. Jänner 1992. Bergamo fährt vom Skiurlaub mit seinen Eltern in Vals eigens nach Bozen zurück. Dort ersticht er Renate Rauch auf dem Parkplatz hinter der Tankstelle an der Rittner Straße.<BR /><BR />Renate Rauch war 24 Jahre alt, drogenabhängig und eine Prostituierte. Sie lebte in Zwölfmalgreien und wurde am Abend des 7. Jänner 1992 mit 24 Messerhieben erstochen. Ermordet wurde sie im Auto des Täters. Ihr Körper wurde beim Parkplatz der Rittner Seilbahn in Bozen gefunden. <BR /><BR />Andere Prostituierte erinnerten sich an einen blonden Mann im roten Auto. Der Mörder hatte ihre Handtasche und mehrere Tagebücher mitgenommen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796181_image" /></div> <BR /><BR />Staatsanwalt Paul Ranzi rief die Bevölkerung zur Mithilfe auf. Die Prostituierten von Bozen setzten ein Kopfgeld von 10 Millionen Lire auf den Mörder aus. Eine Fernsehshow wollte den Fall aufdecken. Doch alle Spuren verloren sich im Sand. Erst mit Bergamos Festnahme im August 1992 wurde der Fall aufgeklärt: Die Ähnlichkeiten zwischen den Fällen waren offensichtlich. <BR /><BR />Nach dem Mord tauchte ein Brief auf, der auf dem Grab des Opfers gefunden wurde: „Es tut mir leid, aber was ich getan habe musste getan werden und das weißt du“ , schrieb – wie später bewiesen wurde – der Täter und unterschrieb. In Bergamos Wohnung fand die Polizei später eine Jacke mit Rauchs Blut. In den Verhören von Staatsanwalt Guido Rispoli gestand Bergamo dann auch diesen Mord.<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><BR /><b>Mord 4: Renate Troger</b><BR /><BR />Am 21.März 1992 wird der nächste Mordfall bekannt. Renate Troger aus Milland wird tot bei Atzwang aufgefunden. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796184_image" /></div> <BR />Bis 5.20 Uhr des Samstag, 21. März 1992 war die Millanderin Renate Troger noch am Leben. Ein Zeuge schwörte, er habe Troger am Samstagmorgen in Jeans, roten Turnschuhen und einer roten Schleife im Haar in der Nähe des Bozner Bahnhofs gesehen. Sie wollte per Anhalter nach Hause fahren. <BR /><BR />Freunde versicherten, dass es sicherlich die 19-jährige Renate Troger war: Sie war oft per Anhalter unterwegs. Sie wurde um 6.40 Uhr auf dem Parkplatz beim Gasthof Törggele in Atzwang gefunden – mit 15 Stichen in ihrem Oberkörper. Sie hatte noch alle Kleider an. An ihrem Hals fand man Male: Der Mörder hatte sie gewürgt, bevor er sie erstach.<BR /><BR />Monatelang gab es keine Spur zu einem möglichen Täter. Doch als Bergamo die Morde an Zorzi und Rauch gestand, sah die Polizei die Zusammenhänge zwischen den 3 Fällen: Alle 3 Frauen waren jung, waren oft in der Gegend von Zwölfmalgreien/Bozner Boden unterwegs und alle 3 wurden erstochen.<BR /><BR />Doch das Indiz, das diesen Mord mit Bergamo verband, war ein rot-weißes Seil, das in Bergamos Auto gefunden wurde. Es wurde zum Würgen von Renate Troger benutzt.<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><BR /><b>Der letzte Mord</b><BR /><BR />Am 6. August 1992, an Bergamos 26. Geburtstag, kommt es schließlich zur letzten Bluttat. Marika Zorzi aus Leifers war 19 Jahre alt, als sie in der Nacht auf den 6. August 1992 erstochen wurde. Bergamo hatte sie auf der Kohlerer Straße aus dem Auto geworfen und war geflüchtet. Zorzi war drogenabhängig. Mit der Prostitution finanzierte sie ihre Sucht. Am Abend des 5. August 1992 war sie auf dem Strich in der Rittner Straße. Bergamo war ihr letzter Freier.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796187_image" /></div> <BR /><BR /> Die junge Frau wurde mit 26 Messerstichen ermordet. Sie kämpfte noch verzweifelt gegen ihren größeren und stärkeren Angreifer. Ihre Wunden bewiesen es. Sie verblutete schließlich, auf der Landstraße liegend. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796190_image" /></div> <BR /><BR />F.G. fand in der Nacht auf den 6. August 1992 die Leiche von Marika Zorzi auf der Kohlerer Straße. Er erinnert sich: <i>„Eine schwangere Kampennerin war auf dem Nachhauseweg, als Bergamo sein Opfer aus dem Auto warf. Beim Umdrehen fuhr er fast mit ihr zusammen. Sie dachte, dass jemand angefahren worden war, hatte Angst und hielt nicht an. Es war spät am Abend. Sie klingelte bei mir und bat mich nachzuschauen. Bei der ersten Kurve lag eine Frau – mit dem Gesicht nach unten. Es war ein furchtbarer Anblick. Überall waren Stiche – besonders in der Halsregion. Später hab ich dann gelesen, dass keiner der Stiche tödlich war. Sie ist dort auf der Straße verblutet. So viele Messerstiche kann man nicht überleben, sie war sicher tot, als ich sie gefunden habe. Im ersten Moment dachte ich, mir würde schwindlig werden. Danach rief ich gleich die Polizei an. Die junge Frau aus Kampenn konnte sich wegen des Beinahe-Unfalls an Bergamos rotes Auto und 3 Ziffern seines Kennzeichens erinnern. Damit konnte er dann überführt werden.“</i><BR /><BR /><b>Bergamo wird festgenommen</b><BR /><BR />Schon am Morgen danach, kurz vor 7 Uhr, hielt die Polizei das Auto in der Volta Straße – kurz vor der Autobahneinfahrt an. Am Steuer saß Marco Bergamo, 26 Jahre alt, mit festem Job als Tischler: Auf den ersten Blick kein Verdächtiger, doch im Kofferraum des Wagens fand die Polizei blutverschmierte Kleider. Bergamo war nur mehr wenige hundert Meter von der Brennerautobahn und einer Flucht entfernt. Beim Verhör gestand er sofort.<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright><BR />Erst nach seiner Verhaftung konnten Parallelen zwischen den Morden hergestellt werden - der Modus operandi lässt die Ermittler auf Marco Bergamo kommen. Letztlich verrät ihn ein Abschiedsbrief auf Rauchs Grab: Es ist seine Handschrift, er gesteht. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796193_image" /></div> <BR /><BR />Seitdem saß er im Gefängnis. Ein Antrag auf ein reduziertes Strafmaß wurde 2014 abgewiesen. Alle Gutachter befanden ihn für lebenslänglich gefährlich. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="796196_image" /></div> <BR /><BR />Am 17. November 2017 erlag Marco Bergamo 51-jährig nach einigen Tagen im künstlichen Koma in einem Krankenhaus bei Mailand einer schweren Lungeninfektion.