Es ist die Geschichte einer Katastrophe, aber auch von riesig viel Glück: Heute vor 70 Jahren, am 13. Februar 1951, riss eine Lawine den Bacherhof in St. Leonhard über Brixen in die Tiefe. Wie durch ein Wunder gab es keine Todesopfer.<BR /><BR /><BR /><i>Von Andreas Piok</i><BR /><BR /><BR />„Vater, gehen wir“, hatte der Bacher-Seppl seinen Vater am späten Nachmittag des 13. Februar 1951 immer wieder gebettelt. Starker Schneeregen in St. Leonhard, dichter Schneefall auf der Ochsenalm, wer will bei diesem Wetter schon aus dem Haus? Seppl gab keine Ruhe. „Bitte, bitte, gehen wir.“ Schließlich gab der Vater dem inständigen Drängen des Vierjährigen nach. <BR /><BR />Die Familie Bacher packte die notwendigsten Sachen zusammen und begab sich zum Plansolerhof, um dort die Nacht zu verbringen. In diesem besonders <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/tage-des-schreckens-die-weisse-katastrophe-vor-70-jahren" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">schneereichen Winter mit vielen Lawinenkatastrophen</a> hatte die Familie schon öfters das Haus verlassen und in der Nachbarschaft die Nacht verbracht.<BR /><BR />Die beiden Brüder des Hofbesitzers Engelbert und Franz Gostner hingegen glaubten nie und nimmer an einen Lawinenabgang und weigerten sich stets, ihr Heimathaus auch nur zeitweilig zu verlassen. An diesem Abend half der Ältere der beiden, der Bacher-Engl, die notwendigen Sachen der Familie zum Plansoler zu tragen. Er begann dort, Karten zu spielen, und brach zu später Stunde auf, um seinem Heimathaus zuzusteuern. Wegen des miserablen Wetters kehrte er aber um, legte sich beim Plansoler auf die Ofenbank und schlief dort ein. <BR /><BR /><b>Enormer Sachschaden</b><BR /><BR />Der zweite Bruder, der Bacher-Franz, hatte sich in Brixen aufgehalten und ging gegen Mitternacht zu Fuß über Karnol auf sein Heimathaus zu. Schrecken und Entsetzen überkamen ihn, als ihm in Burgstall ein ungeheurer Schneeberg den Weg versperrte. Er kämpfte sich durch die angehäuften Schneemassen, schlug beim Plansoler Alarm, da er annahm, dass sein Bruder Engelbert in den Schneemassen begraben sei. Oder könnte sogar die gesamte Familie noch im Haus gewesen sein? Gott sei Dank, alle waren in Sicherheit.<BR /><BR />Der Sachschaden war enorm: Wohn- und Wirtschaftsgebäude des Bacherhofes mit allen Tieren, die Gostnersäge, das Mauerwerk der Aichner- und der Plansolermühle, die Nussbaumermühle und die Luggerermühle sowie mehr als 2000 Kubikmeter Holz waren mitgerissen worden. Längs des Kirchbaches, abwechselnd links und rechts hochsteigend, bot sich ein Bild der Verwüstung. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="613871_image" /></div> Der Schneeberg war so hoch, dass dieser den ganzen Sommer über nicht schmolz. Mit einem Wasserstrahl wurde der Schnee auf rund drei Meter Breite so lange begossen, bis ein Durchgang durch die meterhohen Schneewände frei wurde. Erst im August des Jahres 1952 schmolz der letzte Schnee, der von der Lawine angehäuft worden war.<BR /><BR />Die Lawine war knapp oberhalb der Baumgrenze auf der Ochsenalm auf rund 1000 Metern herabgedonnert. Der dichte Wald hatte den entfesselten Naturgewalten keinen Halt geboten. Der Kirchgraben war kahl abrasiert. Gesunde, dicke Baumstämme wurden wie Zündhölzer geknickt. „Wohl erst in fünfzig Jahren werden die Wunden der Natur geheilt sein“, so die Meinung der Leute. <BR /><BR />Der Bacherhof wurde in rund 300 Meter Entfernung von der alten Hofstelle an einem vor Lawinen sicheren Ort wieder aufgebaut.<BR /><BR />aus: Reimmichls Volkskalender 2021<BR />