Nach mehr als 35 Jahren im Haflinger Gemeinderat – davon 2 Jahrzehnte als Referent und zuletzt knapp 10 Jahre als Bürgermeister – hat Andreas Peer einen Schlussstrich unter seine politische Karriere gezogen. Wie ist er in die Haflinger Politik gekommen, warum hat er sie jetzt verlassen? Was sind die Freuden und Sorgen der Gemeindepolitik?<BR /><BR /><i>Interview: Florian Mair</i><BR /><BR /><BR /><b>Wie fühlt es sich an, nicht mehr Bürgermeister von Hafling zu sein?</b><BR />Andreas Peer: Nach so vielen Jahren in der Gemeindepolitik ist es eine große Erleichterung, ausgestiegen zu sein. Es ist aber auch eine bestimmte Leere entstanden. Ein Grund für meine Entscheidung, nicht mehr zu kandidieren, war das Alter: Am Ende dieser neuen Amtsperiode bin ich 77 Jahre alt. Zudem habe ich jetzt mehr Zeit für meine Familie und die Enkel, die in der Vergangenheit zu kurz gekommen sind.<BR /><BR /><b>Sie hätten als Bürgermeister abtreten und trotzdem im Gemeinderat und im Gemeindeausschuss mitarbeiten können?</b><BR />Peer: Ja, das wäre möglich gewesen. Das stand aber nie zur Diskussion, weil es sehr wichtig ist, einen Schlussstrich zu ziehen. <BR /><BR /><b>Wie ist es Ihnen 2015 ergangen, als Ihr Vorgänger Josef Reiterer gegen Sie antrat und für das Bürgermeisteramt kandidierte, nachdem er 2010 bekanntlich mandatsbeschränkt war?</b><BR />Peer: Wie damals die Wahl ausgegangen ist, konnte man nicht vorhersagen. Ich war jedenfalls sehr überrascht, dass ich sie mit einer Zweidrittelmehrheit gewonnen habe. Das hat mich auch beflügelt, sehr aktiv für die Gemeinde Hafling weiterzuarbeiten. Ich finde, dass eine Wahl eine Wahl sein sollte, weshalb es auch in Ordnung war, dass es damals 2 Bürgermeisterkandidaten gab. Bei der diesjährigen Gemeinderatswahl hatte sich hingegen neben Sonja Plank keine zweite Person für eine Kandidatur zur Verfügung gestellt. Und so war es auch in zahlreichen anderen Gemeinden im Land der Fall.<BR /><BR /><b>Entscheidungsspielraum ist kleiner</b><BR /><BR /><b>Obwohl nicht mandatsbeschränkt, haben heuer – so wie Sie – viele Bürgermeister nicht mehr kandidiert: Auf was führen Sie diese Entwicklung zurück?</b><BR />Peer: Was bei den anderen Bürgermeistern zur Entscheidung geführt hat, kann ich nicht sagen. Bei mir waren es mein Alter und die knapp 35,5 Jahre Tätigkeit in der Gemeinde. Und es gibt natürlich auch einige Entwicklungen, die nicht gerade positiv sind: Die Verwaltung ist viel komplexer geworden, die Entscheidungsfreiheit von früher gibt es leider nicht mehr, die finanziellen Spielräume schrumpfen und die Verantwortung der Bürgermeister und der Aufgabenbereich der Gemeinden werden immer größer. Dies alles kann dazu beitragen, dass ein Bürgermeister nicht mehr die vollen 15 Jahre ausschöpfen will. Und heute Erster Bürger zu sein, ist für einen Beamten, einen Lehrer und einen Pensionisten ideal. In anderen Berufen gibt es Unvereinbarkeiten: Wenn jemand beispielsweise eine Baggerfirma hat, ist es für ihn fast unmöglich, sich in der eigenen Gemeinde um Aufträge zu bewerben. Dann gibt es finanzielle Einbußen, die viel größer sind als die Amtsentschädigung eines Bürgermeisters.<BR /><BR /><b>Wie kommt ein gebürtiger Tartscher mit 37 Jahren in den Haflinger Gemeinderat, mit 42 in den Ausschuss und wird dann mit 62 Bürgermeister?</b><BR />Peer: Als ich in den Gemeinderat gewählt wurde, war ich erst seit 5 Jahren in Hafling. Nachdem meine Frau Waltraud eine Haflingerin ist, bin ich hierhergezogen. Und ich habe mich sofort für das Dorfleben interessiert und mich eingebracht. Dann wurde ich gefragt, ob ich für den Gemeinderat kandidieren möchte – und ich erzielte sofort ein sehr gutes Ergebnis. Nach 20 Jahren im Gemeindeausschuss griff bei mir 2010 die Mandatsbeschränkung als Referent. Und wegen dieser Beschränkung durfte damals mein Vorgänger Josef Reiterer eben nicht mehr als Bürgermeister kandidieren. Deshalb wurde ich gefragt, ob ich seine Nachfolge antreten würde. Ich sagte zu und habe dieses Ja niemals bereut. <BR /><BR /><b>Folgen der Wirtschaftskrise</b><BR /><BR /><b>Was konnte unter Ihrer Führung bewegt werden?</b><BR />Peer: In diesen knapp 10,5 Jahren hat die Gemeindeverwaltung einiges umsetzen können: unter anderem den Neubau des Mehrzweckgebäudes, den Zubau zur Schule samt Unterbringung der Bibliothek, die Neugestaltung des Schulpausenhofs mit Bereitstellung der darunterliegenden Autostellplätze, die Errichtung des heutigen Dorfplatzes mit Musikpavillon, die neue Zufahrt zu Pfarrkirche, Schule und Mehrzweckgebäude und die Bushaltestellen beim Kreisverkehr. Auch etwa 80 Prozent des Glasfasernetzes wurden bereits geschaffen. Ein Anliegen waren uns darüber hinaus die schrittweise Verbesserung des ländlichen Wegenetzes und der Trinkwasserversorgung. <BR /><BR /><b>Was ist nicht gelungen, in dieser Zeit umzusetzen?</b><BR />Peer: Der Neubau des Rathauses konnte noch nicht verwirklicht werden. Wir haben aber eine Machbarkeitsstudie ausarbeiten lassen. Und die Verbreiterung des Dorfweges ist aus finanziellen Gründen erst 2021 möglich. <BR /><BR /><b>Gab es auch schlimme Momente und Zeiten?</b><BR />Peer: Die Wirtschaftskrise zwischen 2008 und 2012 sowie die Coronakrise haben für Kopfzerbrechen gesorgt. Die Bautätigkeit ging in der Wirtschaftskrise spürbar zurück – und dann gab es einen Bauboom im Tourismus. <BR /><BR /><embed id="dtext86-47174614_quote" /><BR /><BR /><b>In der knapp 800-Seelen-Gemeinde Hafling gibt es etwa 1350 Gästebetten und 2019 wurden rund 350.000 Nächtigungen verzeichnet. Gibt es ein Limit?</b><BR />Peer: Im Tourismus gab es in Hafling in den vergangenen 8 Jahren viel Bautätigkeit; es sind etwa 400 Betten neu dazugekommen. Es ist sicher vertretbar, den Tourismus weiter wachsen zu lassen, aber nicht in dieser Geschwindigkeit und mit dieser Intensität. Nach einem schneearmen Winter könnte es in einem trockenen Sommer zu Engpässen in der Versorgung mit Trinkwasser kommen, wenn in Zukunft zu viele Betten hinzukommen sollten.<BR /><BR /><b>Stimmt es, dass Sonja Plank eine Ihrer Wunschkandidaten für Ihre Nachfolge war?</b><BR />Peer: Ja. Sie ist seit langer Zeit politisch aktiv und hat schon bald Interesse am Bürgermeisteramt bekundet, nachdem ich bekanntgegeben hatte, für eine Wiederwahl nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Sie ist ruhig, fleißig und kompetent. Plank hat bei der Ausarbeitung des Konzepts, wie sich Hafling weiterentwickeln soll, an vorderster Front mitgearbeitet. Sie weiß also genau Bescheid, wie es weitergehen soll. <BR /><BR /><b>Was machen Sie in Zukunft?</b><BR />Peer: Ich habe einige Hobbys wie Reisen, Wandern und Imkern, die in der Vergangenheit leider viel zu kurz gekommen sind. Viel Zeit will ich meiner Familie widmen. <BR />Interview: Florian Mair<BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR /><BR />