Nach dem Amoklauf an einer Schule in Graz mit elf Todesopfern werden in Österreich Stimmen nach einer Verschärfung des Waffengesetzes laut. „Sowohl das österreichische als auch das italienische Waffengesetz fußen auf EU-Normen und sind ähnlich streng geregelt“, sagt Waffenexperte und Richter a.D. Edoardo Mori. <BR /><BR />Bevor jemand sich eine Waffe zulegen darf, wird er in beiden Ländern sorgfältig auf seine psychische Eignung geprüft. „Doch eine 100-prozentige Garantie, dass jemand nicht irgendwann austicken könnte, hat man nie“, so Dr. Andreas Conca, Psychiatrie-Primar am Bozner Spital.<BR /><BR />„Um zu töten, braucht man nicht unbedingt eine Schusswaffe: In Italien werden 98 Prozent der Delikte mit einem Messer begangen“, weiß Richter Mori. <BR /><BR /> Sowohl in Österreich als auch in Italien sind Schusswaffen genehmigungs- bzw. meldepflichtig, um sie zu besitzen, braucht es eine Waffenbesitzkarte (Österreich) bzw. einen Waffenschein (Italien), um sie mitzuführen, einen Waffenpass. „Am ehesten ein Unterschied zwischen den beiden Ländern ist, dass man in Österreich, wenn man Jäger ist, leichter zu einer Jagdwaffe kommt als in Italien“, so Mori. Das liege u.a. an der langen Tradition der Jagd in Österreich.<BR /><BR /> Laut EU-Norm werden Schusswaffen in beiden Ländern in drei Kategorien unterteilt: A: verbotene Schusswaffen, B: genehmigungspflichtige Schusswaffen und C: meldepflichtige Schusswaffen. Nur der Waffenpass berechtige zum Mitführen einer Waffe, der Waffenschein bzw. die Waffenbesitzkarte reicht nicht aus. „Auch das Sammeln von Waffen ist hierzulande genau geregelt“, so Mori. <BR /><BR />Waffen zum Selbstschutz bzw. zur Selbstverteidigung würden in Italien eher selten genehmigt, weiß er. Man müsse diesen Bedarf genau belegen, z.B. bei einem gefährlichen Beruf oder bei konkreter Bedrohung. <BR /><BR />Sowohl in Italien als auch in Österreich wird von der Polizei vorab kontrolliert, ob ein Antragsteller unbescholten ist, ob er Drogen oder Alkohol konsumiert. Auch steht für genehmigungspflichtige Schusswaffen eine psychologische bzw. psychiatrische Begutachtung an. <h3> Amokschütze hatte Psycho-Test bestanden</h3> Doch wie zuverlässig sind diese Begutachtungen, und wie laufen sie ab? „In der psychiatrischen Ambulanz wird eine umfassende Anamnese durchgeführt. Es wird geschaut, ob eine schwerwiegende psychische Erkrankung vorliegt, ob die betreffende Person möglicherweise Wahnvorstellungen hat oder an einer manisch-depressiven Krankheit leidet. Auch wird abgeklärt, ob eine schwere Persönlichkeitsstörung vorliegt“, sagt der Primar der Psychiatrie im Bozner Krankenhaus, Dr. Andreas Conca. <BR /><BR />In diesen Fällen wäre die Person eine potenzielle Gefährdung für andere und sich selbst. Das negative Gutachten würde an die Waffenkommission der Quästur übermittelt, und der Betroffene würde kein grünes Licht für einen Waffenschein bzw. eine Waffe erhalten. <BR /><BR />Und doch: Der Amokschütze von Graz hatte seine Tatwaffen nicht nur legal erworben und hatte für seine Pistole eine Waffenbesitzkarte – er hatte auch den Psycho-Test erfolgreich bestanden. <BR /><BR />„Psychiater und Psychologen werden zwar darauf gedrillt, gezielt nach Krankheitsbildern und Abweichungen zu suchen, aber obwohl wir Vollprofis sind: Auch wir können etwas übersehen“, räumt Psychiatrie-Primar Dr. Andreas Conca ein. Ein Gutachter könne von einer Person auch belogen oder manipuliert werden. „Diese Menschen können sich meist gut verstellen“, weiß er. <BR /><BR />Und dann gebe es noch Situationsbedingungen, die eine Person, die grundsätzlich weder gewalt- noch konfliktorientiert ist, plötzlich zum Ausrasten bringen können, etwa unter starkem Suchtmitteleinfluss, wodurch auch Wahnvorstellungen ausgelöst werden könnten. „Eine 100-prozentige Garantie, dass jemand nicht irgendwann austicken könnte, hat man leider nie“, resümiert Dr. Conca.