Im Interview begründen der Direktor und der Verwaltungsratspräsident des Öffentlichen Pflegebetriebes ÖBPB „Zum Heiligen Geist“, Christophorus Zöschg und Hansjörg Bergmeister, die Grundtarif-Erhöhung.<BR /><BR /><b>Mit Jänner wurde der Grundtarif für die Unterbringung in ihren Einrichtungen pro Tag um rund 10 Euro erhöht. Für viele Angehörige wiegt diese finanzielle Mehrbelastung schwer. Warum diese Erhöhung?</b><BR />Christophorus Zöschg: Die Erhöhung fußt auf 5 Faktoren: Um die zusätzlichen Personalkosten aufgrund der inflationsbedingten, seit langem notwendigen Gehaltsanpassung zu stemmen, müssen wir künftig 4 Euro vom Grundtarif pro Tag und Heimplatz dafür abtreten. Zudem haben wir Personalausfallkosten. Es stehen große Investitionen im IT-Bereich und der Cybersicherheit sowie bauliche Instandhaltungen an: Das Bürgerheim ist 50 Jahre alt, es gibt immer wieder unvorhersehbare Schäden. Und es fallen die inflationsbedingten Kostensteigerungen ins Gewicht. Wir haben Mehrausgaben von 18,47 Prozent bei den Ankäufen, 22,77 Prozent bei den Gebäudeinstandhaltungen, 31 Prozent bei den diversen Anschlüssen, eine Kostensteigerung von 26 Prozent bei den Dienstleistungen, wie Versicherung, und von 18,73 Prozent bei den Personalausgaben.<BR /><BR />Hansjörg Bergmeister: Der Grundtarif, der bisher von der Provinz gedeckelt war, ist in den vergangenen 10 Jahren nur um rund 13 Prozent erhöht worden – während die Inflationsrate 26,8 betrug. Aber ich möchte weiter ausholen: Das Land hat einen Haushalt von 8 Milliarden Euro und verpflichtet uns trotzdem zu einer Mitfinanzierung der Gehälter. Und obwohl die Gemeinden zum Handkuss kommen, wenn jemand die Heimkosten nicht zahlen kann, hat bis jetzt noch keine beim Land protestiert!<BR /><BR /><b>Digitalisierung, Instandhaltung – muss der Betrieb das alles selber stemmen?</b><BR />Zöschg: Wir erhalten Beiträge, aber den Großteil der Investitionen und die ordentlichen Instandhaltungen müssen wir selber stemmen. Natürlich schauen wir uns beim Erstellen des Haushaltsvoranschlages genau an, was dringlich ist. Wenn uns der Techniker sagt, dass wir die Terrasse sanieren müssen, weil Feuchtigkeit in die Zimmer dringt, dann ist das eine Dringlichkeit. Die Investitionen im IT-Bereich strecken wir auf Jahre. Ein wichtiger Punkt ist, dass wir als öffentlicher Betrieb nicht gewinnorientiert arbeiten, auf eine Null am Ende des Jahres sollten wir aber kommen.<BR /><BR /><b>Gelang das immer?</b><BR />Bergmeister: Die letzten 2 Jahre haben wir leider Verluste gemacht, und wir müssen die betriebswirtschaftliche Stabilität sicherstellen.<BR /><BR /><b>Angehörige können bei der Gemeinde um eine Tarifbegünstigung ansuchen. Diese berichten aber von hohen Einstiegshürden.</b><BR />Zöschg: Die Berechnungen macht der Sozialsprengel, da sind wir außen vor. Aber Angehörige berichten uns in der Tat, dass das ein großes Problem ist. Eine gewisse Mittelschicht schaut hier sicher durch die Finger. <BR /><BR />Bergmeister: Wobei die Pflege im Seniorenheim sicher die billigste und beste Variante ist. Eine Badante kostet rund 2000 Euro im Monat, aber deckt nicht 24 Stunden ab. Zudem muss Unterkunft und Verpflegung gegeben sein. <BR /><BR />Zöschg: Volkswirtschaftlich gesehen sind Seniorenheime nicht nur ein Kostenfaktor. Wir zahlen Steuern, sind mit über 260 Mitarbeitern ein wichtiger Arbeitgeber. Wir tragen dazu bei, dass jene, die uns ihre pflegebedürftigen Eltern anvertrauen, arbeiten gehen können. Auch gibt es einen Generationenwechsel am Wohnmarkt, wenn bei einem Umzug ins Heim Wohnungen frei werden. Ein Punkt liegt uns aber besonders am Herzen: Unsere Pflegekräfte, Mitarbeiter und freiwilligen Helfer leisten hervorragende Arbeit.<BR /><BR /><b>Nichtsdestotrotz gibt es ein Finanzierungsproblem. </b><BR />Zöschg: Das bisherige Finanzierungsmodell der Seniorenwohnheime ist stark reformbedürftig. Wir sollten auch in Südtirol eine klare politische Strategie entwickeln, wohin die Reise gehen soll. Die Bozner Uni hat mit ihrer Studie ‚Altern in Südtirol‘ ein Grundlagenpapier vorgelegt, das diverse Finanzierungsmodelle aufzeigt. Ein Weiter so wie bisher wird nicht mehr funktionieren. Die Angehörigen unserer Bewohner sind für uns wichtige Systempartner. Die Tariferhöhung, die aus unserer Sicht zwingend notwendig war, streut hier Sand ins Getriebe. Es wäre Aufgabe der Politik, die Belastungen für die Angehörigen zu minimieren – mit einer Umschichtung der Mittel, die ja vorhanden wären.<BR /><BR /><b>Ab Oktober geht das neue Seniorenzentrum in Betrieb. Wie hoch wird der Tarif dort sein?</b><BR />Zöschg: Der ist noch zu verhandeln. Das Land erlaubt für 2025 einen Grundtarif pro Tag und Heimplatz von maximal 77 Euro. Die Gemeinden müssen eine Stellungnahme zu den Tarifen abgeben. Beim Seniorenzentrum sind 3 Gemeinden beteiligt. Die Standortgemeinde ist Vahrn. Hier ist erst zu klären, wie das zu handhaben sein wird.<BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/heimkosten-fuer-viele-bald-nicht-mehr-bezahlbar" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Die Erhöhung des Grundtarifs bedeutet eine finanzielle Mehrbelastung für die Angehörigen der Heimbewohner. Im Gespräch mit uns berichtet ein Betroffener, wie sehr ihm und anderen die gestiegenen Kosten zu schaffen machen.</a>