Ginge es nach ihm, würde er die Zweitsprachenkenntnis für Ärzte auf Matura-Niveau senken und für Ärzte und Pfleger WGs einrichten.<BR /><BR /><b> Herr Dr. Pfeifer, wieso hat es so lange gedauert, bis die Notaufnahme zur Abteilung mit Primar erhoben wurde?</b><BR />Dr. Norbert Pfeifer: Das weiß ich selbst nicht. Das ist eine lange Geschichte. Schon unter Generaldirektor Fabi und Landesrat Theiner war das Bemühen, die Notaufnahme auf Augenhöhe mit den anderen Abteilungen zu bringen. Dann habe ich mich zwischenzeitlich um das Anästhesie-Primariat beworben, aber da hat man sich für Dr. Drüge entschieden. Das war um 2005. Dann hat es geheißen, die Notaufnahme soll ein eigenständiger Bereich werden und ich sollte die Leitung als ärztlicher Koordinator fix übernehmen. Und das war ich dann bis gestern.<BR /><BR /><b> Hatten Sie die Hoffnung schon aufgegeben?</b><BR />Dr. Pfeifer: Nein, ich habe immer gekämpft, weil es eine schöne Aufgabe ist. Neues ruft immer Resistenzen hervor. Aufgeben wollte ich nicht, auch für meine Mitarbeiter nicht, denn wir sind gemeinsam durch dick und dünn gegangen. Und ich muss sagen, Bezirksdirektorin Irene Pechlaner und Sanitätskoordinator Dr. Herbert Heidegger haben sehr zum Wachsen der Notaufnahme beigetragen. Eine gute Notaufnahme ist auch ein Vorteil fürs ganze Haus, sie ist das Spiegelbild des Hauses. Je mehr Patienten wir hier „abfangen“, umso besser ist die Bettensituation auch im ganzen Haus.<BR /><BR /><b>Der neue Gesundheitslandesrat, Ihr Ex-Kollege Dr. Hubert Messner, meinte jüngst, er wolle die Hausärzte besser ausrüsten und so den Druck von den Notaufnahmen nehmen. Kann das funktionieren?</b><BR />Dr. Pfeifer: Wir haben gute Hausärzte draußen, aber in der Zahl zu wenig; klonen kann man sie nicht. Also wenn ich die Ressourcen nicht habe, wird der Zustrom immer noch da sein.<BR /><BR /><embed id="dtext86-63663186_quote" /><BR /><BR /><b>Zurück zu Ihnen. Was ändert sich jetzt?</b><BR />Dr. Pfeifer: Es ändert sich nicht viel und doch einiges. Denn als Primar hat man andere Möglichkeiten um Sachen anzufragen, Forderungen zu artikulieren. Man ist auf Augenhöhe mit den Anderen, selbst die Leute begegnen einem anders, diskutieren anders. Und man wird ruhiger, wenn man den Status als Einheit erreicht hat.<BR /><BR /><b> Im Vorfeld des Wettbewerbs war ein abgehörtes Telefongespräch zwischen Ex-Generaldirektor Zerzer und Ihrem Mitbewerber Dr. Franzoni publik geworden. Zweifel, dass Sie das Rennen machen würden?</b><BR />Dr. Pfeifer: Ich habe immer gehofft, dass das Recht siegen wird. Meine Familie und meine Freunde haben mich in dieser Situation sehr unterstützt. <BR /><BR /><b> Wie war’s anfangs 2003?</b><BR />Dr. Pfeifer: Ich war der einzige fixe Arzt in der Notaufnahme und bekam Unterstützung von den Fachärzten anderer Abteilungen. Ich war vorher Vize-Primar des Dienstes für Notfallmedizin 118. Ich habe dann sukzessive Ärzte gesucht. Mittlerweile sind wir ein Team von 16 Ärzten, aber nicht alle in Vollzeit. Deshalb mache ich auch heute noch jeden Monat ein bis 2 Wochenend- und auch Nachtdienste.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1001425_image" /></div> <BR /><BR /><b> Hätten sie den Zauberstab, was würden Sie sofort abschaffen und was sofort einführen im Gesundheitswesen?</b><BR />Dr. Pfeifer: Oh, beim Abschaffen schwierig. Da gibt es viele eingefahrene Schemata. Aber einführen würde ich sofort, dass für Ärzte der Zweisprachigkeitsnachweis B2, sprich Matura-Niveau genügt. Ich bin für den Schutz der deutschen Sprache, aber spricht ein Arzt Deutsch auf Matura-Niveau, ist das völlig ausreichend. C1, das akademische Niveau, vergrämt viele Ärzte. Zumal wir nicht nur 2, sondern mit dem Dialekt 3 Sprachen haben.<BR /><BR /><b> Das größte Problem?</b><BR />Dr. Pfeifer: Genau der Personalmangel. Früher hatten wir den Luxus, Personal aussuchen zu können, dann hat man begonnen, die Medizin zu Tode zu sparen. Sehr viele hochqualifizierte Ärzte sind ausgewandert. Eine Rückkehr ist aber mit vielen Hürden und viel Papier verbunden. Das gilt auch für das Krankenpflegepersonal. Aber trotz aller Engpässe haben wir eine sehr gut funktionierende Medizin dank motivierter Leute.<BR /><BR /><b> Wie viele Südtiroler Ärzte haben Sie in der Notaufnahme?</b><BR />Dr. Pfeifer: Einer bin ich und eine Kollegin aus Verona, die in Bozen geboren ist. Ein großes Problem ist die Wohnungssuche. Erst jüngst sagte mir ein Krankenpfleger aus dem Veneto, der zum dritten Mal Vater geworden ist, dass er in den Veneto zurückkehrt, weil er als Alleinverdiener mit Frau, 3 Kindern und über 1000 Euro Miete mit 2000 Euro Lohn sich hier das Leben nicht mehr leisten kann. Auch darum verlieren wir Leute. Wir brauchen Wohnungen und WGs für Ärzte und Pfleger. <BR /><BR /><b> Würden Sie nochmals den Weg des Notfallmediziners einschlagen?</b><BR />Dr. Pfeifer: Eigentlich wollte ich ja Pilot werden, aber meine Eltern konnte ich damit nicht begeistern. Die Notfallmedizin ist eine ganz besondere Aufgabe. Ich habe auch die Ausbildung als Katastrophenmediziner für Großschadensereignisse wie Erbeben, usw. gemacht. Man lernt, Entscheidungen in Sekundenschnelle zu treffen, die Hilfe muss sitzen. Und das Gefühl, ich kann da helfen, das beflügelt und macht zufrieden. <BR /><BR /><b> Das heißt, Sie sind sehr entscheidungsfreudig?</b><BR />Dr. Pfeifer: Ja und ich arbeite gerne mit Menschen – vom kleinen Kind bis zum alten Menschen. Alte Leute würden einem oft am liebsten ihr ganzes Leben erzählen. Da erlebt man berührende Begegnungen, wenn man zuhört, und schaut oft auch in menschliche Abgründe.<BR /><BR /><b> Welche Abgründe?</b><BR />Dr. Pfeifer: Misshandelte Frauen oder Kinder, die sich nichts zu sagen trauen. Wo man aber versteht, dass es nicht sein kann, dass eine Frau in einem Monat 3-mal die Stiege hinunterfällt. Das nagt innen drinnen. Bei akuten Fällen weiß man, was tun. In diesen vordergründig nicht so auffälligen Fällen ahnt man oft, dass sich dahinter ein riesiges Problem verbirgt. Aber man ist quasi machtlos. <BR /><BR /><b> Ihr schönstes Erlebnis in in der Notaufnahme?</b><BR />Dr. Pfeifer: Das war eine erfolgreiche Reanimation um 2 Uhr morgens. Ein bundesdeutscher Gast war zu Fuß in die Notaufnahme gekommen, brach zusammen, lag leblos im Schockraum. Wir haben ihn reanimiert, Medikamente gespritzt, beatmet. Als ich ihm das Laryngoskop für die Intubation in den Mund schieben wollte, hebt er seine Hand und drückt den Spatel weg. Ich rufe: Hören sie mich und er nickt. Ihm wurde dann in Bozen ein Stent gelegt und er hat überlebt ohne neurologische Ausfälle. Wie bereits vorhin gesagt: Es ist wie eine Sucht. Wir tun alles, um Leben zu retten. Es sei denn, ein Patient ist 90 Jahre alt und hat Krebs und leidet. Da stellt sich schon die Frage: Muss alles getan werden oder lassen wir ihn gehen? Sonst wird um jeden Patienten gekämpft und es ist eine große Genugtuung, wenn es gelingt, jemanden zu reanimieren. Das ist eine Mords Freude und wichtig fürs ganze Team. Ich habe ein tolles Team.<BR /><BR /><b> Sie sind kein Chef, bei dem es heißt: Nicht geschimpft ist gelobt genug?</b><BR />Dr. Pfeifer: Nein, im Gegenteil, Hut ab vor deren Einsatz. Die Mitarbeiter sind perfekt vorbereitet. Ein Top-Team.<BR /><BR /><b> Dennoch gibt es auch Reklamationen...</b><BR />Dr. Pfeifer: Die gibt es immer. Bei 70.000 Patienten im Jahr läuft nicht alles perfekt, das müssen wir zugeben. Denn wenn wir einen Schockraumpatienten haben, ist viel Personal gebunden. Dann heißt es warten. Hier müssen wir auch an der Kommunikation nach außen noch arbeiten. <BR />