Vorerst war nicht bekannt, wie Benno Neumair auf das Urteil, das sein Schicksal besiegelt haben könnte, reagiert hat. Alle, die ihn im Schwurgerichtssaal erlebt haben, dürften sich aber durchaus eine unwirsche Reaktion vorstellen können: Benno Neumair war im Zeugenstand gereizt, arrogant, aufbrausend. Selbst Verteidiger Angelo Polo hatte in seinem Plädoyer nicht verhehlen können, wie sehr ihm der Auftritt seines Mandanten missfallen hatte (wir berichteten). <BR /><BR />Polo hatte jedoch auch betont, dass Benno Neumairs Verhalten auf einer schweren Persönlichkeitsstörung fuße, die – so sieht es jedenfalls die Verteidigung – ursächlich gewesen sei für die Tragödie vom 4. Jänner 2021 in der Bozner Runkelsteiner Straße. Eine Auffassung, die das Schwurgericht aber nicht teilte: Es kam zu Schluss, dass die Störung Benno Neumairs Zurechnungsfähigkeit nicht eingeschränkt habe, als er seinen Vater Peter Neumair und seine Mutter Laura Perselli tötete. Auch bei seinen vielen Irreführungen und Vertuschungsmanövern habe er genau gewusst, was er tat, befand das Schwurgericht. <BR /><BR />Innerhalb von 90 Tagen wird es das Urteil begründen. Erst in der Folge wollen Benno Neumairs Verteidiger entscheiden, ob sie Berufung einlegen. Sollte das Urteil in zweiter Instanz halten, bleibt noch die Möglichkeit, dagegen Kassationsbeschwerde einzulegen. Bestätigt auch das römische Höchstgericht das Urteil, muss Benno Neumair seine Strafe antreten: Lebenslang – davon ein Jahr in Einzelhaft. <BR /><BR />Diese stark einschränkende Maßnahme sieht vor, dass der Häftling zwar beim Arbeiten im Gefängnis in Gesellschaft anderer Mithäftlinge ist, ebenso in der Nacht in der Zelle. Bei jeder anderen Aktivität tagsüber – auch bei der Freistunde an der frischen Luft im Gefängnishof – muss der Häftling aber allein bleiben. Er darf zwar Zeitung lesen und andere Medien konsumieren – die Möglichkeit, soziale Kontakte zu pflegen, besteht aber so gut wie gar nicht. Benno Neumair muss sich nach Rechtskraft des Urteils darauf einrichten, dass ein Gefängniswärter, der ein scharfes Auge auf ihn hat, ein Jahr lang seine einzige Gesellschaft sein dürfte. <BR /><BR />Lebenslange Haft bedeutet effektiv eine Freiheitsstrafe bis ans Lebensende. Für je 6 Monate guter Führung hat ein Häftling aber Anrecht auf 45 Tage Haftskonto – diese Regelung greift auch bei lebenslangen Strafen. Für den Betroffenen bedeutet dies, dass er früher um Hafterleichterungen ansuchen kann. Offener Vollzug kann ab dem 20. Jahr hinter Gittern und Freiheit unter Aufsicht frühestens ab dem 26. Haftjahr beantragt werden. Beides muss vom Überwachungsgericht genehmigt werden. Bei Gemeingefährlichkeit und ohne Bescheinigung eines untadeligen Verhaltens bleiben einem Häftling jedoch auch diese Möglichkeiten verwehrt.