Eine große Mehrheit der Südtiroler Bevölkerung ist nach einer Studie von Eurac Reserach und Landesinstitut für Statistik bereit, Maßnahmen zum Klimaschutz mitzutragen. Trotzdem geschieht unterm Strich noch eindeutig zu wenig. Woran hapert es?<BR /><BR /><b>Was war für Sie das überraschendste Ergebnis der neuen Erhebung von Eurac Research und Landesinstitut für Statistik (ASTAT) zum Klimaschutz?</b><BR />Felix Windegger: Die Tatsache, dass es in der Bevölkerung eine doch recht große Zustimmung zu Maßnahmen und Strategien zur Eindämmung des Klimawandels gibt. 3 Viertel der Menschen geben an, dass der Klimaschutz priorisiert und vor wirtschaftliche Interessen gestellt werden soll. 83 Prozent sagen, dass wir in Südtirol Energie- und Ressourcenverbrauch drosseln sollen. Es scheint durchaus die Bereitschaft zu geben, so drastische Maßnahmen mitzutragen. <BR /><BR /><b>Aus den Daten geht aber auch hervor, dass zwischen Reden und Handeln ein großer Unterschied ist.</b><BR />Windegger: Ja, wir sehen eine große Lücke zwischen Problembewusstsein, das in Südtirol sehr groß ist, und Umsetzung. Es wird größere Verhaltensänderungen von Seiten der Bevölkerung brauchen, aber auch Eingriffe der Politik und der Wirtschaft. Es braucht konkrete Maßnahmen, einen Wandel der gesellschaftlichen Strukturen, der Infrastrukturen, aber auch der kulturellen Werte – auch bei ganz Alltäglichem. Momentan ist es für Individuen schwierig, sich nachhaltig zu verhalten, weil wir in einem nicht nachhaltigen System leben. <BR /><BR /><embed id="dtext86-56897210_quote" /><BR /><BR /><b>Jeder Zweite will aber nicht aufs eigene Auto zu verzichten...</b><BR />Windegger: Es wird notwendig sein, soziale Normen in Frage zu stellen und zu überdenken. Man muss sich die Frage stellen, womit das Auto hier in Südtirol in Verbindung steht. Mit Freiheit, mit Status, mit Wohlstand. Durch einen Wandel ändert sich der Bezug zum Auto. Dann geben andere Dinge den Menschen das Gefühl von Freiheit und Wohlstand.<BR /><BR /><b>Klimaschutz kostet. Wie viel sind die Südtiroler bereit, dafür auszugeben?</b><BR />Windegger: Die Ergebnisse der Umfrage deuten darauf hin, dass sie sehr wohl bereit sind, mehr Geld dafür auszugeben. Wie die Bevölkerung reagiert, wird sich aber wohl erst dann zeigen, wenn es durch Maßnahmen zum Klimaschutz in anderen Bereichen zu Einschränkungen kommt. Aber die Politik hat ja die Möglichkeit, soziale Abfederungsmaßnahmen einzuführen, damit diese Maßnamen die Einkommensschwächsten nicht so stark treffen und um sozialem Unfrieden vorzubeugen. Die öffentliche Hand hat Gestaltungsspielräume – etwa durch eine Reform des Steuersystems und der Umverteilung. <BR /><BR /><b>Klimaschutz sollen aber wohl alle anderen machen?</b><BR />Windegger: Zum Teil ja. Wir sehen aber auch, dass sich die Leute schon auch selbst in der Verantwortung sehen. Das Bewusstsein, dass wir als Zivilgesellschaft bei Nachhaltigkeit und Klimaschutz gefordert sind, ist schon da. <BR /><BR /><b>Gibt's einen Unterschied zwischen der Fridays-for-Future-Generation und älteren Semestern?</b><BR />Windegger: Man sieht, dass die jüngere Generation stärker sensibilisiert ist und auch die Bedrohung durch den Klimawandel stärker wahrnimmt. Beim Übergang zum Handeln geben aber vermehrt die älteren Menschen an, nachhaltig zu handeln. Das kann auch damit zusammenhängen, dass die Jungen schon so stark sensibilisiert und sich bewusst sind, dass sie in vielen Fällen nicht wirklich nachhaltig handeln. <BR /><BR /><b>Das heißt, jetzt müsste von allen gemeinsam die nächste Stufe angegangen werden?</b><BR />Windegger: Ja, ein Großteil der Bevölkerung hat die Bereitschaft, gewisse Maßnahmen mitzutragen. Jetzt geht es darum, diese in die Wege zu leiten und mitzugestalten. Allerdings ist es wichtig, eine Reform zu starten, die nicht eine zu große Belastung wird für die breite Masse. <BR /><BR /><b>Unterm Strich doch wieder ein klarer Appell an Politik und Wirtschaft?</b><BR />Windegger: Es zeigt sich, dass wirklich alle gemeinsam anpacken müssen und die Bemühungen aller gefragt sind, egal ob in Politik, Wirtschaft oder Zivilgesellschaft. <BR />