Im s+ Interview erklärt Gilardi außerdem, dass Südtirol bereits jetzt eine Optionen hätte, um sich unabhängiger vom russischen Gas zu machen.<BR /><BR />Italien erhält 40 Prozent seines importierten Erdgases aus Russland, 29 Prozent aus Algerien und den Rest aus anderen Ländern. Dieser Gasmix kommt auch bei den Verbrauchern in Südtirol an. Bisher war Verlass auf die russischen Lieferungen, das könnte sich aber bald ändern: <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/russland-droht-mit-gas-lieferstopp-durch-nord-stream-1" target="_blank" class="external-link-new-window" title="Lesen Sie mehr in diesem STOL Artikel.">Am Montag drohte Moskau offen mit einem Stopp der Gasexporte an den Westen.</a><BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/wirtschaft/so-abhaengig-ist-suedtirol-von-putins-gas-und-was-jetzt-auf-uns-zukommt" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Dieses Szenario hat Michele Gilardi in einem s+Interview in der vergangenen Woche als „den schlimmsten Fall“, der im Zuge des Ukraine.Krieges bei der Gasversorgung eintreten könnte, beschrieben.</a><BR /><BR /> <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/hohe-energiepreise-land-zahlt-500-euro-bonus-an-beduerftige" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Die Südtiroler Landesregierung hat auf jeden Fall bereits jetzt beschlossen, bedürftigen Familien einen einmaligen Bonus über 500 Euro auszuzahlen, um die hohen Energiekosten zu decken.</a><BR /><BR /><b>Herr Gilardi, der Krieg in der Ukraine und der Konflikt zwischen Russland und dem Westen eskaliert immer weiter. Kommen die russischen Gaslieferungen derzeit noch in Südtirol an?</b><BR />Michele Gilardi: Auf jeden Fall. Südtirol hängt am Versorgungsnetz von Italien, das heißt solange es Gaslieferungen an Italien gibt, kommen diese auch bei uns an. Seit dem Tag nach der russischen Invasion in der Ukraine läuft sogar mehr Gas aus Russland in Richtung Europa als vorher.<BR /><BR /><b>Moskau droht nun aber offen mit einem Lieferungsstopp. Was würde das bedeuten?</b><BR />Gilardi: Auf kurze Sicht hätte das keine spürbaren Folgen für Italien und damit auch Südtirol. Zum einen werden die Temperaturen immer milder, weshalb auch die Abnahmemengen geringer werden. Zum anderen verfügt Italien über Untergrundspeicher, in denen Gas für den Sommer gespeichert wird. Diese Speicher sind momentan zu rund 35 Prozent gefüllt, das würde reichen um den Bedarf für mindestens 4 Wochen zu decken, ohne überhaupt Gas zu importieren. Da Italien Gas auch aus Algerien, Lybien oder über die Transadriatische Pipeline TAP importiert, kämen wir wahrscheinlich ohne russisches Gas über den ganzen Sommer. Das Problem wird erst wirklich konkret, wenn die Speicher für den nächsten Winter aufgefüllt werden müssen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-53238031_quote" /><BR /><BR /><b>Wie will Italien diesem Problem begegnen?</b><BR />Gilardi: Die italienische Regierung arbeitet im Moment daran, Alternativen zum russischen Gas zu finden. <a href="https://www.stol.it/artikel/politik/di-maio-machen-uns-unabhaengig-von-jeder-erpressung-durch-russland" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">Deshalb war Außenminister Luigi Di Maio in dieser Woche in Algerien, um sich zusätzliche Gaslieferungen zu sichern. Außerdem gab es Gespräche mit Katar.</a> Seit einem Jahr ist die Transadriatische Pipeline TAP in Betrieb, über die aktuell rund 10 Prozent des Gasbedarfes importiert werden. Auch hier gibt es Ausbaumöglichkeiten. Die Versorgungssicherheit kann also garantiert werden, die Frage ist zu welchem Preis.<BR /><BR /><b>Mit welchen Preisanstiegen müssen die Verbraucher in Südtirol rechnen?</b><BR />Gilardi: Wenn Russland die Exporte stoppt, werden die Preise sicherlich weiter steigen. Entscheidend ist aber, ob sich Russland einen Exportstopp überhaupt leisten kann. Putin droht dem Westen, aber man muss sehen, wie viel wirklich hinter dieser Drohung steckt – immerhin fließen durch den Gasexport Milliardenbeträge nach Russland. Und die braucht Russland wie die Luft zum Atmen. Die italienische Aufsichtsbehörde regelt den Gaspreis für die Haushalte jedes Quartal neu. Die nächste Anpassung erfolgt im April mit Bezug auf die Börsenpreise vom Februar. So wie es aussieht, werden die Preise im Quartal von April bis Juli um etwa 2 bis 3 Prozent steigen. Wie sich die Preise langfristig entwickeln werden, ist leider überhaupt nicht abzusehen, das hängt völlig vom weiteren Verlauf im Ukraine-Krieg ab.<BR /><BR /><embed id="dtext86-53238037_quote" /><BR /><BR /><b>Ist es vorstellbar, dass Italien in absehbarer Zeit nicht mehr auf russisches Gas angewiesen ist?</b><BR />Gilardi: Es ist möglich, aber bestimmt nicht kurzfristig. Bis Italien wirklich autonom von russischen Gasimporten ist, dauert es mindestens 2 Jahre. Anders sieht es in Südtirol aus, hier gäbe es bereits jetzt eine Alternative, um sich unabhängiger vom russischen Gas zu machen. <BR /><BR /><b>Wie sieht diese Alternative aus?</b><BR />Gilardi: Die Alternative zum russischen Gas ist Biomethan. In Südtirol gibt es relativ viele Biogasanlagen: Kläranlagen, die Biogas erzeugen oder auch landwirtschaftliche Genossenschaften, die aus Gülle und Mist Biogas herstellen, das zu etwa 60 Prozent aus Methan besteht. Zurzeit wird das Biogas in Motoren verbrannt, um Strom zu erzeugen. Da Südtirol durch die Wasserkraft aber bereits über jede Menge Strom verfügt, sollte man das reine Methan aus dem Biogas filtern und dieses in das Gasnetz einspeisen. Mit der Menge, die man in Südtirol produzieren könnte, wäre es möglich rund 45 Prozent des Verbrauches unserer Industriekunden zu decken. Auf das ganze Land bezogen könnten durch das Methan 10 bis 15 Prozent des Verbrauches gedeckt werden. Damit könnte sich Südtirol nicht nur unabhängiger von Importen machen, sondern auch der Umwelt etwas Gutes tun.<BR /><b><BR />Wird an dieser Lösung bereits gearbeitet?</b><BR />Gilardi: Die Südtirolgas AG hat dem Land Südtirol diese Absicht bereits in 2 Briefen signalisiert, leider haben wir bislang keine Antwort bekommen. Aber wir bleiben am Ball. Ehrlicherweise muss man sagen, dass wir noch auf ein Ministerialdekret zur Förderung von Biomethan warten. Dieses hätte bereits vor 2 Monaten veröffentlicht werden sollen. Sobald es kommt, wären wir bereit zu starten. Denn: Biogasanlagen gibt es bereits, Erdgasverteilungsnetze auch und die Aufbereitungsanlagen für das Biomethan können relativ günstig und schnell gebaut werden. In ein bis 2 Jahren könnten wir die Produktion hochgefahren haben.<BR /><BR /><BR />