Rund 250 Arztstellen im Südtiroler Sanitätsbetrieb sind derzeit vakant. Haus- und Kinderärzte fehlen ebenso wie rund 200 Fachärzte. Vor allem in den Bereichen Orthopädie, Radiologie, Augenheilkunde, aber auch in der Notfallmedizin mangelt es am nötigen Personal. Zwar heißt es aus dem Sanitätsbetrieb, die Dienste seien garantiert, weil man vieles an Leistungen bei Privaten einkaufe. Die langen Wartelisten sprechen aber eine andere Sprache. Noch düsterer als bei den Ärzten sieht es beim Pflegepersonal aus. Durch Suspendierungen, Corona und vor allem Pensionierungen fehlt es hier an allen Ecken und Enden. <BR /><BR />„Bei den Verantwortlichen im Sanitätsbetrieb ist die Mentalität, dass es sich bei Mitarbeitern um ein knappes Gut handelt, noch nicht wirklich angekommen“, sagt der Gewerkschafter Dr. Ivano Simioni. Während man andernorts nämlich aktiv um Mitarbeiter wirbt, diesen oft neben einer Wohnung sogar auch eine Stelle für Partnerin oder Partner anbietet, sei der Sanitätsbetrieb viel zu schwerfällig. „Es fehlt ganz einfach die Willkommenskultur“, bemängelt er.<BR /><BR />Es ist bei Weitem nicht nur das Geld, warum viele Südtiroler Mediziner und Pflegerinnen im Ausland arbeiten. Das bestätigt auch Dr. Peter Paal, Primar der Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Salzburg und einer der Organisatoren des Planeten Medizin, einer Fachgruppe von rund 250 Südtiroler Medizinern bei „Südstern“. „Da spielen viele Faktoren mit – von Ausbildungs- und Forschungsmöglichkeiten über das Team, in dem man arbeitet und das Mentoring bis hin zu Freizeit und Lebensumfeld“, weiß Dr. Paal. „Der Lohn ist zwar wichtig, aber das Paket macht’s aus.“<BR /><BR />Und bei dem scheint Südtirol hinterher zu hinken. Damit man die Leute überhaupt bekomme, müsse man die Arbeitsbedingungen verbessern, so Dr. Paal. Das Problem beginnt bereits bei der Anstellung. „Während man andernorts problemlos sofort eine Stelle bekommt, dauert das im Sanitätsbetrieb aufgrund der italienischen Gesetzgebung viel zu lange“, sagt Dr. Simioni. Zwar habe man inzwischen wieder die Facharztausbildung im Land, aber danach würden viele ins Ausland abwandern, eben weil sie dort die Qual der Wahl hätten.<BR /><BR />Eine weitere Hürde seien laut Dr. Simioni die begrenzten Möglichkeiten für eine Karriere bzw. sich zusätzlich privat zu orientieren. „Zudem wollen die jungen Kollegen die richtige Work-Life-Balance“, so Dr. Simioni. „In einem Betrieb, in dem durch Unterbesetzung der Druck hoch ist, man viele Turnus- und Nachtdienste leisten muss, ist diese Balance eben nicht gegeben.“ Es tue sich zwar langsam etwas, aber noch fehle gar einiges, um den Standort Südtirol für Mediziner und Pflegepersonal attraktiv zu machen.