Nur ein Drehbuchautor von Hollywood hätte sich ein solches Szenario vorstellen können“, kommentierte etwa der Abgeordnete Francois Bayrou, Chef der zentrumsbürgerlichen „Mouvement Democrate“ (MoDem) und Präsidentschaftskandidat für 2012.Nachdem die Franzosen den damaligen sozialistischen Favoriten im Rennen um die PS-Kandidatur für die Präsidentenwahl am 15. Mai in Handschellen und schlecht rasiert als mutmaßlichen Sexualverbrecher und mit reuigem Gesicht vor Gericht sitzen gesehen hatten, entdeckten sie am Freitagabend einen ganz anderen Strauss-Kahn, der gut gekleidet, gelassen und lächelnd mit seiner Ehefrau und einem befreundeten Paar in einem New Yorker Luxusrestaurant speiste. „Ich war nicht unter jenen, die an ein Komplott glaubten, aber nun weiß ich nicht mehr. Das geschieht mir nicht oft, aber ich gebe zu, dass ich ratlos bin“, betonte Bayrou.Komplott?Die Theorie eines Komplotts gewinnt in Frankreich sowohl in der öffentlichen Meinung als auch bei einigen politischen Freunden Strauss-Kahns immer mehr an Terrain. Die Pariser Abendzeitung „Le Monde“ berichtete in der Wochenendausgabe, dass Strauss-Kahn dem Präsidenten des Generalrats im Departement Seine-Saint Denis, Claude Bartolone (PS), die Befürchtung eines Komplotts gegen ihn mitgeteilt habe. „Gewisse haben Interesse daran, dass ich vom IWF gefeuert werde. Die Russen sind am meisten interessiert daran, und (der russische Präsident Wladimir) Putin steht (Frankreichs Präsident Nicolas) Sarkozy nahe“, sagte DSK nach den Angaben zu Bartolone. Francois Pupponi, Strauss-Kahns Nachfolger als Bürgermeister der Pariser Vorstadt Sracelles, betonte: „Es ist unglaublich. Er hatte uns beinahe das Drehbuch des Films geschrieben. Er hatte uns seinen Niedergang im Vorhinein erzählt.“49 Prozent der Befragten für ein Comeback Trotz der Wende im Fall DSK, der am Freitag aus dem Hausarrest entlassen und dem sogar die Kaution in Höhe von sechs Millionen US-Dollar zurückgegeben wurde, glauben politische Beobachter kaum an eine Rückkehr des Sozialisten in den Präsidentschaftswahlkampf. „Diese Affäre hat Strauss-Kahn das Image eines sehr reichen, bürgerlichen Machos verliehen, das ihn notgedrungen von einem Teil der linken Wähler abschneidet und es ihm nicht mehr erlaubt, Zugriff auf die Zentrumswähler und Frauen zu haben“, kommentierte etwa die Regionalzeitung „L'Alsace“ am Sonntag. DSK wird von einem 32-jährigen Zimmermädchen ein Vergewaltigungsversuch in einen New Yorker Hotel vorgeworfen.Die öffentliche Meinung ist in der Frage auf jeden Fall gespalten. In einer von „Le Parisien“ am Sonntag veröffentlichten Umfrage äußerten sich 49 Prozent der Befragten für ein Comeback Strauss-Kahns. Bei den PS-Sympathisanten stieg der Anteil sogar auf 65 Prozent. Auch seine parteiinternen Konkurrenten, die Präsidentschaftsanwärter Francois Hollande und Segolene Royal, scheinen DSK eine Rückkehr ermöglichen zu wollen, indem sie sich für eine Verlängerung der am 13. Juli ablaufenden Frist für die Hinterlegung der Kandidaturen zur Teilnahme an den sozialistischen Vorwahlen aussprachen.Nach Freilassung: „glücklich, aber vorsichtig“Offen bleibt nun die Frage, inwiefern Strass-Kahn selbst gewillt ist, sich erneut einen solchen Medienrummel anzutun. Er sei nach seiner Freilassung am Freitag „glücklich, aber vorsichtig“, sagte der französische Philosoph Bernard-Henri Levy nach einem Telefongespräch mit dem 62-Jährigen. „Wenn man so etwas durchgemacht hat wie er, wenn man von einer Spirale des Horrors ergriffen wird, kann man nur extrem vorsichtig bleiben“, sagte Levy und fügte hinzu: „Was geschehen ist, ist so monströs, dass die Wahrheit in ihrer Gesamtheit nun ans Tageslicht kommen muss. Für Strauss-Kahn besteht das Problem nicht allein darin, einen Verfahrenskampf zu gewinnen. Er muss als unschuldig, vollkommen unschuldig und öffentlich unschuldig anerkannt werden. Damit seine Ehre wiederhergestellt wird.“ apa