Mitte September, der viertgrößte Flughafen in den USA: Statt meterlangen Schlangen in der Reihe der „Nicht-Einheimischen“, drängen sich US-Staatsbürger aneinander, die von ihrer Reise in die Heimat Chicago zurückkehren wollen. In jener der Touristen herrscht gähnende Leere. <BR /><BR />Seit einiger Zeit sinken die Touristenzahlen in den USA – entgegen dem internationalen Trend. Verschärfte Einreisebestimmungen, Trumps Regierung , Negativnachrichten und eine generelle Unsicherheit werden als Mitursachen ausgemacht. „Trump Slump“ (dt: Trump-Flaute) nennt die Tourismus-Lobby diese Entwicklung. <BR /><BR />Nach nur wenigen Minuten und ein paar Routine-Fragen der Grenzbeamten, wird die Einreise genehmigt. Gespannt, was in den nächsten Tagen in der laut Trump „gefährlichsten Stadt Amerikas“ auf uns zukommen wird, betreten wir – erstmals seit langem – wieder amerikanischen Boden. <h3> Fünf Tage in Chicago – Fünf Eindrücke, die bleiben</h3> Reisende sind selbst an Touristen-Hotspots wie „The Bean“, dem Millennium Park oder den Navy Piers nur spärlich zu sehen. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1219647_image" /></div> <BR /><BR />Von „außer Kontrolle geratener Kriminalität“ und dem „drohenden Einsatz der Nationalgarde“ merkt man in der Millionenmetropole wenig. Generell wirkt die Stimmung in Chicago und den Vierteln rund herum ausgelassen. Einheimische wie Touristen schlendern durch die Straßen, man sieht Polizei aber kein Militär. Der Einsatz der Nationalgarde ist (noch) nicht Realität – bislang bleiben Militäroperationen Einzelfälle. <BR /><BR />Ein Spaziergang durch die nordwestliche Nachbarschaft „West Town“ zeigt ebenfalls ein differenziertes Bild: sauber, international, offen – sicher und lebenswert. In den Vorgärten stapeln sich bereits Kürbisse, es herrscht Normalität. Ausnahmen gibt es, wenn auch wenige: An manchen gepflegten Fassaden prangen überdimensionale Amerika-Flaggen, daneben Schilder mit der Aufschrift „Neighborhood Watch in Effect“. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1219650_image" /></div> <BR /><BR />So wie fast in jeder Stadt auf der Welt gibt es auch in Chicago Brennpunktgegenden. Gegenden die man als Tourist aber auch Einheimischer eher meiden sollte: Der Süden. Viertel wie Englewood, South Shore und West Garfield Park gelten aufgrund historischer und wirtschaftlicher Faktoren als gefährlicher. Die „South Side“ weist dabei eine überdurchschnittlich hohe Rate an Gewaltkriminalität und Eigentumsverbrechen auf. <BR /><BR />Statistiken widersprechen der Aussage nach nicht kontrollierbarer Gewalt in Chicago: Demnach geht die Gesamtzahl der Gewaltverbrechen in den vergangenen Jahren zurück. Chicagos Bürgermeister Brandon Johnson verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Mordrate im vergangenen Jahr um mehr als 30 Prozent und die Zahl der Schießereien um fast 40 Prozent gesunken seien.<h3> Zwischen Unsicherheit und Bauernmärkte</h3>Die Realität ist: Es herrscht große Unsicherheit – besonders unter Nicht-Amerikanern. Neue Verordnungen wie beispielsweise das <a href="https://www.stol.it/artikel/wirtschaft/usa-verteuern-arbeitsvisa-drastisch-auf-100000-dollar" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">100.000-Dollar-Arbeitsvisum für ausländische Fachkräfte, das künftig die Besetzung offener Stellen durch Ausländer einschränken soll </a> , bereiten vielen Menschen Kopfzerbrechen. Im Gespräch mit Einheimischen und Zuwanderern wird schnell deutlich: Man ist sich bewusst, dass jederzeit über die Köpfe aller hinweg neue Entscheidungen getroffen werden können – mit weitreichenden Folgen.<BR /><BR />Realität ist aber auch, dass es nicht nur Negativnachrichten über Amerika in unsere Schlagzeilen schaffen sollten. Denn ein großer Teil der Bevölkerung versucht weiterhin sein gewohntes Leben zu leben – ungeachtet der politischen Situation. Vor Lebensfreude tummeln sich in Chicago derzeit vor allem die Orte, die für Einheimische gedacht sind: Bauernmärkte, Jazzclubs und Sportveranstaltungen. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1219653_image" /></div> <h3> Ein Zwischenstopp in der Hauptstadt Amerikas</h3>Ein Blick aus dem Fenster bei der Rückreise: Es ist 18.48 Uhr Ortszeit und bereits dunkel. Aus der Vogelperspektive wirkt Washington D.C. wie ein glänzendes Lichtermeer. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1219656_image" /></div> <BR />Weniger glänzend sind dabei die Nachrichten, die es seit Monaten aus der Hauptstadt Amerikas in unsere Schlagzeilen schaffen. „<i>Trump droht mit Notstand für Washington im Streit über Einwanderung</i>“, „<i>Trump will Todesstrafe für Morde in Washington</i>“ „<i>Trump stimmt Militärspitze auf „Krieg“ in den USA ein</i>“ – um nur einige wenige zu nennen. <BR /><BR />Das Erste, was Reisende aus aller Welt auf dem Weg zu ihren Anschlussflügen im Washington Dulles International Airport sehen, sind Souvenirs. An sich nichts Ungewöhnliches – doch ein Großteil davon stammt aus dem Repertoire der MAGA-Bewegung: Die bekannten roten „Make-America-Great-Again“-Kappen, Tassen, Schlüsselanhänger, Pullover. Mitbringsel für jene, die beim Zwischenstopp in D.C. ein Stück des „großartigen Amerikas“ nach Hause tragen wollen. <BR /><BR />Ein deutlicher Kontrast zu Chicago, wo solche Devotionalien einer politischen Glaubensgemeinschaft kaum zu finden sind. Dieser Gegensatz prägt sich ein: Amerika, ein Land der Extreme, voller Widersprüche – und zugleich voller Vielfalt, Wandel und Leben.