Aktuell herrscht in der Ukraine große Angst. Der Kachowka-Staudamm wurde kürzlich von Geschossen getroffen. Ukrainische und russische Truppen geben sich gegenseitig die Schuld. Klar ist allerdings: Der Bruch des Dammes würde großen Schaden anrichten und wohl zahlreiche Menschenleben fordern. So wie es vor 38 Jahren auch unweit von Südtirol geschehen ist. <h3> Tesero</h3><div class="img-embed"><embed id="829859_image" /></div> <BR />Es war knapp nach 12 Uhr mittags am 19. Juli des Jahres 1983, als im Fleimstal die Hölle losbrach. Bei Tesero brach der Damm eines Absatzbeckens des dort befindlichen Bergwerkes. Er war zu diesem Zeitpunkt bereits über 20 Jahre alt und bereits bei einer Inspektion im Jahre 1975 wurde die Dammanlage als unsicher und instabil eingestuft.<BR /><BR /> Große Verbesserungen an der Anlage gab es in den folgenden Jahren allerdings nicht und so kam es an diesem schicksalhaften Tag zum Bruch, der eine Flutwelle aus rund 200.000 Kubikmetern Schlamm, Sand und Wasser bedingte. Diese donnerte den Rio di Stava entlang bis in die Ortschaft Stava und von dort aus weiter bis nach Tesero. Dabei wurden zahlreiche Bäume mitgerissen. Was sich der Flutwelle in den Weg stellte, wurde mitgerissen. <BR /><BR />Als die Welle Tesero, einen beliebten Tourismusort erreichte, kam es zur großen Katastrophe. Die Menschen dort wurden völlig unvermittelt überrumpelt. Zahlreiche Menschen fielen der Flutwelle zum Opfer. Von der Stava-Stiftung wird die Zahl der Opfer heute auf 268 Menschen festgelegt. Dazu kamen zahlreiche Verletzte. Die Schlammschicht war bis zu 40 Zentimeter dick und zog sich über 4 Kilometer lang. 3 Hotels, 53 Häuser und 8 Brücken wurden zerstört, weitere Gebäude schwer beschädigt. Der Schaden belief sich auf rund 155 Millionen Euro. <BR /><BR />Als Ursache für das Unglück gelten ein beschädigtes Drainagerohr sowie die mangelnde Stabilität des Dammes, die den ungewöhnlich großen Wassermassen dieser Tage nicht standhalten konnten. Der Schrecken über die Katastrophe war auch in Südtirol groß. Umso mehr, als die Menschen Bilder einer Kolonne von Leichenwagen erreichte, die sich der Straße an Aldein/Petersberg vorbei nach Neumarkt schlängelte. <h3> Banqiao-Staudamm</h3><BR /><div class="img-embed"><embed id="829862_image" /></div> <BR /><BR />Noch mehr Opfer forderte ein Dammbruch in der chinesischen Provinz Henan im Jahr 1975. Der Damm wurde in den 1950er-Jahren mit einem Fassungsvermögen von 492 Millionen Kubikmeter erbaut. Dazu gab es Reserven von 375 Millionen Kubikmeter, die den Damm auch vor den größten Überschwemmungen schützen sollten. China preiste den Damm als „unzerstörbar“ und gab ihm den Namen „Eiserner Damm“.<BR /><BR /> Ein fataler Trugschluss, wie sich schon bald zeigen sollte. Denn im August 1975 gab es einen außergewöhnlich starken Taifun, der das Schicksal des Damms besiegeln sollte. Infolge des Taifuns gab es verheerende Überschwemmungen, sodass die Schleusen des Banqiao-Staudamms den Wassermassen schließlich nicht mehr standhalten konnten. <BR /><BR />In der Nacht des 8. August brach zuerst ein kleinerer Staudamm flussaufwärts. So entstand eine Flutwelle, die den Banqiao-Staudamm mit voller Wucht traf und insgesamt 62 Staudämme brechen ließ. Die Flutwelle wuchs weiter und preschte mit 50 km/h ins darunter befindliche Flachland. Zahlreiche Ortschaften wurden überflutet. Über eine Million Menschen wurden von den Wassermassen eingeschlossen. Die Rettungskräfte konnten nicht zu ihnen vorstoßen. So breiteten sich im Gebiet Epidemien und erste Hungersnöte aus. Immer mehr Menschen fielen der Katastrophe so im Laufe der Tage elend zum Opfer. <BR /><BR />Ungefähr 26.000 Menschen starben direkt infolge der Flutkatastrophe, weitere 145.000 aufgrund von Krankheiten und Hunger. Das Ereignis gilt als schwerster Stauanlagenunfall der Geschichte. Das genaue Ausmaß der Katastrophe wurde von der chinesischen Regierung jahrelang vertuscht. <h3> Vajont-Staumauer</h3><BR /><div class="img-embed"><embed id="829865_image" /></div> <BR /><BR />Italien hat es gleich ein zweites Mal in diese tragische Liste geschafft und wieder geschah das Unglück nicht weit von Südtirol entfernt. Die Staumauer rund 100 Kilometer nördlich von Venedig, wurde 1956 zur Aufstauung des Vajont-Flusses errichtet. Dabei gab es durchaus heftigen Widerstand gegen das Projekt. <BR /><BR />7 Jahre später kam es schließlich zur Katastrophe. Am Abend des 9. Oktober 1963 gab es im Gebiet einen verhängnisvollen Bergsturz, der dazu führte, dass Millionen Kubikmeter Gestein in den Stausee rutschten und dort eine große Flutwelle auslösten. Die in der Nähe liegenden Ortschaften Erto und Casso entgingen nur haarscharf einer Katastrophe. Stattdessen floss die Flutwelle talwärts und zerstörte dort mehrere Ortschaften, bevor sie schließlich auf die Stadt Longarone traf. Diese Kleinstadt und einige umliegende Gemeinden wurden komplett zerstört. Die verheerende Bilanz: Etwa 2000 Tote in unmittelbarer Folge der Flutkatastrophe. Nur wenige Menschen, die von der Katastrophe überrascht wurden, konnten noch lebend geborgen werden. <BR /><BR />Die Ortschaft Longarone verschwand an diesem Tag von der Bildfläche. Für Überlebende der Gemeinde wurde 1971 von Staat eine neue Ortschaft mit dem Namen Vajont gegründet. Longarone selbst wurde in den 1960er- und 1970er-Jahre wieder aufgebaut. <h3> Möhnetalsperre</h3><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="829868_image" /></div> <BR /><BR />Und am Ende unserer Liste schließt sich wieder der Kreis zu den aktuellen Ereignissen in der Ukraine. Denn die Ereignisse rund um die Möhnetalsperre in Nordrhein-Westfalen zeigen, welche Auswirkungen ein Dammbruch infolge einer kriegerischen Operation haben kann. Im Zuge der Operation „Chastise (Züchtigung) wurde der Damm 1943 durch einen britischen Bombenangriff stark beschädigt. Dabei wurde sogar eigens konstruierte Bomben verwendet, die die Abwehranlagen des Stausees umgehen konnten. <BR /><BR />Eine der Bomben beschädigte die Staumauer, die infolge von den Wassermassen immer weiter unter Druck gesetzt wurde. Zuerst entstand ein kleiner Riss, der sich aber in kürzester Zeit immer weiter ausdehnte und schließlich zu einer 77 Meter breiten Lücke wurde. Die Wassermassen sammelten sich in Form einer Flutwelle, die sich bis weit ins Ruhrtal ergoss. Mehrere Ortschaften wurden arg in Mitleidenschaft gezogen und bis zu 1600 Menschen fanden infolge der Katastrophe den Tod.<BR /><BR />, Besonders bitter war, dass die meisten Menschen im Neheimer Zwangsarbeiterlager Möhnewiesen ums Leben kamen. Der Angriff hatte eigentlich die Beeinträchtigung der deutschen Rüstungsindustrie im Ruhrgebiet zum Ziel. Am Ende mussten zahlreiche Menschen mit ihrem Leben dafür bezahlen. Ein Schicksal, das auch vielen Ukrainerinnen und Ukrainern drohen würde, falls der Kachowka-Staudamm infolge eines Angriffs beschädigt oder gar zerstört würde. Es bleibt zu hoffen, dass man sich hier auf die historischen Beispiele besinnt und der Zivilbevölkerung eine weitere tragische Katastrophe erspart bleibt.<BR /><BR /><BR /><BR /><BR />