<b>Von Johannes Vötter</b><BR /><BR />Sommerpause? In Sachen Lug, Betrug und Streit beim Onlineshopping kennt Rebecca Berto vom Europäischen Verbraucherzentrum Italien (EVZ) diesen Begriff gar nicht. Ganz im Gegenteil: Es dürfte bald wieder „heißer“ zugehen in ihrem EVZ-Büro in der Bozner Zwölfmalgreinerstraße. Denn wie Berto sagt: „Neben der Vorweihnachtszeit sind diese Wochen nach Schulschluss bzw. vor Urlaubsbeginn online verkaufsintensive Zeiten. Gern wird noch – bevor man wegfährt – schnell etwas online bestellt oder auf der Strandliege per Smartphone auf Schnäppchenjagd gegangen. Und wenn die bestellte Ware nicht kommt, beschädigt ist oder nicht den Erwartungen entspricht, wenden sich die Leute nach ein paar Wochen an uns.“ <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1183845_image" /></div> <BR />Dann geht es erst so richtig los mit der Arbeit in der EVZ: Defekte oder mangelhafte Ware wird beanstandet, Garantien werden eingefordert, Händler angeschrieben und schlimmstenfalls – also etwa bei nicht erhaltener Ware – Anzeige bei den zuständigen Behörden erstattet. Schließlich geht es mitunter nicht nur um „ein paar Euro“, sondern um größere Summen, die allein bei Bertos Schilderungen den „Autsch“-Effekt auslösen. Für die „Zett“ hat sie sich ihre jüngsten Fälle angesehen und nennt zwei, die aktuell beispielhaft für Betrug und Irreführung beim Online-Shopping sind. <h3> Fall eins: Das beschädigte Wakeboard</h3>Ein nigelnagelneues Wakeboard um 700 Euro statt 2000 bis 3000 Euro? „Das muss ich haben!“, dachte sich wohl ein junger Bozner, der letzthin bei Berto vorstellig wurde. Sich auf den Sommerurlaub vorbereitend, schlug er auf einer beliebten E-Commerce-Plattform zu. <BR /><BR />Doch als er das Wakeboard tatsächlich in Händen hielt, war sämtliche Vorfreude rasch verflogen. Denn erstens war es bis hin zur Manövrierunfähigkeit beschädigt, und zweitens zeigte sich der Verkäufer uneinsichtig. Von Eintausch, Rücknahme oder gar Rückzahlung war keine Rede, alle Versuche endeten in Streit. Und was der junge Mann erst dank EVZ feststellte, war, dass er betrügerischem Dropshipping zum Opfer gefallen war.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1183848_image" /></div> <BR />Wobei, selbst ohne kriminelle Absichten handelt es sich bei Dropshipping – vor allem bei Garantieansprüchen – um ein eher zweifelhaftes Geschäftsmodell. Denn dieses funktioniert wie folgt: Onlinehändler/-shops verkaufen die Produkte, ohne sie selbst auf Lager zu haben. Hier wird also nur die Bestellung/Zahlung abgewickelt, während Logistik/Versand von einem oder mehreren Lieferanten irgendwo auf der Welt abgewickelt werden. „Das kann die Lieferzeit derart verzögern, dass die gesetzlichen Fristen <I>(siehe Info am Ende des Textes)</I> für Beanstandungen – etwa wegen schadhafter Ware – kaum einzuhalten sind. So wie im vorliegenden Fall. Am Ende hat der Kunde für ein defektes Produkt 700 Euro bezahlt.“<h3> Fall zwei: Die fehlende Kette</h3>Um kein Schnäppchen, aber ein Schmuckstück, das den stolzen Preis von 8500 Euro durchaus wert schien, ging es hingegen im zweiten Fall, mit dem Berto jüngst zu tun hatte. Eine Frau aus Luxemburg, die auf „Pinterest“ bei einem Juwelier in Padua eine hübsche Kette gesehen hatte, tappte so in die klassische Fake-Onlineshop-Falle: „Die Dame hatte 4000 Euro für dieses besondere Schmuckstück angezahlt, doch die Lieferung erfolgte nicht. Daher wandte sich die Kundin an uns.<BR /><BR />Zwar hatte sie das Geschäft recherchiert und die Shopdaten überprüft, aber letztendlich stellten wir fest, dass es sich um einen geschlossenen Laden handelte. Dessen Anschrift war für die Erstellung des Fake-Onlineshops geklont worden. Und weil die Frau die Anzahlung per Banküberweisung getätigt hatte, sind die 4000 Euro wohl für immer verloren. Sie konnte also lediglich Anzeige erstatten und hoffen, dass die Täter gefasst werden. Hierzu laufen die Ermittlungen der zuständigen Behörden allerdings noch.“<h3> „Immer mehr Einfallstore für Fakes & Dropshipping“</h3>Zu dieser Auffassung gelangt die Konsumentenschützerin aufgrund ihrer täglichen Beobachtungen bzw. der hier geschilderten Fälle: „Ob in Deutschland, Österreich oder in Italien – generell steigt die Qualität von Fake-Onlineshops oder verdächtigen Angeboten. Waren früher Sprachfehler oder ein unvollständiges Impressum Anzeichen für unseriöse Angebote, so muss man heute schon genauer hinschauen.“ <BR /><BR />Will heißen, wie auch Datenexperten rund um den Globus warnen: Dank KI gelingt es den Tätern besser, ihre bösen Absichten zu verschleiern und somit verlockende Angebote vorzugaukeln. Und das auf ganz verschiedenen Kanälen, bestätigt Berto: „Ob auf Social Media, auf Suchmaschinen wie ‚Pinterest‘, bei beliebten Messaging-Diensten oder auf reinen E-Commerce-Plattformen wie ‚Shopify‘ – überall sind zunehmend Fakes oder dubiose Angebote zu beobachten. Auch weil bei den Gratis-Versionen zunehmend Werbung einfließt. Siehe auf WhatsApp. Das ist neu, aber Möglichkeiten zur Platzierung von Fake-Angeboten gibt es immer mehr.“<BR /><BR />Stellt sich also die große Frage: Wie in der Hitze des virtuellen Shoppinggefechts bei all den schönen Sommerrabatten nicht in die gelegten Fallen tappen? Bertos Antwort ist so simpel wie realistisch: „Am sichersten wäre es, Waren direkt im Geschäft zu kaufen. Online hingegen gilt es, noch bewusster kühlen Kopf zu bewahren und ‚Mega-Schnäppchen‘ skeptisch zu sehen. Händler direkt anzuschreiben oder anzurufen, bringt da wenig. Auch das könnten Betrüger sein! Besser ist es, die Angaben im Internet querzuchecken. Zudem sollte die Zahlungsmethode möglichst sicher sein. Nur mit Kreditkarte oder PayPal hat man die Chance auf eine Rückzahlung. Dann ist zwar der Ärger groß, aber der finanzielle Schaden verhindert.“<h3> Ob Fake-Onlineshop oder Dropshipping: So kommen Sie im Schadensfall zu Ihrem Recht</h3>Laut E-Commerce-Richtlinien der EU gilt: Als „angemessen“ gelten – falls vom Händler nicht anders angegeben – bis zu 30 Kalendertage Lieferzeit ab Bestellung der Ware. Sollte der Händler diese Frist nicht einhalten, kann der Kunde eine Nachfrist setzen und bei deren Ablauf vom Vertrag zurücktreten.<BR /><BR />Zudem gibt es das von der EU vereinheitlichte Widerrufsrecht. Dieses gibt dem Kunden genau 14 Kalendertage Zeit, um ohne Angabe von Gründen von einem Kaufvertrag zurückzutreten. Diese Frist beginnt mit dem Erhalt der beanstandeten Ware oder bei nicht gelieferter Ware. <BR />Sämtliche Kommunikation sollte schriftlich (per E-Mail!) erfolgen. Und will man sein Geld zurück, gilt nach Ablauf aller Fristen:<BR /><BR />> Bei Kreditkartenzahlungen kann man einen „Chargeback“ mithilfe der Bank beantragen. <BR /><BR />> Bei PayPal-Zahlungen ist die Käuferschutzgarantie in Anspruch zu nehmen und innerhalb 20 Tagen der Antrag zu stellen.<BR /><BR />> Bei Banküberweisungen gibt es keine Rückerstattung.<BR /><BR />Wichtig: Zögern Sie nicht, das EVZ (siehe: www.euroconsumatori.org) zu kontaktieren. Und erstatten Sie bei Betrugsverdacht unbedingt Anzeige bei Staatspolizei, Carabinieri oder Ortspolizei.