Mit dem Sturz Mussolinis und des faschistischen Regimes im Juli 1943 und dem Einmarsch der Nationalsozialisten in Südtirol am 8. September wurden alle nationalsozialistischen Organisationen in Bewegung gesetzt. Die Denunziationen begannen und die Jagd nach den Juden setzte auch in Meran ein.<BR /><BR />„Ab dem 8. September waren die Juden in Meran sukzessive aufgestöbert und im Keller der Casa del Balilla eingesperrt worden. In der Nacht auf den 16. September 1943 sind die 25 Meraner Juden auf einem Lkw über den Jaufen, Sterzing und Brenner ins NS-Lager Reichenau bei Innsbruck deportiert worden. Nur Walli Hoffmann überlebte“, sagt Joachim Innerhofer, Mitglied der jüdischen Gemeinde in Meran und Leiter des Jüdischen Museums. In der Nacht, um nicht „Unmut in der Bevölkerung zu erregen“, fügt Joachim Innerhofer hinzu, der mit Sabine Mayr das Buch „Mörderische Heimat. Verdrängte Lebensgeschichten jüdischer Familien in Bozen und Meran“ geschrieben hat.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1122813_image" /></div> <BR /><BR />„Mein Vater war erst 16 Jahre alt. Er erzählte, dass er von Gestapo-Leuten bei einer Razzia mitgenommen worden sei“, sagt seine Tochter Kornelia Hölzl-Gamper. Warum und wo er von den Gestapo-Leuten geschnappt worden war, habe er nie erzählt. „Und wir haben zu wenig gefragt. Mein Vater war mit 3 Jahren Halbwaise geworden und ist wohl, oft sich selbst überlassen, viel in der Stadt herumstrawanzt“, mutmaßt sie. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1122816_image" /></div> <BR /><BR />Er habe oft, aber nur wenig von jenem schicksalhaften Tag erzählt. „Dass er ohne Essen und Trinken im Keller des Balilla-Hauses eingesperrt wurde. Dass die Menschen zusammengepfercht waren im Dunkeln“, sagt Hölzls Tochter. Auch aufs Klo gehen durften sie nicht. Demnach seien laut Luis Hölzl „ausnahmslos ältere Leute in den Kellerräumen gewesen, von denen er nur ein Ehepaar Götz gekannt habe. Dieses habe nur Handgepäck dabei gehabt“.<BR /><BR />Es sei dann ein Wächter des Südtiroler Ordnungsdienstes (SOD) gewesen, „der meinen Vater erkannt hat und rief ,Jo Poschn-Bua‘, wos tuaschn du bei de? Schaug, dass schnell hoamkimmsch.‘ Ihm war die Lebensgefahr, in der er schwebte, gar nicht bewusst‘“, erzählt Hölzl-Gamper. Ihr Vater habe aber später bei jeder Gelegenheit erzählt, dass ihm so das Leben gerettet worden war. Alle anderen Internierten hatten, weil jüdischen Glaubens, dieses Glück nicht. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1122819_image" /></div> <BR /><BR />Damit war für den „Poschn-Luis“ das Kapitel Nationalsozialismus und Krieg aber noch nicht beendet. „Erst 17 Jahre alt wurde er in die Wehrmacht eingezogen und an die Front nach Serbien geschickt, wo er einen Lungendurchschuss erlitt“, sagt seine Tochter. Diese Zeit habe ihren Vater sehr geprägt. „Er hat jeden Film über den Zweiten Weltkrieg angeschaut. Wir hatten daheim 20 Meter Bücher über den Krieg“, sagt sie.