Es fehlten nur mehr 6 Tage bis zum errechneten Geburtstermin, dem 25. Oktober, als Dr. Karin Pobitzer leichte Grippesymptome verspürte – einen Schnupfen und Gliederschmerzen. „Ich habe mir nichts dabei gedacht, denn ich bin nicht mehr wirklich viel aus dem Haus, seitdem die Infektionszahlen wieder im Steigen waren“, sagt die Malserin.<BR /><BR />Am Dienstagabend, 5 Tage vor dem errechneten Termin, war der Hochschwangeren „nicht mehr ganz wohl“, gerade weil sich in Mals bereits viele Menschen mit dem Virus angesteckt hatten. Nach einem Anruf in der Gynäkologie in Meran – dort wurde sie auch während der Schwangerschaft begleitet, und das Meraner Krankenhaus ist auch ihr Arbeitsplatz – wurde ihr empfohlen, sich auf das Virus testen zu lassen. „Die Hausärztin hat sofort einen Antigen-Schnelltest und einen Antikörper-Schnelltest gemacht. Und der Antigen-Test war positiv“, sagt Karin Pobitzer. Auch ihr Freund und Lebenspartner wurde positiv getestet. „Wir haben beide keine Ahnung, wo wir’s herhaben. Bis aufs Einkaufen und die Kontrolle im Spital – immer mit Maske – war ich nicht unterwegs, und mein Freund ist von Beruf Architekt und befindet sich seit März im Homeoffice. Ehrlich gesagt, dachte ich immer, das passiert mir nicht. Wir haben immer versucht, vorsichtig zu sein und waren fast nur in der freien Natur unterwegs“, erzählt sie.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="581951_image" /></div> <BR /><BR />Gemäß Protokoll erfolgte einen Tag später der PCR-Abstrich – Ergebnis in 48 Stunden. Parallel avisierte sie die Gynäkologen im Meraner Spital von ihrer Infektion. Eine grundlegende Vorab-Information im Hinblick auf die Geburt mit Covid-19. „Die Organisation einer solchen Geburt ist sehr aufwändig. Sie erfolgt nicht in einem normalen Kreißsaal, sondern eigentlich in einem Operationssaal, der getrennte Zugänge hat. Zudem muss man gerüstet sein, sollte ein Kaiserschnitt notwendig werden“, sagt der Primar der Gynäkologie am Meraner Krankenhaus, Dr. Herbert Heidegger. Die Organisation erfolgt nach einem genauen Protokoll. „Die Hebamme ist permanent bei der Gebärenden, der Arzt teilweise“, sagt Dr. Heidegger.<BR /><BR />In der Nacht auf Freitag kündigte dann der Blasensprung an, dass es bald losgehen würde. Am Morgen brachte der Lebensgefährte seine Frau im Auto nach Meran – von unterwegs die telefonische Ankündigung, dass man im Anrollen sei. In Meran vor der Notaufnahme angekommen, musste der werdende Vater seine hochschwangere Frau in die Hände Vermummter geben und gehen. „Wenn man weiß, jetzt geht’s los und ich muss meinen Freund den ganzen Vinschgau hinauf wieder heimschicken – das hat mir schon sehr leid getan, mehr für ihn als für mich. Das muss jetzt halt so sein, sagte ich mir. Ich hatte ja eh keine Wahl“, erzählt sie mit Gleichmut.<BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="581954_image" /></div> <BR /><BR />Schon im Auto hatte sie eine FFP2-Maske getragen, die ihr die Hausärztin gegeben hatte. So ging’s durch Pretriage und Notaufnahme in einen Zwischenraum. „Man hat mich von allen ferngehalten. Alle um mich herum waren vermummt – es war ein bisschen wie unter Astronauten.“ Die Gliederschmerzen waren zu diesem Zeitpunkt wieder weg, geblieben war eine verstopfte Nase und ein leichter Husten.<BR /><BR />Abgesondert ging’s ab in ein Isolierzimmer in der Geburtshilfe. „Und ich hatte großes Glück, denn ausgerechnet meine Gynäkologin war im Kreißsaal-Dienst. Auch sie und die Hebamme steckten wie die Astronauten in Schutzanzug, Maske, Brille, Visier, Handschuhe“, erzählt die Malserin. Es ging zum Wehenschreiber und erst zum Schluss durch eine Corona-Schleuse in den Kreißsaal. „Zutritt zu meinem infektiösen Kreißsaal hatte man nur im Astronauten-Anzug und ich mit der FFP2-Maske über Mund und verstopfter Nase. Mit Luftholen ist es schon irgendwie gegangen, war eine Wehe vorbei, spürte ich den Stirnhöhlenschmerz wegen der verstopften Nase und umgekehrt“, erzählt’s und nimmt’s mit Humor. <BR /><BR />Dann, Samstag um 3 Uhr morgens, war es soweit. Karin Pobitzer wurde von ihrer kleinen Dorothea entbunden. „Dorothea hat gleich geschrien, die Apgar-Werte waren super. Die Geburt ist so gut verlaufen, dass mich ein Alles-ist-gut-Gefühl durchströmte. Dorothea wurde sogar kurz zu mir gelegt, und ich habe sie mit Maske betrachtet. Gerade erst auf der Welt und schon in Quarantäne“, erzählt die Neo-Mami. Und das kleine Mädchen musste dann auch noch sofort Bekanntschaft mit den Abstrichstäbchen machen. Ergebnis: negativ. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="581957_image" /></div> <BR /><BR />Dann ging’s wieder zurück ins Isolierzimmer. Der unsichtbare Gefängniswärter Covid-19 sorgte dafür, dass zu Mami und Kind kein Besuch vorgelassen wurde. „Aber im Isolierzimmer hatten Dorothea und ich alles, was wir brauchten. Wir wurden von Hebamme, Kinderarzt und Kinderkrankenschwester sowie den Gynäkologen engmaschig und fürsorglich betreut. Ich durfte natürlich in kein Wickelzimmer, aber ich hatte eine Wickelkommode im Zimmer, Windeln und ,Gwandln‘ inklusive. Ich hatte Unterstützung beim Stillen – kurzum alles, was ich und wir brauchten“, sagt die junge Mutter. Und noch eines ist ihr wichtig zu sagen: „Für alle zukünftigen Mamis, die sich vielleicht in der gleichen Situation wiederfinden könnten und Angst vor der Geburt haben: Das Baby darf bei der Mami bleiben, es wird nicht weggenommen, wie landläufige Gerüchte die Runde machen“, sagt sie. <BR /><BR />Nach 4 Tagen im Meraner Spital wurden Mutter und Klein-Dorothea entlassen. „Wir durften einen Tag länger bleiben, weil ich in Quarantäne ja schwer zu Beratung und Hilfe komme“, sagt Karin Pobitzer. Und wieder stand ein Astronaut im Zimmer. Diesmal versteckte sich ein Sanitäter des Weißen Kreuzes Mals im Schutzanzug und trug das kleine Mädchen in der Babyschale in den Krankenwagen. „Ich habe ja keinen Vergleich, wie eine normale Geburt ist. Aber ich bin total dankbar, wie ich im Spital aufgenommen und behandelt wurde – und wie gut vorbereitet man dort war. Die einzig bittere Note, dass der Vater von Dorothea nicht dabei sein durfte“, sagt die zufriedene Neo-Mami.<BR />