<BR />Im Jahr 2021, mitten in der Pandemie, hätte für Emi Massmer eigentlich alles stimmen können. Während viele mit Einsamkeit oder Unsicherheit kämpften, empfand er diese Zeit als wohltuend ruhig. Endlich war das Tempo des Lebens etwas langsamer. <BR /><BR />Emi ist selbstständig – Fotograf, Videograf, Musiker. Er arbeitet für Hotels, begleitet Hochzeiten und steht selbst auf der Bühne. Kreativität ist sein Leben – etwas, worauf er sich im Lockdown konzentrieren konnte. Doch die Ruhe hatte auch ihre Schattenseite: Pausen gönnte er sich keine, von Montag bis Sonntag arbeitete er durch. Über eineinhalb Jahre schlich sich eine Müdigkeit, Erschöpfung und Trägheit ein, die er zunächst nicht ernst nahm. Auch die Motivation, etwas draußen zu unternehmen sank, in dieser Zeit. <h3> „Moansch i bin depressiv?“</h3>Nach außen funktionierte er anfangs weiter, als wäre alles normal – doch innerlich wurde Emi zunehmend leerer. Irgendwann stieß er auf das Wort <i>depressiv.</i> „Nein, das kann auf mich sicher nicht zutreffen“, erinnert er sich an seine Gedanken von damals. In seiner Vorstellung sah eine Depression ganz anders aus. <BR /><BR />Dann kam im Januar ein körperlicher Rückschlag dazu, der Emi zusätzlich schwächte. Ende Januar fühlte er sich so verloren wie nie zuvor. „Ich hätte nicht gedacht, dass man so tief fallen kann“. <BR /><BR />Denn plötzlich war da ein merklicher Unterschied zwischen „<i>mir geht es schlecht</i>“ und „<i>ich bin depressiv</i>“. Es fühlte sich an, als wäre er nicht mehr er selbst – Emi empfand keine Freude mehr, aber auch keine Traurigkeit.<BR /><BR /><embed id="dtext86-71459552_quote" /><BR /><BR />Er suchte das Gespräch mit seiner Mama. In der Küche rang er lange nach Worten, bis er fragte: <i>„Mama, moansch i bin depressiv?</i>“ <h3> „Wos, passiert mir des iatz wirklich?“</h3>Wenig später saßen beide beim Arzt – die Tage bis zu diesem Termin kamen ihm damals unendlich lange vor. Der Blick von außen bestätigte, was Emi bis dahin verdrängt aber dennoch geahnt hatte: Depression. Später sagte ihm der Arzt, er habe ihn in diesem Zeitraum kaum wiedererkannt – so gezeichnet war er. <BR /><BR />Emi erinnert sich an seinen ersten Gedanken nach der Diagnose: <i>„Wos, passiert mir des iatz wirklich?“</i> Ihm, dem lebensfrohen, sozialen und kreativen Emi. <BR /><BR />Schnell drängte sich noch ein zweiter Gedanke in seinen Kopf: Wie geht es nun mit seiner Arbeit weiter? Im Frühjahr beginnt für Hochzeitsfotografen die arbeitsintensivste Zeit, einige Aufträge standen bereits in der Pipeline. Einen verlässlichen Zeitraum, in dem sich eine Besserung einstellen würde, konnte ihm niemand nennen. Oftmals dauert es einige Monate bis zu einem Jahr – bei manchen mehr, bei anderen weniger. <h3> „Gesundheit geht vor, du geasch vor!“</h3>Seine Mama war es ein zweites Mal, die damals richtig handelte. <i>„Emi, dei Gesundheit geht vor – du geasch vor! Alles andere kann warten.“</i><BR /><BR />Er begann eine Therapie, schaltete bewusst sein Handy aus: Keine E-Mails, kein Social Media, keine ständigen Anrufe. Das half ihm sehr, wieder zu sich zurück zu finden – alles drehte sich um das eine Thema: Wieder vollständig gesund zu werden. Dass gerade Lockdown war, kam ihm dabei zu gute – so hatte er nicht das Gefühl etwas zu verpassen. <BR /><BR /> Es gab gute Tage und schlechte Tage, doch langsam aber sicher griff die Behandlung. Freunde und Familie sorgten sich zwar um ihn, unterstützten ihn aber gleichermaßen. Im Frühsommer wurde es spürbar leichter – der Weg „zurück“ in die Normalität war gelungen. Heute sagt Emi: „<i>Ganz bei 100 Prozent bin ich nicht, wer weiß, vielleicht muss ich auch aufhören, mich mit dem Emi von vorher zu vergleichen. Aber mit geht es mittlerweile wirklich gut, das Leben geht weiter und das ist es, was zählt.“</i><h3> „Jedes Gefühl, isch a guates Gefühl“</h3>Die Depression hat ihn verändert. Gegen so manches ist er sensibler, gegen anderes hingegen unempfindlicher geworden. Speziell bei großen Menschenmengen auf lange Dauer – da merkt Emi schnell, dass ihn dies viel Energie kostet – eine Herausforderung für einen Musiker und Fotografen. Auf der anderen Seite bringen ihn kleine Rückschläge nicht mehr so stark aus dem Gleichgewicht – er geht gelassener damit um.<BR /><BR /> Gleichzeitig achtet er mehr auf sich: Was gibt mir Kraft? Was nimmt sie mir? Smalltalk meidet er eher, sucht stattdessen tiefergehende Gespräche. Auch der Umgang mit Medien hat sich verändert, er nutzt sie gezielter und bewusster. <BR /><BR />Sensibel – und doch belastbarer, das ist Emis eigenes Resümee. Seine Resilienz ist gewachsen, weil er gelernt hat auf sich selbst zu hören und Gefühle nicht wegzudrängen, sondern ernst zu nehmen. <BR /><BR />Auch das Reden über Gefühle hat für ihn eine neue Dimension bekommen. Die Frage <i>„Wie geht’s dir?“</i>, sagt er, sollte ehrlich gemeint sein – und vor allem mit der Bereitschaft verbunden, sich auch die Zeit für ein wirkliches Zuhören zu nehmen.<BR /><BR /><embed id="dtext86-71459558_quote" /><BR /><BR />„Wer einmal eine Zeit durchlebt hat, in der er rein gar nichts gefühlt hat, empfindet es fast wie ein Geschenk, sich darüber zu ärgern, schon wieder den Bus verpasst zu haben.“<h3> Filmvorstellung „Lichter im Chaos“ </h3>Emi Massmer spielt im Dokumentarfilm „Lichter im Chaos“ von Regisseur Fabian Zöggeler mit, die Filmvorstellung tourt derzeit durch Süd- und Nordtirol.<BR /><BR /><BR /><b>Tour 2025</b><BR /><BR />•08.10.25 – St. Martin in Passeier, Dorfhaus – 20:00 Uhr<BR />•05.11.25 – Toblach, Kulturzentrum Grand Hotel – 20:00 Uhr<BR />•12.11.25 – Innsbruck, Uni Hörsaal 4 GEIWI – 19:00 Uhr<BR />•27.11.25 – Naturns, Theatersaal – 20:00 Uhr<BR /><h3> Hilfsangebot und Anlaufstellen in Südtirol</h3><u><b>Im akuten Notfall:</b></u> Notrufnummer 112<BR /><b><BR /><u>Bei psychischer Belastung:</u></b><BR /><BR />- <b>Psychologisches Krisentelefon 24/7</b>: Grüne Nummer 800 101 800 (richtet sich sich hauptsächlich an Menschen in existenziellen Krisensituationen) zu jeder Tages- und Nachtzeit erreichbar<BR /><BR /><b>- Für jungen Menschen:</b> Young+Direct: Montag bis Freitag (14:30 - 19:30 Uhr) telefonisch erreichbar unter 0471 155 1 551 - zu den gleichen Zeiten auch per WhatsApp Chat : 345 0817 056 - oder per Mail: online@young-direct.it<BR /><BR /><b>- Psychologische Dienste (zu Bürozeiten)</b><BR />Bozen: 0471 435001<BR />Meran: 0473 251960<BR />Bruneck: 0474 586220<BR />Brixen: 0472 813100<BR /><BR /><b>- Caritas Telefonseelsorge</b><BR />Telefon: 0471 052 052 (rund um die Uhr)<BR /> <a href="https://telefonseelsorge.bz.it/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.telefonseelsorge.bz.it</a><BR />Mailberatung: rund um die Uhr<BR />Chatraum: Mo bis Do von 18 bis 21 Uhr<BR /><BR /><b>- Erste Hilfe im Krankenhaus</b> (Bozen, Meran, Brixen und Bruneck) : Psychiatrischer Bereitschaftsdienst rund um die Uhr<BR /><BR />- Weitere Anlaufstellen für betroffene Menschen und Angehörige:<BR /> <a href="https://www.suizid-praevention.it/de/netzwerk-suizidpraevention-1231.html" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.suizid-praevention.it </a>& <a href="https://www.dubistnichtallein.it/" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">www.dubistnichtallein.it</a>