Nach dem Fall in Lüsen: Vor allem für eine Altersgruppe wird die neue Virus-Mutation zur ernsten Gefahr. <BR /><BR /><BR /><b>Worin besteht die Gefährlichkeit der indischen Virusvariante?</b><BR />Dr. Patrick Franzoni: In der Ansteckungsrate: Die indische Virusvariante Delta ist noch ansteckender als die britische und als die brasilianische Corona-Mutation Gamma – und sie ist auch sehr ansteckend zwischen Kindern und Jugendlichen. Diese haben weniger Rezeptoren für das Virus – ACE2-Rezeptoren in den Atemwegen. Aber: Dieses Virus „klebt“ besser, es genügen ganz wenige Viren, um trotzdem wie ein Schlüssel in diese Rezeptoren einzudringen. Der Schlüssel findet sein Schlüsselloch und geht noch schneller ins Schlüsselloch hinein als bei anderen Varianten. Das Krankheitsbild ist zum Glück – anscheinend – genau das gleiche, der Krankheitsverlauf ist derselbe wie bei anderen Varianten. <BR /><BR /><b>Sind Sie dafür, dass sich gerade wegen der indischen Variante Jugendliche ab 12 Jahren in Südtirol impfen lassen?</b><BR />Franzoni: Es wäre wichtig im Hinblick auf die Schule, die im September wieder beginnt – und um die Infektionszahlen unter Kontrolle zu halten. Die amerikanische pädiatrische Gesellschaft hat die Empfehlung gegeben, dass jeder, der die Möglichkeit hat, sich impfen zu lassen, sich impfen lassen soll. In der Lombardei beispielsweise läuft die Kampagne gut – dort lassen viele Eltern ihre Jugendlichen impfen. In England hat man mit der indischen Variante ein Riesen-Problem – und sie wütet auch extrem zwischen Kindern. Die Ansteckungszahlen steigen stark und die Krankenhäuser werden schon wieder belastet. Auch für Südtirol ist es nun sehr wichtig, dass die Ansteckungszahl nicht einen bestimmten Wert übersteigt, damit unsere Intensivstationen nicht wieder belastet werden. Deshalb muss die Botschaft jetzt lauten: Bitte nicht jede Vorsicht ablegen! Und eine weitere wichtige Botschaft, die vor allem aus den USA kommt, lautet: Wer bereits immungeschwächt ist, weil er an einer Krankheit leidet – der muss auch mehr aufpassen. Denn bei solchen Menschen könnte die Impfung ein bisschen weniger wirken, und sie könnten trotzdem erkranken.<BR /><BR /><BR /><embed id="dtext86-49387919_quote" /><BR /><BR /><BR /><b>Was raten Sie jetzt nach dem Fall in Lüsen?</b><BR />Franzoni: Südtirol hat viele Hotels, Restaurants und andere Tourismusbetriebe. Dort sollte man sehr sensibilisieren. Eine gute Impfkampagne funktioniert nur, wenn man ständig neue gute und saubere Informationen weitergibt. Das ist auch der einzige Weg, um jene Leute zu erreichen, die noch Zweifel haben. Ein Teil der Bevölkerung ist noch unentschlossen, ob er sich impfen lassen soll – diese Menschen müssen wir versuchen zu erreichen. <BR /><BR /><b>Wurde bei allen in Lüsen infizierten Bürgern die indische Variante festgestellt?</b><BR />Franzoni: Das kann ich nicht bestätigen. Die Sequenzierung ist im Gange. Es könnten theoretisch alle sein – aber erst am Montag oder Dienstag haben wir darauf die Antwort.<BR /><BR /><BR /><b>Schützt die Impfung?</b><BR /><BR /><BR /><b>Wie groß ist der Schutz vor der indischen Variante für Bürger, die nur die erste Impfdosis erhalten haben?</b><BR />Franzoni: Der Schutz nach der ersten Impfung liegt bei 30 Prozent, das ist besser als nichts – aber sie könnten damit trotzdem im Krankenhaus landen, wenn sie sich anstecken. Wenn sie die Impfung abgeschlossen haben, dann liegt der Schutz schon bei 90 Prozent: Anstecken kann man sich auch dann noch, wenn man 2-mal geimpft ist, aber niemand von den vollständig Geimpften landet auf der Intensivstation.<BR /><BR /><b>Welche Varianten sind zurzeit in Südtirol verbreitet?</b><BR />Franzoni: Die wichtigste Variante ist die britische – die heißt jetzt Alpha – mit einer Verbreitung von etwa 85 Prozent. Die südafrikanische Variante ist hingegen praktisch verschwunden, weil sie verdrängt wurde. Wir haben auch noch einige Fälle der brasilianischen Variante – aber nicht sehr viele. Und aufpassen muss man nun auf die indische – Delta. <BR />