„Neue Varianten entstehen dann, wenn Menschen aus irgendwelchen Gründen sehr lange infiziert sind – etwa, weil sie einen Tumor haben, HIV oder einfach ein geschwächtes Abwehrsystem“, erklärt Dr. Walder im s+-Interview.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="710360_image" /></div> <BR /><BR /><BR /><b>In der EU herrscht große Verunsicherung wegen der Variante. Ist dies übertrieben oder müssen wir jetzt sehr aufpassen und genau hinschauen?</b><BR />Dr. Gernot Walder: Genau hinschauen zahlt sich sicher aus. Das Virus adaptiert sich. Bisher hat sich die indische Variante (Delta, Anm. der Red.) durchgesetzt. Monatelang wurde die indische Variante weltweit von keiner lokalen Variante herausgefordert. Das passiert jetzt in Südafrika zum ersten Mal. Es ist nicht ganz unerwartet, denn die Viruslast ist weltweit hoch, wie jedes Jahr im Herbst. Entsprechend steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sich beim Virus weitere Anpassungsschritte vollziehen. Ob sich diese südafrikanische Variante aber gegen die indische Variante tatsächlich durchsetzen kann oder ob sie lokal begrenzt bleibt und wieder verschwindet, wird sich in nächster Zeit weisen. <BR /><BR /><b>„Was sagen die bisherigen Infos über diese Variante aus?</b><BR />Walder: Die bisherigen Daten zeigen: Es ist eine infektiologisch und epidemiologisch interessante Variante. Dass sie sich aber in Südafrika großräumig durchsetzen würde, haben wir bisher noch nicht gesehen. Es kann aber noch dazu kommen.<BR /><BR /><b>Reicht unser derzeitiger Impfstoff aus, um sich auch vor dieser Variante zu schützen?</b><BR />Walder: Der Impfstoff hätte schon längst angepasst werden sollen. Wir sehen ja, dass die indische Variante den Impfschutz unterläuft. Die derzeitige Impfung schützt die Bevölkerung nicht vor der Virus-Zirkulation. Wir haben 2 Drittel an voll immunisierten Menschen und trotzdem sind die Infektionszahlen höher als vergangenes Jahr um diese Zeit. Die derzeitige Impfung ist ein Schutz gegen die Intensivstation – da ist sie effektiv, wenn auch nicht so gut wie manch andere Impfung. Aber als Individualschutz ist die Impfung gut. Aber es ist sicherlich nicht redlich, zu den Leuten zu sagen, wenn sich alle impfen lassen, dann bricht die Pandemie zusammen. Das wird nämlich nicht passieren. Bis zur britischen Variante hat uns die Impfung auch vor der Zirkulation in der Bevölkerung ziemlich sicher ausreichend geschützt – bei der brasilianischen und der indischen Variante ist das aber nicht mehr der Fall. So ehrlich müssen wir sein. Die Erwartungen, die wir in die Impfung gesetzt haben, haben sich – bezogen auf das gesamte Gesundheitssystem – nicht erfüllt. Es ist, wie wenn man mit dem Grippe-Impfstoff vor 4 Jahren impft: Ich baue einen Schutz auf, aber dieser hat nicht den vollen Effekt. Es mehren sich die Hinweise, dass an einem neuen Impfstoff gearbeitet wird – und das ist positiv. Es ist sicher an der Zeit, dass wir den Impfstoff an die aktuellen Varianten anpassen.<BR /><BR /><b>Wie kommt es zu solchen Coronavirus-Varianten wie jetzt in Ländern im südlichen Afrika?</b><BR />Walder: Neue Varianten entstehen dann, wenn Menschen aus irgendwelchen Gründen sehr lange infiziert sind – etwa, weil sie einen Tumor haben, HIV oder einfach ein geschwächtes Abwehrsystem. Dann fängt das Virus an, sich in diesen Patienten zu verändern und es passt sich mit jedem Therapieschritt an den Wirt und an die Gegebenheiten an. Das passiert weltweit häufig. Wenn wir solche Menschen impfen, dann minimiert sich das Risiko, auch wenn der Impfstoff nicht das Gelbe vom Ei ist.<BR /><BR /><b>Gehen Sie davon aus, dass die neue südafrikanische Variante bereits in Italien zirkuliert?</b><BR />Walder: Auszuschließen ist dies bei der derzeitigen Mobilität der Bevölkerung nicht. Wir haben nach wie vor Ankünfte aus Südafrika. <BR /><BR /><b>Halten Sie es für richtig, dass Italien die Einreise aus südafrikanischen Ländern eingeschränkt hat?</b><BR />Walder: Ich halte dies für eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme, um die Ausbreitung zu verhindern oder zu verlangsamen.<BR /><BR /><BR />