Man kann über das Wetter sagen, was man will, aber es ist immer genügend da und keiner kommt zu kurz. Dieser Sinnspruch von Karlheinz Karius bringt es auf humorvolle Weise auf den Punkt, warum man sich permanent über das Wetter den Kopf zerbricht, obwohl man es ohnehin nicht ändern kann. <BR /><BR />Dennoch sind die aktuelle Wetterlage und das zu erwartende Wetter weit mehr als unverfängliche Small-Talk-Themen: Sie bestimmen unseren Tagesablauf, entscheiden über Aktivitäten in Freizeit und Beruf, sind oftmals der Grund für miese Laune oder Glücksgefühle. Somit ist es nicht verwunderlich, wenn am Ende der Nachrichten die obligate Wetterprognose nicht fehlen darf, wenn Wetter-Dienste zu den beliebtesten Apps zählen und wenn Meteorologen Promistatus haben. <BR /><BR />In Südtirol fällt diese Rolle vorwiegend Dieter Peterlin zu, Meteorologe im Dienste des Landes. Natürlich ist er dort nicht der einzige Meteorologe, aber er verrichtet einen gewichtigen Teil der Öffentlichkeitsarbeit, indem er verlässlicher Ansprechpartner für verschiedenste Medienorgane ist und die täglichen Wetternews interessant aufzubereiten weiß. <h3> Auswertung von Daten</h3>„Wir Meteorologen sind heutzutage hauptsächlich mit der Auswertung und Analyse von Daten beschäftigt, wobei es gilt, die globalen und internationalen Wettermodelle richtig zu interpretieren und auf die lokalen Gegebenheiten anzuwenden“, umreißt er sein Berufsbild.<BR /><BR />Wir befinden uns im 3. Stock des Landesamtes für Meteorologie und Lawinenwarnung in der Bozner Drususstraße, im gleichen Gebäudekomplex findet sich auch das Landeswarnzentrum und die Berufsfeuerwehr. In einem angrenzenden Raum wird auf einem großen Bildschirm ein Satellitenbild, das Bild des Niederschlagsradars und die von mehreren Webcams eingefangene Wetterlage ausgespielt, dahinter sind auf mehreren Tischreihen Computerbildschirme angeordnet. „Im Fall extremer Wetterereignisse treffen sich hier die Experten zur Bewertung der Lage und um schnell Entscheidungen treffen zu können“, erklärt Amtsdirektorin Michela Munari die Struktur. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="878507_image" /></div> <BR /><BR />Unterm Strich umfasst das Amt für Meteorologie und Lawinenwarnung 13 Mitarbeiter, darunter die Meteorologen Günther Geier, Philipp Tartarotti, Dieter Peterlin und Lukas Rastner sowie den Radartechniker Mauro Tollardo. Geleitet wird das Amt seit 1996 von Amtsdirektorin Michela Munari, sie präzisiert, dass alle Mitarbeiter einen super Job machen und es für ein funktionierendes Team eben auch Verwaltung, Sekretariat, Informatik und Technik für die Wartung der Stationen braucht. Das Amt hat in den vergangenen Jahren insofern Entwicklungen durchgemacht, als dass mehrfach Dienste dazugekommen oder zusammengelegt worden sind. <BR /><BR />Zu den Aufgaben zählen neben der täglichen Wetterprognose auch das Erstellen der monatlichen Analyse in Form des „Climareportes“, des Jahresberichtes im Bereich Lawinenwarndienst, Avalanchereport, sowie diverse Spezialberichte. „In den Anfangsjahren belieferte der Landeswetterdienst einmal täglich seine Kunden mit Wetternews, die Prognose erstreckte sich auf 3 bis 4 Tage“, weiß Munari. Heute werden 2 Berichte täglich erstellt. <h3> Wetterstationen liefern Daten</h3>Das technische Herzstück befindet sich im 1. Stock, wo die Server unablässig mit Datenmengen gespeist werden. Alle 10 Minuten werden die Daten der automatischen Stationen via Funk abgerufen und gespeichert. Bei den globalen Wettermodellen dient nach wie vor das Europäische Zentrum für mittelfristige Wettervorhersage (ECMWF) mit Sitz im englischen Reading als Referenzgröße, es ist ein unabhängiges Forschungsinstitut und u. a. zuständig für die Berechnung der Wettermodelle, globale Vorhersagen und Klimatologie. <BR /><BR />Peterlin weist darauf hin, dass man grundsätzlich zwischen Wettervorhersagen und Wetterbeobachtung unterscheiden muss: Die Wetterbeobachtung reicht in Südtirol bis ins ferne Jahr 1850 zurück, während die Wettervorhersagen erst in den 1980er- und 1990er-Jahren durch die neuen Informationstechnologien so richtig an Fahrt aufgenommen haben. <h3> Knapp 70 Wetterbeobachter</h3>Zusätzlich zu den weltweit verfügbaren Daten werden in Südtirol die Werte von 96 Wetterstationen (58 im Tal und 38 am Berg) ausgewertet, diese bestehen aus einer einem 1,5 Meter hohen Masten, wo die verschiedenen Sensoren zur Erfassung des Niederschlags, der Temperatur, der Globalstrahlung etc. angebracht sind, einem 10 Meter hohem Masten zur Erfassung des Windes (Stärke und Geschwindigkeit) und einem Schaltkasten für die Elektronik. <BR /><BR />Von diesen Wetterstationen wird eine Vielzahl von Werten übermittelt: Lufttemperatur, Niederschlag, Windgeschwindigkeit, Windrichtung, relative Luftfeuchtigkeit, Luftdruck, Sonnenscheindauer sowie Globalstrahlung. „Zusätzlich dazu dürfen wir nach wie vor auf die Informationen von knapp 70 Wetterbeobachtern zurückgreifen, die jeden Tag die Temperatur am Thermometer ablesen, die Niederschlagsmenge im Kübel nachmessen sowie die Schneehöhe messen“, sagt Munari. Das mag in der heutigen hochtechnologischen Ära kurios wirken, sei aber nach wie vor ein wertvoller Dienst. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="878510_image" /></div> <BR /><BR />Wie zuverlässig ist denn nun eine Wetterprognose heute tatsächlich? „Bei Vorhersagen für die nächsten 24 Stunden liegt die Trefferquote bei 95 Prozent, danach nimmt sie natürlich Tag für Tag sukzessive ab, wobei das stets von der Großwetterlage und den sich laufend ändernden physikalischen Prozessen abhängt“, lässt Peterlin wissen. <BR />In der Tat hat man in dieser Hinsicht in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht, wobei bei den Menschen zumeist nur jene Prognosen hängen bleiben, die nicht zutreffend sind. <BR /><BR />Wettervorhersagen von mehr als 10 Tagen würden dagegen keinen Sinn machen, da könne man „gleich würfeln“. Natürlich hängt es auch davon ab, wie stark man ins Detail geht, was die Abdeckung des Territoriums betrifft – Stichwort Bezirkswetter oder Bergwetter. Exakt dieser Punkt erweist sich als immer wichtiger, und gerade hier zeigt sich die Daseinsberechtigung von Meteorologen in Zeiten automatisch generierter Wettervorhersagen. <h3> Im Gebirge ist es schwierig</h3>Peterlin erklärt: „Die vollautomatisierten Wettervorhersagen, wie man sie zuhauf im Internet findet, sind sicherlich nicht schlecht, aber sie werten lediglich die verfügbaren Prognosemodelle aus. Der lokale Wetterdienst hingegen zieht die spezifischen ortsgebundenen Daten hinzu, arbeitet also um ein Vielfaches detaillierter und besitzt größere Kenntnisse über die lokale Orographie – also die Anordnung des Territoriums.“ <BR /><BR />Bekanntermaßen sind Wetterprognosen in Gegenden mit Gebirgen wegen der topografischen Besonderheiten komplexer als im Flachland. Die Zuverlässigkeit ist natürlich immens wichtig, auch weil man immer mehr Aktivitäten und Arbeiten an der Wetterlage ausrichtet: Das Spektrum reicht von einem freien Tag auf der Skipiste bis hin zur Programmierung der Rasenberegnung oder dem Auslastungsgrad in einem Hotel, die Ansprüche sind dabei so verschieden wie die Menschen selbst. <BR /><BR />Beim Vergleich von Wetterdaten rücken lange Datenreihen verstärkt in den Vordergrund, etwa wenn es um Niederschlagsmengen oder Temperaturen geht. Mit gut aufbereiteten Darstellungen können so die Veränderungen im Laufe der Jahre und Jahrzehnte und folglich das Fortschreiten des Klimawandels veranschaulicht werden. Hierzulande können die Meteorologen großteils bis zum Jahre 1921 zurückgreifen, verfügen also ziemlich genau über 100 Jahre an gesicherten Wetterdaten.<BR /><BR /> Die allerersten gesicherten Aufzeichnungen reichen bis ins ferne Jahr 1857 zurück, weiß Munari: Patres im Kloster Marienberg haben das Wetter im Obervinschgau festgehalten und damit eine der allerersten Klimastationen in Tirol betrieben, die von der Zentralanstalt für Meteorologie der k. u. k. Monarchie eingerichtet worden war. <BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="878513_image" /></div> <BR /><BR />Und was hingegen bringt die Zukunft? Amtsdirektorin Munari sagt: „Allein für das heurige Jahr sind 2 Neuerungen geplant, immer mit dem Zweck, unsere Dienste noch bürgerfreundlicher zu gestalten.“ So soll die Wettervorhersage für das gesamte Territorium der Euregio auf einer einzigen Seite dargestellt werden, weil die Menschen nun mal immer mobiler werden und sich immer öfter ein Bild machen wollen, wie denn das Wetter am Gardasee oder in Innsbruck wird. Möglich macht es die Zusammenarbeit mit den Partnern in Tirol und im Trentino. Als Vorbild dient hierbei der „Lawinen.Report“, welcher ebenso durch die Zusammenarbeit der Lawinenwarndienste von Tirol, Südtirol und Trentino zustande kommt und sehr gut angenommen wird. <BR /><BR />„Außerdem sind wir gerade dabei, unsere Wetter-App zu überarbeiten und dann statt des Bezirkswetters die Wetterprognose für jede Gemeinde zu erstellen“, ergänzt Peterlin. Die Modelle lassen mittlerweile derartige punktgenaue Vorhersagen zu. Dann wird man wohl noch mehr als jetzt schon über das Wetter diskutieren. <h3> Ein neues Niederschlagsradar</h3>Zusätzlich dazu wird noch der Niederschlagsradar am Gantkofel, der bereits seit 23 Jahren im Einsatz ist, mit einem neuen Gerät ausgetauscht. Dieses Radar tastet die Luft im Umkreis von 120 Kilometern ab und gibt die Niederschlagsverteilung und -intensität grafisch wieder. Besonders im Falle von Gewittern und intensiven Niederschlagen ist es von großer Bedeutung, denn es ermöglicht das Beobachten und Verfolgen von Niederschlägen und Gewitterzellen in Echtzeit (Nowcasting). Es wird zusammen mit dem Trentino betrieben, kommt also beiden Provinzen zugute.<BR /><BR /> Allen Neuerungen zum Trotz wird wohl weiterhin der Leitspruch des Schweizer Aphoristikers Walter Ludin nichts von seiner zeitlosen Bedeutung verlieren: „Seien wir mit dem Wetter zufrieden. Es gibt vorläufig kein anderes.“<BR />