<b>Im Interview berichtet Ideengeber Christian Schölzhorn, welche Ziele die Initiative verfolgt, was bereits erreicht wurde und wo es noch Verbesserungsbedarf gibt.<BR /><BR />Wie ist die Idee zum „Kleinen Bezirk mit dem großen Herzen“ entstanden?</b><BR /><b>Christian Schölzhorn</b>: Ausschlaggebend war zum einen die fehlende Barrierefreiheit am Bahnhof Sterzing, die mich immer schon geärgert hat. Deshalb habe ich mir überlegt, wie man dieses Anliegen gemeinsam nach außen tragen könnte. Zum anderen war es mir wichtig, sich gegenseitig zu unterstützen und zu helfen. Menschen mit besonderen Bedürfnissen Selbstvertrauen und Selbstwertschätzung zu vermitteln, sind mir ebenfalls ein großes Anliegen.<BR /><BR /><b>Wann wurden diese Gedanken konkreter?</b><BR />Schölzhorn: Als ich die richtigen Leute gefunden habe, die auch von dieser Idee überzeugt waren. Josef Turin und Florian Mair, Fritz Karl Messner, Carmen Turin und Helmut Messner waren von Anfang an dabei, später kam Edeltraud Braunhofer dazu. Gemeinsam konnten wir die Gemeinden für unser Anliegen gewinnen und erhielten finanzielle Unterstützung, um mit der EURAC ein Konzept auszuarbeiten. <BR /><BR /><b>Was sind die Hauptanliegen der Initiative?</b><BR />Schölzhorn: In unserer schnelllebigen Welt wollen wir füreinander da sein und Gemeinschaft erleben. Wir wollen die Menschen dazu bewegen, Zeit miteinander zu verbringen. Die Möglichkeiten, Zeit zu schenken, sind so vielfältig wie die Menschen, die unsere Zeit brauchen. Wir wollen die Gesellschaft im Wipptal vor allem für die Bedürfnisse von Menschen mit besonderen Bedürfnissen sensibilisieren sowie vereinsamten Menschen beistehen. Am Ende ist es ein gegenseitiges Geben und Nehmen, das allen zugutekommt. <BR /><BR /><b>Ein schwieriges Unterfangen?</b><BR />Schölzhorn: Wir wollen Barrieren abbauen und Brücken aufbauen, was oft mühsam und aufwändig ist. Aber wenn es gelingt, Menschen und ihre bunten Welten zusammenzubringen, erlebt man magische Momente, die bereichernd für alle sind. Der gemeinsam erlebte Sonnenaufgang in Ratschings war so ein Gänsehaut-Moment. Wir sehen immer wieder, dass die Grundidee funktioniert und sich langsam etabliert. Es braucht aber Ausdauer und Hartnäckigkeit. Manche Aktionen sind nicht so gut gelaufen wie gewünscht, andere wiederum waren sinngebend für alle Teilnehmer und den ganzen Bezirk.<BR /><BR /><b>Was könnte besser laufen? </b><BR />Schölzhorn: Synergien könnten noch stärker gebündelt und die Vereine mehr zusammengebracht werden. Manchmal ist es schwierig, Termine zu koordinieren und die Zielgruppe zu erreichen. Was uns nach wie vor fehlt, ist eine neutrale Plattform. Ein möglicher Schlüssel könnte eine professionelle Begleitung durch die GRW Wipptal sein. Diese könnte ein starkes Fundament für eine bessere Vernetzung bilden und darüber hinaus einen langfristigen Bestand der Initiative garantieren, damit unsere Ideen über die Generationen weitergetragen wird.<BR /><b><BR />Sie engagieren sich seit Jahren mit viel Herzblut ehrenamtlich für Menschen mit Behinderung. Was treibt sie an?</b><BR />Schölzhorn: Mein früherer Job als Wirtschaftsberater erforderte sehr viel Präzision, alles musste auf den Cent genau sein. Es war eine sehr fordernde Welt, die mich aber nicht zur Gänze erfüllt hat. Die Arbeit mit Menschen mit Behinderung hat mir gewissermaßen die Kehrseite gezeigt. Wenn ich meine Fußballgruppe oder die Skigruppe trainiere und sehe, wie sich die Mitglieder freuen, was ich bewirken kann und wie sie mein Leben bereichern, dann fühlt man sich im Leben angekommen. Daraus schöpfe ich Kraft und Energie für meinen Beruf.<BR /><BR /><b>Wie möchten Sie im Gegenzug Selbstvertrauen und Selbstwertschätzung der Menschen stärken?</b><BR />Schölzhorn: Wer den Mut hat, zu einer unserer Veranstaltungen zu gehen, damit Neues ausprobiert, mit Menschen in Kontakt tritt und Verantwortung für sich selbst übernimmt, der gewinnt auch an Selbstvertrauen. Und wenn wir es schaffen, jemand aus seiner vielleicht dunklen, einsamen Welt herauszuholen, indem wir ihm ein paar Stunden gemeinsame Zeit schenken, bekommt er vielleicht auch das Selbstvertrauen und die Kraft, an seinen Themen zu arbeiten.<BR /><BR /><b>Mit der Aktion für einen barrierefreien Bahnhof ist die Initiative erstmals – auch medial – groß in Erscheinung getreten. Was hat die Aktion bewirkt?</b><BR />Schölzhorn: Das Ziel eines barrierefreien Bahnhofs war gewissermaßen die Initialzündung. Wir haben damit gezeigt, dass wir gemeinsam und geschlossen stark sind, dass wir dadurch mehr bewegen können als mit Protest. Es war definitiv der richtige Weg, denn 2024 soll nun endlich die Barrierefreiheit umgesetzt werden. Darauf sind wir alle sehr stolz. <BR /><b><BR />Welche Pläne gibt es für die Zukunft?</b><BR />Schölzhorn: Wir sind voller Tatendrang und haben viele Ideen. Auf einem guten Weg sind wir bei der Gründung einer Theatergruppe für Menschen mit Beeinträchtigung im Wipptal. Auch bewährte Aktionen, wie das gemeinsame Erleben des Sonnenaufgangs am Rosskopf und in Ratschings, stehen wieder auf dem Programm, neu ist eine Sonnenuntergangswanderung in Ladurns.<BR /><BR /><b>Sind die Wipptaler bereit, die Initiative mitzutragen?</b><BR />Schölzhorn: Es hat uns überrascht, auf wie viel Elan und Kreativität wir bei der Bevölkerung gestoßen sind. Die Bereitschaft, uns zu unterstützen, ist wirklich sehr groß. Wir Wipptaler sind zwar ein kleiner Bezirk, wir haben aber ein großes Herz.<BR />