Wenn man unheilbar krank ist und kein Leben mehr in Würde führen kann, sehen Betroffene oft keinen anderen Ausweg mehr, als das Recht auf Hilfe zur Selbsttötung zu beanspruchen. 2019 hat das italienische Verfassungsgericht in einem Urteil entschieden, dass ein ärztlich assistierter Suizid unter bestimmten Voraussetzungen nicht strafrechtlich verfolgt werden darf. <BR /><BR />„Der Regionalrat von Venetien hat im Vorjahr über einen Gesetzesentwurf zur Sterbehilfe diskutiert, der aber abgelehnt wurde. Die Toskana ist nun die erste Region in Italien, die das Thema gesetzlich regelt“, erklärt Dr. Herbert Heidegger.<h3> Sollte Südtirol ein Sterbehilfe-Gesetz erlassen?</h3>Sollte Südtirol dennoch mit einer eigenen Regelung nachziehen, wie es manche politische Vertreter bereits fordern? „Ich halte es nicht für sinnvoll, wenn jede Region ein eigenes Gesetz erlässt. Das wäre eine gesamtstaatliche Angelegenheit“, sagt Dr. Heidegger. Er hofft, dass die Regierung die Ereignisse in der Toskana als Ansporn sieht, um endlich ihre Hausaufgaben zu erledigen. <BR /><BR /><embed id="dtext86-68741026_quote" /><BR /><BR /> Dennoch „schläft“ man in Südtirol nicht: „Wir fragen uns schon länger, was passiert, wenn sich ein Patient in Südtirol diesen assistierten Suizid wünscht“, erklärt er. Seit einem Jahr gibt es eine Arbeitsgruppe innerhalb des Landesethikkomitees. „Wir hatten schon mehrere Sitzungen, als nächstes steht ein Treffen mit dem Sanitäts-Generaldirektor Christian Kofler, an“, berichtet der Präsident. <BR /><BR />Um Zugang zum assistierten Suizid zu erhalten, müssen nämlich bestimmte Kriterien von einer Expertenkommission geprüft werden. Anschließend braucht es eine Stellungnahme des Landesethikkomitees, dann muss die Rolle des Sanitätsbetriebes definiert werden: Wo, von wem und mit welchen Medikamenten wird der Suizid durchgeführt?<BR /><BR /> „Wir möchten eine operative Leitlinie erarbeiten, falls eine Anfrage an den Sanitätsbetrieb gestellt wird“, sagt Dr. Heidegger. Offiziell habe zwar noch niemand angefragt, aber ihm sind unheilbar kranke Patienten bekannt, die Sterbehilfe im Ausland in Anspruch genommen haben. <BR /><BR /><embed id="dtext86-68741310_quote" /><BR /><BR />Der Europäische Gerichtshof hat 2022 entschieden, dass ein Verbot der Sterbehilfe nicht mehr mit der Charta der Menschenrechte vereinbar ist. In welchem Umfang Sterbehilfe gewährt wird, ist aber den Staaten überlassen. „Es gibt ein Recht auf Leben, aber keine Pflicht zum Leiden“, sagt Dr. Heidegger. <BR /><BR />Im Rahmen der ethischen Diskussion lautet die Kernfrage: Wie kann dem Betroffenen aus einer existenziellen Krise geholfen werden? „Im Einzelfall ist der assistierte Suizid eine angemessene Form der ärztlichen Hilfe. In den meisten Fällen ist aber das Angebot der Palliativmedizin die bessere Lösung“, schließt der Präsident des Landesethikkomitees. <BR /><h3> Landtag: Team K mit Gesetzesvorschlag</h3>„Da der Staat Italien immer noch säumig ist, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, ist es höchste Zeit, dass wir uns nun in Trentino-Südtirol, nach dem Beispiel von Toskana und Venetien, die Debatte beginnen, diese ethisch und rechtlich sehr komplexe Materie zu regeln“, sagt der Team K-Landtagsabgeordnete Franz Ploner. <BR /><BR /><embed id="dtext86-68741314_quote" /><BR /><BR />Deshalb hat er einen Gesetzesvorschlag zum Thema “Freiverantwortliches Sterben zulassen“ eingebracht. Im Sinne des Verfassungsgerichts soll gesetzlich geregelt werden, dass Patienten in absoluten Ausnahmesituationen selbstbestimmt über die Behandlungen entscheiden können – und dabei auch frei sind, mit ärztlicher Hilfe unerträgliches Leiden zu beenden, ist das Team K überzeugt. <BR /><BR />„Der Südtiroler Landtag ist der Ort, an dem wir über dieses heikle Thema, bei allen Abwägungen und auch gerechtfertigten Bedenken, reden können und müssen“, so Ploner.