Vor einem Monat wurde Andreas Conca, Primar für Psychiatrie am Krankenhaus Bozen, von einem 57-jährigen Patienten mit einem Küchenmesser attackiert und leicht verletzt. Diese Woche sprach der Mediziner im Hörfunk von RAI Südtirol erstmals über diesen Angriff: Die Attacke sei glimpflich ausgegangen, <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/primar-andreas-conca-es-war-ein-mordanschlag" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">„aber von der Dynamik her entspricht sie einem Mordanschlag“, meinte der Primar.</a><BR /><BR />Ein schlimmer Vorfall, der weit schlimmer hätte enden können. Die Schilderungen des Primars haben mich berührt, vor allem ein Moment des Gesprächs: Als Primar Conca die Tränen kommen, sagt die interviewende Journalistin, eine solch emotionale Reaktion sei „überraschend und ungewohnt“. Conca entgegnet: „„Wir predigen ständig, dass wir Gefühle zeigen sollen, und dann soll ausgerechnet ich keine Gefühle zeigen? Ich bin, wie ich bin.“ Eine starke Aussage. <BR /><BR />Da spricht jemand über eine extreme Ausnahmesituation, in der es um Leben und Tod ging - und selbst da sind Emotionen noch „überraschend und ungewohnt“. Das ist ziemlich schade. Denn Conca hat Recht: Wir sollen und dürfen Gefühle zeigen. Das würde uns und unseren Beziehungen nur gut tun.<BR /><BR />Trotzdem fällt es vielen – besonders in Südtirol – schwer aus sich herauszugehen, verletzliche Seiten zu zeigen oder einfach mal in sich hineinzuhorchen. Selbst wenn drinnen der Sturm tobt, soll nach Außen stets die blitzblanke Fassade gewahrt bleiben. Da kann ich mich selbst auch nicht davon ausnehmen. Und frage mich: Wovor haben wir eigentlich Angst?<BR /><BR /><embed id="dtext86-66998852_quote" /><BR /><BR />Im Grunde sehnen wir uns doch alle nach echten und tiefen Beziehungen, in denen wir so angenommen und akzeptiert werden, wie wir eben sind. Und doch geben wir uns alle Mühe, unsere Emotionen und Gefühle vor der Welt zu verbergen, sie herunterzuschlucken, den Schein zu wahren und uns nicht so zu zeigen, wie wir sind. Paradox. Wie soll uns jemand annehmen, wie wir sind, wenn wir gar nicht zeigen, wie wir sind?<BR /><BR />Und wir verpassen so viel! Wer ständig dafür sorgt, dass seine Gefühle ganz tief eingesperrt bleiben und nicht an die Oberfläche kommen, lernt sich selbst nie wirklich kennen. Er verpasst die Möglichkeit auf Resonanz, Unterstützung oder frischen Input von seinem Gegenüber zu stoßen. Und er vereitelt die Chance darauf, dass auch das Gegenüber einen Blick in sein Innenleben gewährt und sich daraus eine wertvolle Verbindung entwickelt.<BR /><BR />Also was soll schon schief gehen? Weniger Schein und mehr Sein! Raus mit den Gefühlen und Emotionen – schließlich machen sie uns zu dem, was wir sind!