Walter Huber, einst u.a. Direktor der Landesumweltagentur und Gründer des Institutes für Innovative Technologien und des Wasserstoffzentrums in Bozen, wundert sich gelinde gesagt, wie viel Potenzial Südtirol ungenutzt lässt. Und zwar ganz ohne den Anbau spezieller Energiepflanzen. <BR /><BR />40 Prozent des Gasbedarfes, schätzt Huber, könnte man in Südtirol selber decken: „Das wäre ganz schön viel“, so Huber. Insbesondere bei Biogas – hergestellt aus Gülle und Mist – sieht er noch viel Luft nach oben. 31 zumeist kleinere Anlagen gibt es in Südtirol, aber dennoch landet noch immer der Großteil der Gülle von Südtirols rund 30.000 Kühen auf der Wiese. <BR /><BR />„Und keineswegs so, wie es eigentlich sein sollte“, kritisiert Huber. Denn eigentlich sollte auf der Grünfläche nur so viel Dünger ausgebracht werden, wie tatsächlich benötigt wird. Während für den Landwirt im Obst- und Weinbau regelmäßige Bodenanalysen schon längst Routine sind, sieht dies in der Grünlandwirtschaft anders aus, der Bedarf wird meist nicht erhoben. <h3> Zu hohe Nitratbelastung</h3>Zwar hat der Gesetzgeber in Südtirol geregelt, dass ein Landwirt pro Hektar Land nur 2,5 Großvieheinheiten (GVE; gestaffelt, je höher die Fläche liegt, desto weniger GVE sind erlaubt) halten darf, um einen zu hohen Gülleaustrag und damit eine zu hohe Nitratbelastung zu vermeiden. Aber, so Huber: „Zum einen wird nirgends kontrolliert, ob der Landwirt die Gülle gleichmäßig auf seine Flächen verteilt. Und Hand aufs Herz, die leichter erreichbaren Flächen bekommen so mehr als ungünstig gelegenere.“ <BR /><BR />Aber noch entscheidender: „Die Gülle-Menge bzw. der Nitratgehalt, die bzw. der pro GVE angenommen wird, entspricht nicht den tatsächlichen Werten der modernen Hochleistungskühe.“ Das ganze Konstrukt hinkt also. Auch gebe es Landwirte, die mehr Kühe hätten, als sie dürften. Doch eine Anpassung der Vorgaben und damit eine Reduzierung der Kühe ist für Huber nicht die Lösung: „Wir riskieren ja nur, dass sich für viele unserer Bauern die ganze Viehhaltung dann nicht mehr lohnt. Das kann nicht Sinn der Sache sein, denn die Landwirte pflegen auch unsere Landschaft.“ <BR /><BR /><embed id="dtext86-58673232_quote" /><BR /><BR />Die Alternative: mehr Biogas-Anlagen nach dem Vorbild der Wipptaler Anlage. Diese könnten und sollten sich seiner Ansicht nach zu einem „Cluster“ zusammenschließen und ihre Produkte, denn neben Bio-Gas lässt sich u.a. sozusagen als Nebenprodukt wertvoller Dünger herstellen, gemeinsam vermarkten. „Wir müssen im Bereich der alternativen Energien prinzipiell viel flexibler werden, auch von Seiten der Behörden. Derzeit liegen viele Ressourcen regelrecht brach, allein beim Biogas könnten wir bis zu 50 Prozent mehr produzieren“, sagt Huber. <BR /><BR />Solch innovative Betriebe bieten tolle Arbeitsplätze in der Peripherie und könnten gerade für junge Leute interessant sein. Das würde den ländlichen Raum attraktiver machen und den Zuzug in die Städte mindern.<h3> Möglichkeiten bei organischem Abfall</h3>Zudem hat laut Huber auch die Südtiroler Vergärungsanlage für organischen Abfall noch freie Kapazitäten. Und aus organischem Abfall der Haushalte sowie der Lebensmittelindustrie ebenfalls Gas zu produzieren, „ist derzeit der wesentliche Punkt und wichtiger als die Produktion von etwa Kompost“. Davon, so Huber, „brauchen wir in Südtirol nicht viel, unsere Humusschicht ist eher zu hoch als zu niedrig und im Vergleich zu anderen Regionen auf Staatsgebiet jedenfalls wesentlich höher“, so Huber. <BR /><BR />Um das Klimaziel zu erreichen, sei es derzeit das Gebot der Stunde, so weit wie möglich von fossilen Energielieferanten wegzukommen und so weit wie möglich autonom zu werden. „Mehr als 20 Prozent sollten wir nicht zukaufen müssen. Aber derzeit begeben wir uns in Europa nur von einer Abhängigkeit in die andere“, kritisiert er. Schlafen wir den Schlaf der Gerechten? „Wir schlafen nicht nur, wir schnarchen auch noch ganz laut.“<BR />