Beim Abstieg von der 3532 Meter hohen Watzespitze stürzte vergangenen Samstag ein 24-jähriger Deutscher in den Tod. Ebenfalls am Samstag starb ein Einheimischer (66) im Vomper Loch, seine Leiche hatten Retter rund120 Meter unterhalb eines steilen Steiges gefunden.<BR /><BR />Montagmittag schließlich verunglückten zwei Israelis am Stubaier Höhenweg. Ein 58-Jähriger rutschte auf dem nassen Boden zwischen Franz-Senn-Hütte und Starkenburger Hütte aus. Sein 30 Jahre alter Sohn wollte ihn noch festhalten, wurde aber mit in die Tiefe gerissen. <a href="https://www.stol.it/artikel/chronik/drama-in-nordtirol-vater-und-sohn-stuerzen-auf-hoehenweg-in-den-tod" target="_blank" class="external-link-new-window" title="">(Wir haben berichtet)</a><BR /><BR />Vier Tote binnen drei Tagen. Eine tragische Serie. Und ein weiterer Teil einer bislang traurigen Bilanz in Tirols Bergen. 21 Menschen starben heuer seit Mai im alpinen Gelände, vergangenes Jahr waren es zehn – es gab also bislang mehr als doppelt so viele tödlich Verunglückte.<BR /><BR />Laut Daten des Österreichischen Kuratoriums für Alpine Sicherheit (ÖKAS) liegt das Zehn-Jahres-Mittel in dieser Statistik ebenfalls bei zehn Toten. Wie lässt sich dieser extreme Anstieg erklären?<h3> Die meisten Toten beim Wandern</h3>Ein genauer Blick auf die Zahlen zeigt: Die meisten Toten gab es beim Wandern, insgesamt sind es 15. Drei Menschen starben bei einer Hochtour, zwei beim Mountainbiken und einer beim Klettern. In den meisten Fällen, nämlich sieben, nennt die ÖKAS-Statistik einen Absturz als Unfallursache. Der zweithäufigste Grund für tödliche Unglücke ist das Stolpern beziehungsweise Ausgleiten (fünf), gefolgt vom Blitzschlag (drei).<BR /><BR />Dass Menschen am Berg durch einen Blitz sterben, ist ungewöhnlich. Dass es gleich drei sind, sogar extrem selten. Umso mehr schockierte Mitte Juni ein Unglück im Verwall, bei dem ein Ehepaar im Alter von 60 Jahren und der Bruder der Frau (62) durch einen solchen Einschlag getötet wurden.<BR /><BR />„Sowas ist dann einfach tragisch“, sagt Viktor Horvath, Leiter der Tiroler Alpinpolizei der tt.com. „Vielleicht sogar Schicksal.“ Durch diese absoluten Ausnahmeereignisse gehe die Statistik „natürlich auch merklich“ nach oben, allein aber könnten sie den drastischen Anstieg der Bergtoten nicht erklären. Ein möglicher weiterer Grund: die schiere Masse der Wanderer und Wanderinnen, Kletterer und Kletterinnen, die es im Urlaub oder während der Freizeit in die Höhen zieht. „Da steigt die Zahl der Unfälle eben mit an.“<h3> Zu wenig Konzentration</h3>Jedoch greife selbst als Erklärung zu kurz, sagt Horvath. „Schon auffällig sind die vielen Toten beim Bergsteigen beziehungsweise -wandern, von denen nicht wenige zuvor ausrutschten oder stolperten.“ Der Chef der Alpinpolizei glaubt, dass hier mangelnde Wachsamkeit mit eine Rolle spielt. „Die Leute müssen sich wieder mehr auf das konzentrieren, was sie tun: gehen. Wer aufs Handy schaut, ein Foto macht oder etwas trinkt, soll einfach kurz stehen bleiben.“<BR /><BR />Denn im alpinen Gelände werde es von Jahr zu Jahr gefährlicher, wozu auch der Klimawandel einen Teil beitrage, sagt Horvath. „Steinschlag wird häufiger, der Felsen brüchiger. Durch Starkregen oder Hagel leidet das Wegenetz und die Zahl der Stellen, an denen potenziell etwas passieren kann, nimmt zu.“<h3> Ausrüstung passt, Selbstbild nicht</h3>Dass am Berg immer etwas passieren kann, sei allerdings einer größer werdenden Zahl an Menschen kaum bewusst, glaubt zumindest Walter Zörer. Er ist Vorstandsmitglied der ÖKAS und Vorsitzender des Verbandes der Österreichischen Berg- und Skiführer. „Inzwischen haben wir kaum noch ein Problem mit unpassender Ausrüstung, die Wahrnehmung über das persönliche Können lässt jedoch zu wünschen übrig“, sagt Zörer.<BR /><BR />Verantwortlich dafür macht er unter anderem Soziale Netzwerke, wo ein romantisiertes Bild des Alpinismus gezeigt werde. „Am Berg ist nicht immer alles schön und einfach, es braucht einiges an Können und manchmal auch die Gnade, bei schlechtem Wetter umzudrehen. Das sind die harten Fakten. Die verkaufen sich halt weniger gut.“<BR /><BR />Verkauft werden Ausflüge in die Tiroler Bergwelt immer öfter von ausländischen Reisebüros – die verunglückten Israelis haben etwa ihre Hütten-Wanderung bei einem solchen Anbieter gebucht. „Von diesen Anbietern werden Träume und Touren offeriert, die nichts für jedermann sind. Leider wird zu wenig über die Gefahr aufgeklärt.“ Zörer nimmt die Agenturen in die Pflicht, ihre Kunden besser zu informieren. Ebenso gefordert seien die Touristen. „Das Lesen eines Prospekt-Textes bereitet niemanden aufs Wandern oder Bergsteigen vor.“