Sein Kollege Beniamino Migliucci pochte auf die Unglaubwürdigkeit der Zeugen: „Das ist ein Prozess über das Dorfgerede.“Auf „sumpfigem Boden“ bewege man sich, wenn man das Gerede im Dorf als Indiz für die Schuld von David Zanol (31) einstufe, so Migliucci. Bis zur Vorverhandlung habe die Anklage gegen David Zanol auf fahrlässige Tötung gelautet, obwohl der Ankläger die Aussagen von Isabella Bonatti und Abdel Shaban schon kannte. Bonatti hatte erklärt, dass Shaban von einem Ägypter berichtet habe, dem Zanol das Angebot gemacht habe, einen Familienangehörigen zu töten. Offensichtlich habe der Staatsanwalt diesen Aussagen aber erst Bedeutung zugemessen, als zwei Tage später der „Kronzeuge“ Francesco Zorzi aufgetaucht sei, so Migliucci. Auch seine Glaubwürdigkeit zog Zanols Verteidiger in Zweifel. Wieso sei Zorzi erst so lange, nachdem ihm Zanol eigenen Angaben zufolge 5000 Euro für die Ermordung seiner Mutter Maria (53) angeboten habe, zur Staatsanwaltschaft gegangen? Und weshalb sei er gleich über die Presse an die Öffentlichkeit gegangen? „Ich misstraue Personen, die sich derart in den Mittelpunkt rücken“, sagte Migliucci. Und selbst wenn es das Gespräch zwischen Zorzi und Zanol in einem Gastlokal – nach Alkoholgenuss – gegeben haben sollte: „Wenn mir herausrutscht: Diese Person könnte ich umbringen, und der Person passiert Monate später etwas, heißt das automatisch, dass ich sie getötet habe?“Keinerlei „Anomalien“ gebe es rund um die Versicherungspolizze von Maria Zanol. Auch wenn die 53-Jährige nur über ein bescheidenes Einkommen verfügte, so heiße das nicht, dass ihr nicht am Herzen gelegen sei, für ihren Sohn vorzusorgen. Laut Bankbeleg habe sie selbst die Rate für die Polizze bezahlt. Die Anklage behaupte, David Zanol habe lange geplant, seine Mutter zu töten. „Wenn das wahr wäre, wäre er wohl kaum so dumm gewesen, es wenige Stunden vor Ablauf der Versicherung zu tun“, argumentierte Migliucci.Sein Kollege Paolo Fava erläuterte dem Berufungsschwurgericht anhand von Fotos und einer Simulation auf einer Leinwand im Gerichtssaal den Unfallhergang vom 10. September 2006. Bei nur gering verändertem Aufprallwinkel auf die Mauer in Aicholz wäre entweder Maria Zanol nur leicht verletzt worden – was zumindest laut Anklage nicht in David Zanols Sinn gewesen wäre – oder er selbst hätte auch tödliche Verletzungen riskiert. „Nicht einmal Wilhelm Tell hätte so genau treffen können“, zeigte sich Fava überzeugt. David Zanols Beinverletzung sei nicht dadurch entstanden, dass er sich rechtzeitig abgestützt habe, sondern weil der Motorblock beim Aufprall ins Wageninnere gedrückt worden sei. Zanols Verletzung an der linken Schulter beweise, dass er seiner Mutter im Gespräch zugewandt und somit abgelenkt gewesen sei. Ablenkung sei laut einer Istat-Statistik eine der häufigsten Unfallursachen. Beide Verteidiger beantragten, das Urteil aus erster Instanz auf fahrlässige Tötung zu bestätigen und Zanol die allgemein mildernden Umstände anzuerkennen, was eine Senkung des Strafmaßes zur Folge hätte. Das Urteil wird für heute erwartet.rc