„Ich sah gerade fern – zusammen mit meinem Sohn – , als ich plötzlich Hilfeschreie hörte. Wegen der Hitze hatten wir alle Fenster geöffnet. Nach einer kurzen Pause ertönte erneut ein 'Hilfe, Hilfe', diesmal näher und verzweifelter. Mich packte die Angst, ich stand auf und ging zum Fenster“ so die 59-Jährige Frau, die im zweiten Stock eines Mehrfamilienhauses in der Via Castegnate lebt, zum „Corriere della Sera“. „Als ich aus dem Fenster blickte, sah ich eine Frau umhertaumeln. Sie kam von der Piazza VII Martiri und ich dachte zunächst, sie sei betrunken.“<h3> Die letzten Momente im Leben von Sharon Verzeni</h3>Was die Zeugin in dem Moment noch nicht ahnte: Sie beobachtete keine betrunkene Frau, sondern die letzten Minuten im Leben von Sharon Verzeni, die wenige Augenblicke zuvor von einem bis dato immer noch unbekannten Täter mit Messerstichen niedergestreckt worden war.<BR /><BR />„Sie taumelte von der einen auf die andere Straßenseite. Sie versuchte, sich mit der rechten Hand am Zaun des Hauses Nr. 32, das meinem gegenüber liegt, festzuhalten. Wenn ich darüber nachdenke, hat Sharon vielleicht versucht, an der Tür zu klingeln, um Hilfe zu holen. Kurz darauf ließ sie los und fiel rückwärts. Sie versuchte, sich wieder hochzuziehen, aber es gelang ihr nicht. Als sie sich auf die rechte Seite drehte, sah ich das Blut auf ihrem Rücken.“<BR /><BR />Diese wichtigen Beobachtungen der Zeugin ließen hoffen, dass sie auch den möglichen Täter gesehen haben könnte. Doch leider: „Ich habe weder jemanden auf einem Fahrrad davonfahren sehen noch jemanden, der zu Fuß weggelaufen ist. In Richtung des Platzes wurde meine Sicht durch gefällte Bäume im Hof versperrt. Vielleicht hätte ich jemanden sehen können, wenn er in die entgegengesetzte Richtung geflüchtet wäre.“<h3> Die Krise mit ihrem Lebensgefährten Sergio Ruocco</h3>In der Zwischenzeit haben die Ermittler mehr als hundert Befragungen von Familienmitgliedern, Arbeitskollegen und Nachbarn durchgeführt. Einige dieser Personen berichteten, dass die Beziehung zwischen Sharon Verzeni und ihrem Lebensgefährten Sergio Ruocco in letzter Zeit nicht mehr ganz so harmonisch war.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1065858_image" /></div> <BR /><BR /><BR />Ruocco, gegen den derzeit keine Ermittlungen laufen, wurde mehrfach von den Carabinieri vernommen und begleitete sie auch bei den Durchsuchungen in der gemeinsamen Wohnung.<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="1065861_image" /></div> <BR /><BR />Als Sharon ermordet wurde, war Ruocco nach seinen eigenen Aussagen zu Hause und schlief. Da er von der Arbeit müde war, begleitete er Sharon an jenem Abend nicht auf ihren Spaziergang, wie er es normalerweise tat. Es gibt zwar keinen Beweis dafür, dass er das Haus verlassen hat, aber ebenso wenig dafür, dass er die ganze Zeit zu Hause war. Das ist, laut einer Rekonstruktion von „La Repubblica“, der Grund für seine schwierige Lage. Zusätzlich haben einige Zeugen, die das Paar kannten, von „einer Störung in der Beziehung, einem schwierigen Moment, etwas, das das Gleichgewicht gestört hat“, berichtet.