„Mein jüngerer Sohn, Matthias, hatte vor rund eineinhalb Jahren im Alter von 7 eine Bauchgrippe, die mich anfangs nicht übermäßig besorgte“, erzählt die zweifache Mutter aus Meran. <BR /><BR />„Als das Fieber auf 42 Grad anstieg, war ich zwar immer noch nicht ängstlich, aber sehr verwundert – ehrlich gesagt, wusste ich nicht mal, dass es so hohe Werte auf dem Fieberthermometer gibt.“ <BR /><BR />Claudia Butti rief ihre damalige Kinderärztin an, es wurden ihr fiebersenkende Mittel empfohlen. Matthias ging es daraufhin etwas besser und für die junge Familie kehrte der Alltag wieder ein: Matthias ging in die erste Klasse der Grundschule und freute sich darauf, wieder seine Klassenfreunde zu treffen. Doch Matthias war nicht mehr das Kind, das er vorher war: Er hatte wenig Appetit, ständige Bauch- und Kopfschmerzen sowie Durchfälle – und die Schatten unter seinen großen Augen wurden immer ausgeprägter. Anfangs schob die Familie dies auf die Genesungsphase – doch die Situation verschlechterte sich zusehends. <BR /><BR />Irgendwann kam Mama Claudia an einen Punkt, Matthias eingehender untersuchen zu lassen – und wandte sich an die Pädiatrie im Krankenhaus Schlanders, wo sie einen Termin bei Kinderärztin Dr. Stefanie Plössel erhielt. Diese veranlasste sofort spezifische Blutanalysen und nach einem Ultraschall, der vergrößerte Lymphknoten im Darmbereich zeigte, eine Abklärung in der Abteilung für Gastroenterologie im Krankenhaus Bozen, da eine chronische Darmerkrankung vermutet wurde. <BR /><BR />Endlich dann die Diagnose: Matthias leidet unter Zöliakie, einer Unverträglichkeit auf Gluten. „Wahrscheinlich wurde diese ausgelöst durch die Bauchgrippe, aber sogar die Ärzte sagen, demjenigen würde der Nobelpreis winken, der wüsste, was diese Erkrankung auslöst“, so Claudia Butti.<h3>Bis zu 2 Prozent der Kinder leiden unter Zöliakie</h3>Für die Eltern waren die Diagnose und die nachfolgende Zeit zwar schwierig, aber gleichzeitig eine Erleichterung: „Jetzt wussten wir, woran Matthias litt. Und bei Dr. Plössel hatten wir immer das Gefühl, dass wir loslassen konnten – sie vermittelte uns „jetzt kümmere ich mich darum“, dankt Claudia Butti der Kinderärztin. <BR /><BR />Dr. Plössel erklärt, dass rund ein bis 2 Prozent aller Kinder von Glutenunverträglichkeit betroffen sind, Tendenz steigend: „Die Erkrankung wird oft auch als Chamäleon bezeichnet, weil sie verschiedene Organe betreffen kann. Zöliakie zählt heute noch zu den 10 am häufigsten übersehenen Erkrankungen.“<BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="923704_image" /></div> <BR /><BR />Und wie hat Matthias die Diagnose aufgenommen, immerhin ist es für ein Kind in diesem Alter nicht einfach, plötzlich auf Dinge wie Pizza oder Kuchen zu verzichten? „Zu Beginn war er noch der Meinung, das ist nur vorübergehend, dann kann ich wieder alles essen. Es hat einige Zeit gebraucht, bis er verstanden hat, dass es sich hier um eine lebenslange Autoimmunerkrankung handelt. Aber jetzt ist er sehr vernünftig und hält die Diätvorschriften penibel ein.“ Anderen Eltern rät Butti, nicht in Panik zu verfallen und möglichst Kontakt zu anderen Betroffenen, die sich in der gleichen Situation befinden, zu suchen.<BR /><BR />Im Familienhaushalt richtet sich jetzt alles gänzlich nach Matthias Glutenunverträglichkeit. Klar, dass zuhause keinerlei glutenhaltige Lebensmittel gelagert werden, denn Mama Claudia wollte Matthias zumindest einen „sicheren Hafen“ geben, in dem er beliebig etwas aus dem Regal nehmen kann, ohne nachzudenken. Die Oma, bei der Matthias mittags isst, ist zu einer „glutenfreie-Frittaten- und Knödelkönigin“ geworden. Familienausflüge werden penibel danach geplant, wo glutenfreies Essen möglich ist.<h3>Sorge vor kontaminierten Speisen</h3>Hier richtet Butti einen Appell an die Gastronomie: „Leider gibt es wenige Lokale, wo man gut glutenfrei essen kann. Oftmals beschränkt sich das Angebot auf ein Minimum an wenig schmackhaften Speisen. Auch die Kennzeichnung ist nicht immer gegeben. Ich wünsche mir sehr, dass auf diese Betroffenen besser eingegangen wird.“ Leider sind oftmals auch an sich glutenfreie Speisen wie z.B. Pommes kontaminiert, denn sie werden zusammen mit glutenhaltigen Lebensmitteln in derselben Fritteuse gebacken oder wurden für die Knusprigkeit mit Mehl bestäubt. <BR /><BR /><BR /><div class="img-embed"><embed id="923695_image" /></div> <BR /><BR />Ein Highlight ist für Matthias ein Restaurant in Rabland, denn dort kann er wie jeder andere Junge sein geliebtes Wienerschnitzel mit Pommes essen. Auch eine Pizzeria in Untermais ist von der „Associazione Celiachi Italiani“ zertifiziert, was für die gesamte Familie angenehm ist.<BR /><BR />In der Schule folgte nach einer anfänglichen Aufklärung eine entspanntere Zeit: Heute wissen alle über Matthias Erkrankung Bescheid und nehmen Rücksicht. „Pause tauschen ist zwar nicht mehr drin, aber seine Freunde wissen, dass Matthias z.B. nicht jeden Geburtstagskuchen essen darf – und sorgen dann dafür, dass er eine glutenfreie Alternative erhält“, so Claudia. Und Matthias selbst sieht das Positive am Ganzen: „Meine Freunde nehmen mich ernst und passen auf mich auf – deshalb bin ich etwas Besonderes!“<h3> Zöliakie: Lebenslange autoimmune Reaktion</h3>Zöliakie ist keine Allergie gegen Gluten oder Weizen und auch keine Unverträglichkeit, sondern eine lebenslange autoimmune Reaktion gegenüber dem Klebereiweiß Gluten bzw. der Unterfraktion Gliadin. Gluten/Gliadin kommt in den Getreidearten Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste vor, sowie in den alten Weizensorten Einkorn, Emmer und Kamut (Khorasan-Weizen). Werden diese Getreidearten verzehrt, führt dies im Darm zur Bildung von Antikörpern. Fälschlicherweise greift das Immunsystem Gluten an. Dadurch kommt es zu einer permanenten Entzündungsreaktion, in deren Folge die Darmzellen und Darmzotten zunehmend mehr geschädigt werden und sich zurückbilden (Atrophie). <BR /><BR />Die Aufnahme der Nährstoffe über den Darm ins Blut wird dadurch stark beeinträchtigt. So entstehen im Laufe der Erkrankung Nährstoffdefizite, die eine Reihe von Beschwerden auslösen können. Bei einer entsprechenden Ernährung ohne Gluten klingen die Symptome ab. Laut Deutscher Zöliakie Gesellschaft e.V. handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die sich nicht nur auf den Darm beschränkt, sondern die verschiedensten Organsysteme betreffen kann. Daher wird sie auch als Systemerkrankung bezeichnet. Zöliakie tritt nur bei entsprechender genetischer Voraussetzung auf. Infos: www.dzg-online.de/<Rechte_Copyright></Rechte_Copyright>