<BR />Dr. Wolfgang Knüll, Allgemeinmediziner und Experte auf diesem Gebiet, hat sich 45 Jahre lang mit diesen außergewöhnlichen Erlebnissen beschäftigt. In einem Interview mit dem Südwestrundfunk spricht er über die Natur dieser Phänomene, ihre wissenschaftliche Einordnung und die lebensverändernden Folgen für Betroffene.<h3> Was ist eine Nahtoderfahrung?</h3>Dr. Knüll beschreibt Nahtoderfahrungen als Erlebnisse, die Menschen in einer Phase des klinischen Todes machen. Während das Herz stillsteht und das Gehirn nicht mehr durchblutet wird, berichten Patienten nach erfolgreicher Wiederbelebung von außergewöhnlichen Wahrnehmungen.<BR /><BR /> Dazu gehören das Verlassen des eigenen Körpers, eine Reise durch ein helles Licht oder ein Treffen mit verstorbenen Angehörigen. Obwohl das Gehirn in diesen Momenten eigentlich nicht funktionsfähig sein sollte, haben viele Betroffene nach ihrer Rückkehr präzise Erinnerungen an die Geschehnisse um sie herum. Eine Erfahrung jenseits der Sinne.<h3> Zustand der Glückseligkeit und Klarheit</h3> Betroffene berichten von einem Zustand der Glückseligkeit und einer intensiven Klarheit. Viele erleben, dass sie ihren Körper verlassen und sich von oben beobachten können. Sie nehmen ihre Umgebung mit ungewöhnlicher Schärfe wahr – teilweise sogar, obwohl ihre Augen eigentlich geschlossen sind. <BR /><BR />Manche Patienten schildern ein Durchschreiten eines Lichttunnels, andere fühlen sich von einer grenzenlosen Liebe umgeben. In vielen Fällen folgt eine Art „Lebensrückblick“, bei dem Betroffene jede ihrer vergangenen Handlungen in eindrucksvoller Deutlichkeit nacherleben – einschließlich der Emotionen, die sie bei anderen Menschen ausgelöst haben.<h3>Wissenschaftlicher Nachweis oder pure Spekulation?</h3>Die Wissenschaft steht Nahtoderfahrungen gespalten gegenüber. Knüll betont, dass es zwar keine klassischen „Beweise“ gibt, da sich solche Erfahrungen nicht experimentell wiederholen lassen, jedoch zahlreiche gut dokumentierte Fälle existieren. <BR /><BR />Besonders die Untersuchungen des niederländischen Kardiologen Pim van Lommel aus dem Jahr 2001 haben das Thema aus der Esoterik-Ecke herausgeholt. Seine groß angelegte Studie mit Intensivpatienten zeigte, dass Nahtoderfahrungen unabhängig von Religion, kulturellem Hintergrund oder persönlichen Erwartungen auftreten können.<BR /><BR />Ein weiteres Argument gegen die rein physiologische Erklärung ist, dass manche Patienten Dinge berichten, die sie eigentlich nicht wahrgenommen haben können. Sie wissen beispielsweise über Gespräche oder Gegenstände Bescheid, die sich außerhalb ihres Blickfelds befanden. Kritiker argumentieren dennoch, dass Sauerstoffmangel oder Narkosemittel Halluzinationen verursachen könnten. <BR /><BR />Knüll entgegnet darauf, dass Halluzinationen stets subjektiv und individuell sind – Nahtoderfahrungen hingegen oft in erstaunlicher Übereinstimmung geschildert werden und sogar von Außenstehenden bestätigt werden können.<h3> Perspektivenwechsel: IS-Kämpfer durchlebt eigene Taten als Opfer</h3>Im Interview werden mehrere beeindruckende Fälle von Nahtoderfahrungen geschildert. Einer davon ist die Geschichte eines IS-Kämpfers, der nach einer schweren Verletzung als tot galt und für mehrere Tage in einem Leichenschauhaus aufbewahrt wurde. Erst als Ärzte die Autopsie einleiten wollten, zeigte er wieder Lebenszeichen. Später berichtete er, nicht ins Paradies, sondern in eine düstere Dimension geraten zu sein, in der er seine eigenen grausamen Taten noch einmal durchleben musste – allerdings aus der Perspektive seiner Opfer.<h3> Eine Erfahrung, die das Leben verändert</h3>Eine der spannendsten Fragen ist, wie sich das Leben nach einer Nahtoderfahrung verändert. Studien zeigen, dass Menschen, die eine solche Erfahrung gemacht haben, ihre Prioritäten grundlegend überdenken. Dr. Knüll ist durch die vielen Berichte von Patienten und wissenschaftlichen Nachweise davon überzeugt, dass das Bewusstsein nicht an das physische Gehirn gebunden ist. <BR /><BR />Er sieht Nahtoderfahrungen als einen möglichen Blick in eine andere Realität – eine, die unser gegenwärtiges Weltbild radikal infrage stellt.<BR />Materielle Werte verlieren an Bedeutung, während menschliche Beziehungen und Mitgefühl in den Vordergrund rücken. Viele entscheiden sich für soziale Berufe oder eine bewusste, spirituelle Lebensweise. Auffällig ist auch, dass fast alle Betroffenen jegliche Angst vor dem Tod verlieren.